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Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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ihm lächelnd die Hand auf die Schulter. »Sie müssen Don Ramón verstehen, Señor Waltero. Der erste Gamuzana ist mit Cortés nach Mexiko gekommen, und seitdem spielte die Familie immer eine bedeutende Rolle in unserem Land. Auf diese Tradition muss man Rücksicht nehmen.«
    Walther hätte Jemelin sagen können, dass er seine Heimat nicht zuletzt deshalb hatte verlassen wollen, um den negativen Auswirkungen solcher Traditionen zu entgehen. Doch sein Nachbar war zu stark mit den Gamuzanas verbunden, um das zu verstehen. Daher führte er ihn nun zu Krzesimir Tobolinski, Father Patrick und Simone Beluzzi, dem Patron der Sizilianer.
    »Darf ich Ihnen unsere neuen Nachbarn vorstellen, Señor Jemelin? Sie sind übers Meer gekommen, um hier in Tejas eine neue Heimat zu finden.«
    »Dafür sollten sie so rasch wie möglich die hier gebräuchliche Sprache lernen!« Jemelin klang scharf, so als würde er es Walther zum Vorwurf machen, dass die neuen Siedler noch kein Spanisch konnten.
    Einen Augenblick lang schoss Walther durch den Kopf, ob nicht Englisch die bessere Wahl wäre, denn Belchers Farm wirkte besser geführt als Jemelins Hacienda, obwohl der deutschstämmige Siedler nur auf seine Söhne und seine Nachbarn zurückgreifen konnte, während Jemelin mehr als ein Dutzend Peones und Vaqueros sein Eigen nannte. Andererseits war fraglich, welchen Weg Tejas nehmen würde, wenn noch mehr Nordamerikaner ins Land drängten. Diese kümmerten sich wenig um Mexikos Traditionen, sondern wollten, wie Belcher es so treffend ausgedrückt hatte, einfach nur ungestört ihren Mais pflanzen.
    Diego Jemelin hielt nun eine feurige Ansprache an die Neusiedler, die von Walther ins Deutsche, Englische und Latein übersetzt werden musste. Im Großen und Ganzen wiederholte er in seiner Rede die Forderung, rasch Spanisch zu lernen, und befahl, den Kontakt mit Nordamerikanern zu meiden und Hernando de Gamuzana als ihrem Oberhaupt zu gehorchen.
    Einige Iren begehrten auf, als sie das hörten. »Sagen Sie dem Mann, dass wir Irland nicht verlassen haben, um uns schon wieder vor einem Feudalherrn verbeugen zu müssen«, rief Ean O’Corra, der junge Bursche, den Paolo verletzt hatte. Seine Wunde war mittlerweile gut verheilt, und er suchte häufig die Nähe der jungen Sizilianerin. Nun aber wirkte er störrisch.
    Walther hob die Hand, um die erregten Gemüter zu beruhigen. »Habt keine Sorge! Das Land, auf dem ihr siedeln werdet, gehört euch, und niemand kann es euch wieder wegnehmen.«
    »Das wollen wir diesem Gamuzana auch geraten haben! Sonst hätten wir genauso gut in die Vereinigten Staaten auswandern können, obwohl deren Bewohner im Grunde nur lumpige protestantische Engländer sind«, erklärte Father Patrick.
    Tobolinski und Beluzzi äußerten sich ähnlich. Als Walther ihre Worte für Jemelin übersetzte, bemerkte er, dass es in diesem kochte.
    Dann aber winkte der Mexikaner mit einer verächtlichen Geste ab. »Ich bin froh, dass ich mit diesen Leuten nichts zu tun habe. Die müssen Sie zur Räson bringen. Sorgen Sie dafür, dass alles nach Don Hernandos Willen geschieht!«
    Erneut stellte Jemelin Hernando de Gamuzana als Oberhaupt hin, dem sie alle zu gehorchen hätten. Nun ärgerte sich auch Walther darüber, und er antwortete mit einer Schroffheit, die ihn selbst überraschte.
    »Ich werde diese Leute zu ihrem Land bringen und ihnen ihren Besitz zuweisen, so, wie es ihnen versprochen worden ist.«
    Jemelin nahm es ihm nicht krumm, sondern lachte nur. »Ich bin froh, dass ich es nicht tun muss. Müssen diese Iren wirklich Englisch reden?«
    »Da keiner von ihnen Spanisch spricht, geht es nicht anders«, erklärte Walther. »Don Hernando hätte den Leuten ein paar mexikanische Peones und Vaqueros mitgeben sollen, damit sie es schneller lernen.«
    Die Kritik an seinem Idol gefiel Jemelin wenig, doch der Verstand sagte ihm, dass Walther recht hatte. Dieser hatte zusammen mit den französischen Siedlern von der
Loire
einheimische Helfer zugeteilt bekommen und sich bereits gute Kenntnisse der spanischen Sprache angeeignet.
    »Ich werde mit Don Hernando sprechen, wenn ich wieder in San Felipe bin!«, versprach er und bat Walther in sein Haus. Der kam der Aufforderung gerne nach, auch wenn er ahnte, dass Rosita ihm wieder ihre extrem scharfen Tortillas auftischen würde. Um die neuen Siedler besser kennenzulernen, lud Jemelin auch deren Anführer zum Essen ein. Beluzzi meisterte das scharfe Chili mit Bravour, während Tobolinski und Father

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