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Der weiße Reiter

Titel: Der weiße Reiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Erkenwald vollkommen ratlos. Dann kam Steapa ihnen zur Hilfe. «Ich lüge nicht!», donnerte
     er.
    Er wusste offenbar nicht weiter, hatte aber die Aufmerksamkeit aller auf sich gelenkt. Der König gab ihm ein Zeichen, dass
     er fortfahren möge, worauf Odda der Jüngere dem großen Kämpfer ein paar Worte ins Ohr flüsterte.
    «Er nennt mich einen Lügner», knurrte Steapa. «Das bin ich nicht, und mein Schwert wird bestätigen, dass ich die Wahrheit
     sage.» Dann schwieg er unvermittelt, und es war wahrscheinlich die längste Rede, die er je gehalten hatte, aber sie tat ihre
     Wirkung. Füße stampften auf den Boden, und Stimmen wurden laut, die Steapa recht gaben. Er war im Unrecht, doch er hatte es
     geschafft, den ganzen Sumpf aus Lügen und falschen Anschuldigungen auf ein Verfahren zu vereinfachen, das durch einen Zweikampf
     entschieden werden konnte, und das gefiel allen. Nur der Erzbischof wirkte unzufrieden, doch Alfred sorgte mit erhobener Hand
     für Ruhe.
    Er sah mich an. «Nun?», fragte er. «Steapa behauptet, sein Schwert könne bestätigen, dass er die Wahrheit sagt. Ist auch dein
     Schwert dazu in der Lage?»
    Ich hätte nein sagen können. Ich hätte darauf bestehen |180| können, dass Iseult zu Wort käme. Dann wäre es an den Ratsherren gewesen, dem König darzulegen, welche Seite glaubhafter sei.
     Aber ich war immer ungestüm, immer stürmisch und konnte der Aufforderung zum Kampf nicht widerstehen. Wenn ich Steapa bezwingen
     würde, wären Leofric und ich von allen Schuldvorwürfen befreit.
    Dass ich auch verlieren konnte, kam mir gar nicht in den Sinn. Ich richtete meinen Blick auf Steapa. «Mein Schwert», sagte
     ich, «spricht die Wahrheit, und es nennt dich einen stinkenden Furz, einen Lügner und Betrüger, der den Tod verdient.»
    «Wieder bis zum Arsch in der Scheiße», sagte Leofric.
    Die Männer johlten. Ein Kampf auf Leben und Tod war ganz nach ihrem Geschmack und viel unterhaltsamer, als Alfreds Psalmen
     singendem Harfenspieler zuzuhören. Der König zögerte, und ich sah, wie Ælswiths Blick von mir zu Steapa wanderte, und sie
     musste Steapa für den größeren Kämpfer gehalten haben, denn sie beugte sich zu ihrem Gemahl, berührte seinen Ellbogen und
     flüsterte ihm etwas ins Ohr.
    Und der König nickte. «Sei’s drum», sagte er. Er klang müde und wirkte niedergeschlagen von all den Lügen und Beleidigungen.
     «Ihr werdet morgen gegeneinander antreten. Schwerter und Schilder, sonst nichts.» Wieder hob er die Hand, um den Tumult zu
     bändigen. «Graf Wulfhere?»
    «Sire?» Wulfhere mühte sich auf die Beine.
    «Ihr werdet den Kampf beaufsichtigen. Möge Gott der Wahrheit zum Sieg verhelfen.» Alfred stand auf, raffte seinen Umhang zusammen
     und ging.
    Und da sah ich Steapa zum allerersten Male lächeln.
     
    |181| «Du bist ein verdammter Narr», herrschte mich Leofric an. Man hatte ihm die Ketten abgenommen und ihm gestattet, den Abend
     mit mir zu verbringen. Haesten war ebenfalls zugegen, so auch Iseult und meine Männer, die aus der Stadt auf die königliche
     Festung gebracht worden waren. Wir mussten in einem stinkenden Kuhstall übernachten, doch den Gestank bemerkte ich nicht.
     Im Palas wurde das Dreikönigsfest gefeiert, während wir unter den Blicken von zwei königlichen Wachen in der Kälte ausharren
     mussten. «Steapa ist gut», warnte mich Leofric.
    «Das bin ich auch.»
    «Er ist besser», sagte Leofric frei heraus. «Er wird dich abschlachten.»
    «Das wird er nicht», widersprach Iseult gelassen.
    «Verdammt, er ist bärenstark», sagte Leofric, und ich glaubte ihm aufs Wort.
    «Schuld an allem ist dieser gottverfluchte Mönch», beklagte ich mich. «Hatte nichts Besseres zu tun, als sich bei Alfred auszuheulen.»
     In Wahrheit war Asser vom König von Dyfed nach Wessex gesandt worden, um den Westsachsen zu versichern, dass Dyfed keinen
     Krieg plante. Asser jedoch hatte die Gelegenheit seiner Gesandtschaft genutzt, dem König die Geschichte der
Eftwyrd
zu erzählen, und von da war es ein kleiner Schritt zu der Vermutung, dass wir zusammen mit Svein die Kirche bei Cynuit überfallen
     hatten. Alfred hatte zwar keine Beweise für unsere Schuld, doch hatte Odda der Jüngere eine Gelegenheit gewittert, mich loszuwerden,
     und deshalb Steapa überredet, eine falsche Aussage zu machen.
    «Steapa wird dich töten», knurrte Leofric und fügte mit Blick auf Iseult hinzu: «Egal, was sie sagt.» Iseult ging nicht auf
     ihn ein. Mit einer Handvoll Stroh

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