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Der weiße Reiter

Titel: Der weiße Reiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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dem welschen Mönch ein freundliches Lächeln.
    «Habt Ihr etwas zu sagen?», fragte mich Erkenwald, als Asser entlassen worden war.
    «Damit warte ich, bis alle Lügen vorgetragen sind.»
    Die Wahrheit war natürlich, dass Asser die Wahrheit gesagt hatte, und zwar vollständig, glaubhaft und überzeugend. Die königlichen
     Berater waren beeindruckt, genauso wie auch von dem zweiten Zeugen, den Erkenwald nun aufrufen ließ.
    Es war Steapa Snotor, der Kämpfer, der sich stets in der Nähe Oddas des Jüngeren aufhielt. Mit breiter Brust und gerade aufgerichtet
     trat er vor das Podest. Er sah mich mit seinem schroffem Gesicht, über das sich die Haut wie Leder spannte, grimmig an, verbeugte
     sich dann vor dem König, legte seine schwere Pranke auf die Bibel und wiederholte die Schwurformel, die ihm von Erkenwald
     vorgesagt wurde. Er schwor, bei der Strafe der ewigen Höllenpein nichts als die reine Wahrheit zu sagen, und dann log er.
     Er log, ohne mit der Wimper zu zucken, mit flacher, ausdrucksloser Stimme. Er erzählte, dass er den Befehl über die Soldaten
     bei Cynuit gehabt habe, die den Kirchenbau bewachten, und wie in der Morgendämmerung zwei Schiffe gelandet seien und wie aus
     den Schiffen die Angreifer geströmt seien, und wie er gegen sie gekämpft und sechs der Angreifer getötet habe, aber dass es
     zu viele waren, viel zu viele, und er zum Rückzug gezwungen war. Dennoch habe er gesehen, wie die Angreifer die Priester hinschlachteten,
     und gehört, wie der heidnische Anführer der Angreifer voller Stolz seinen Namen ausgerufen habe. «Er nannte sich Svein.»
    «Und dieser Svein führte zwei Schiffe?»
    |175| Steapa zog die Stirn in Falten, und es schien, als habe er Schwierigkeiten, bis zwei zu zählen. Dann nickte er. «Er kam mit
     zwei Schiffen.»
    «Befehligte er denn auch beide?»
    «Svein führte das eine und der da…», er zeigte mit dem Finger auf mich, «das andere.»
    Ein Knurren schien sich unter den Zuhörern auszubreiten, und das Geräusch wurde so bedrohlich, dass Alfred mit der Hand auf
     die Armlehne seines Stuhls schlug und schließlich sogar aufstand, um die Ruhe wiederherzustellen. Steapa verzog keine Miene.
     Er stand so fest da wie eine alte Eiche, und obwohl er seine Geschichte viel weniger überzeugend vorgetragen hatte als Bruder
     Asser, war etwas Verhängnisvolles daran. Sie klang so aufrichtig, war so gelassen erzählt worden, so geradlinig. Und dennoch
     war kein Wort davon wahr.
    «Uhtred führte also das zweite Schiff», sagte Erkenwald, «aber hat er sich auch an dem Gemetzel beteiligt?»
    «Beteiligt?», knurrte Steapa. «Er hat es angeführt.» Die Männer in der Halle machten ihrem Ärger erneut Luft.
    Erkenwald wandte sich dem König zu. «Mein Herr und König», sagte er, «dafür muss Uhtred mit dem Tod büßen.»
    «Und sein Hab und Gut muss beschlagnahmt werden», rief Bischof Alewold so erregt, dass ein Speichelregen im nächsten Kohlebecken
     verzischte, «und der Kirche zufallen.»
    Zum Zeichen ihres Einverständnisses stampften die Männer in der Halle mit den Füßen auf den Boden, und Ælswith nickte eifrig.
     Doch der Erzbischof klatschte in die Hände, um sich Ruhe auszubitten. «Er ist noch nicht |176| zu Wort gekommen», erinnerte er Erkenwald und nickte mir zu, «sagt, was Ihr zu sagen habt.»
    «Bitte um Gnade», riet mir Beocca im Flüsterton.
    Wenn man bis zum Arsch in der Scheiße steckt, bleibt einem nur eines übrig: angreifen! Und so gestand ich, bei Cynuit gekämpft
     zu haben, worauf sich allgemeines Entsetzen breitmachte. «Ich war aber nicht im vergangenen Sommer dort», fuhr ich fort, «sondern
     im Frühling, und da tötete ich Ubba Lothbrokson, und in diesem Raum sind Männer, die es gesehen haben! Odda der Jüngere aber
     behauptet, den Dänen getötet zu haben. Er nahm Ubbas Banner, das ich zurückgelassen hatte, brachte es seinem König und gab
     sich als Ubbas Bezwinger aus. Um zu verhindern, dass ich die Wahrheit sagen kann und ihn als Feigling und Lügner überführe,
     versucht er nun, mich durch Lügen umzubringen.» Ich zeigte auf Steapa. «Durch seine Lügen.»
    Steapa spuckte zornig aus. Odda der Jüngere wurde wütend, doch er sagte nichts, was einigen der Anwesenden auffiel. Als Feigling
     und Lügner bezeichnet zu werden kommt einer Einladung zum Kampf gleich, doch Odda rührte sich nicht.
    «Ihr könnt nicht beweisen, was Ihr da behauptet», sagte Erkenwald.
    «Ich kann beweisen, dass Ubba durch meine Hand fiel»,

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