Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition)
die Sprache der Komantschen, um die Karankawa zu verunsichern, und hatte Erfolg.
»Du bist Komantsche?«, fragte einer der beiden.
»Ich bin Diné, habe aber gelebt bei Nemene und wurde von dem großen Häuptling Po’ha-bet’chy Fahles Haar geschenkt, dem dieses Tipi aus Holz gehört. Po’ha-bet’chy ist ein Freund von Fahles Haar! Wenn ihr nicht sofort verschwindet, werden Po’ha-bet’chy und Fahles Haar euch jagen und töten!«
»Woher will der Komantsche wissen, dass wir es waren, wenn wir euch töten?«, fragte der Karankawa, konnte aber eine gewisse Anspannung nicht verbergen.
»Po’ha-bet’chy folgt jeder Spur, und die Dinge, die ihr mitnehmt, werden ihm zeigen, dass ihr es gewesen seid!« Während Nizhoni redete, näherte sie sich dem Mann mit dem Bogen, um einen raschen Messerstich anbringen zu können.
Sie musste die Waffe jedoch nicht verwenden. Die Erwähnung des gefürchteten Komantschen-Häuptlings überzeugte die beiden Karankawa davon, den Rückzug anzutreten. Mit einem bedauernden Blick auf die entgangene Beute verließen sie das Haus, schwangen sich auf ihre Pferde und ritten zusammen mit ihrem Freund so schnell davon, als sähen sie Po’ha-bet’chys Komantschen bereits am Horizont.
Gisela sah ihnen verwundert nach und wandte sich dann Nizhoni zu. »Wie hast du das geschafft?«
»Ich nur gesagt, dass Po’ha-bet’chy von den Nemene ihre Skalps holen, wenn sie uns etwas antun.«
»Und das hat gereicht?«
»Sehen du hier noch Karankawa?«, fragte Nizhoni lächelnd.
»Nein, nur Pepe, der immer noch zitternd in der Ecke hockt«, antwortete Gisela und schloss die junge Indianerin in die Arme.
»Um es ehrlich zu sagen, ich hatte sehr viel Angst!«
»Ich auch«, gab Nizhoni zu und nahm dann Josef aus der Wiege. »Er haben Hunger!«
Gisela fand ebenfalls, dass dies wichtiger war als der Besuch von ein paar Indianern. Trotzdem wünschte sie sich, dass Walther bald zurückkehren würde.
Dritter Teil Die Amerikaner
1.
E s verging eine volle Woche, bis die Neusiedler endlich zum Aufbruch bereit waren. In dieser Zeit versuchte Walther, ihnen beizubringen, worauf sie unterwegs achten mussten. Sein größtes Problem aber blieb, dass weder die Iren noch die Italiener noch die Polen bereit waren, aufeinander zuzugehen. Jede Gruppe hatte ihren eigenen Anführer, und dieser weigerte sich, auf den Rat der anderen zu hören. Auch Walther fiel es schwer, sich gegen diese drei Männer und die Animositäten unter den Siedlern durchzusetzen, und so manches Mal verfluchte er die Aufgabe, die Gamuzana ihm übertragen und die er blauäugig übernommen hatte.
Am achten Morgen schwang Walther sich in den Sattel und setzte sich an die Spitze des Zuges. Ihm folgte einer von Gamuzanas Knechten mit dem Wagen, den er für seine Einkäufe besorgt hatte. Einen guten Teil seines Geldes hatte Walther nun ausgegeben, und er konnte nur hoffen, durch den Handel mit den Komantschen einen Gewinn zu erzielen. Ein zweiter Wagen, den ebenfalls einer von Gamuzanas Leuten lenkte, transportierte die Vorräte, die für die restlichen Siedler von der
Loire
gedacht waren. Dahinter schloss sich das Ochsengespann von Krzesimir Tobolinski an. Um die Reihenfolge im Siedlerzug war erbittert gestritten worden, bis Walther die drei Anführer Lose hatte ziehen lassen. Daher kamen die Polen als Erste und die Sizilianer als Zweite, während die Iren den Zug beschlossen. Deren Laune war entsprechend schlecht, und sie beschwerten sich bereits bei der ersten Rast, dass ihnen der Staub, den die vorausfahrenden Wagen aufwirbelten, stark zusetzen würde.
Walther hörte Father Patrick etwa eine Minute lang zu, dann schüttelte er den Kopf. »Es tut mir leid, Hochwürden, aber ich kann nichts für Sie tun. Die einzige Möglichkeit wäre, dass Ihre Leute weiter zurückbleiben.«
»Aber wir könnten doch in der Reihenfolge abwechseln, so dass jede Gruppe einmal an der Spitze ist«, schlug der Priester vor.
»Das ist nicht möglich! Wenn wir aufbrechen, muss jeder Einzelne seinen Platz kennen. Wenn wir die Reihenfolge jeden Tag ändern, gäbe es zu viel Unordnung.«
»Aber …«, setzte Father Patrick erneut an, verstummte aber, als er Walthers abweisende Miene bemerkte.
»Diese Reise ist kein Spaziergang«, erklärte dieser eindringlich. »Wir müssen Bäche und Flüsse ohne Brücken und Fähren überqueren, sind Sturm und Unwetter ausgesetzt und haben Indianerüberfälle zu befürchten. Es kann gut sein, dass nicht alle, die heute guten
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