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Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Der weiße Stern: Roman (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Siedlungslandes beauftragt. Da es hier keine Gefängnisse und keinen Richter gibt, hätte ich, wenn der andere gestorben wäre, Paolo erschießen müssen. Das sage ich jetzt noch einmal ganz deutlich: Wenn einer glaubt, er könne hier Gesetz und Ordnung missachten, dann wird er sehr schnell lernen, dass er sich irrt.«
    Als Scharezzani diese Worte Paolo übersetzt hatte, funkelte dieser Walther zornig an. »Mit dem Maul bist du ja ein Held. Aber kannst du dich einem echten Mann stellen?«
    Die Herausforderung war ausgesprochen, und Walther war bewusst, dass er sie annehmen musste, wenn er sich bei diesen Leuten durchsetzen wollte. Er stieg vom Pferd, drückte Tobolinski die Zügel in die Hand und ging auf Paolo zu.
    Der junge Sizilianer starrte auf Walthers Flinte und wich zurück. Doch kaum hatte Walther das Gewehr einem der Iren in die Hand gedrückt und sein Messer gezogen, ging Paolo mit einem Schrei auf ihn los.
    Mit einer geschickten Drehung wich Walther dem Messerstoß aus, stellte Paolo ein Bein und hämmerte ihm den Messerknauf gegen den Hinterkopf. Der Sizilianer taumelte noch ein paar Schritte und stürzte vor die Füße des Burschen, den er zuvor verletzt hatte.
    »Dem haben Eure Lordschaft es aber gegeben«, sagte der Ire, der vor Verblüffung in seinen gewohnten Slang zurückfiel.
    Der Patron der Sizilianer schob die Schaulustigen auseinander und blieb neben dem betäubten Messerhelden stehen. Bevor er jedoch etwas sagen konnte, eilte eine ältere, schwarz gekleidete Frau herbei und beschimpfte beide wütend.
    Zwar versuchte ihr Anführer mehrfach, sie zu unterbrechen, doch gegen die Frau kam er nicht an. Schließlich winkte er missmutig ab und kehrte zu seinem Wagen zurück.
    »Wer ist die Frau?«, fragte Walther Scharezzani, da er zu wenig über die familiären Verbindungen der einzelnen Leute wusste.
    »Die Schwester des Padrone und Mutter des Jünglings. Sie hat beiden gehörig den Kopf gewaschen. Jetzt will sie den verletzten Iren verbinden!« Während Scharezzani dies sagte, packte die Frau ihre Tochter und schleifte sie zu den Iren hin. Ein paar Männer wollten sie aufhalten, doch wurden diese von anderen Sizilianerinnen angefahren und gaben es auf. Bei den Iren war es ähnlich. Als die Freunde des Verletzten Mutter und Tochter verscheuchen wollten, wurden sie von ihren eigenen Frauen beiseitegezogen.
    Walther sah erleichtert zu, wie die Frauen gemeinsam darangingen, die Schulterwunde des jungen Iren zu verbinden. Auch wenn die Männer Sturköpfe waren, so hatten wenigstens die Frauen begriffen, dass sie zusammenhalten mussten, wenn sie in diesem Land ihr Glück finden wollten.

4.
    V on dem Tag an gab es kaum noch Probleme. Walther hatte sich als Anführer durchgesetzt, und die Frauen drängten ihre Männer zur Zusammenarbeit. Es dauerte nicht lange, bis alle begriffen hatten, dass sie die Arbeit gemeinsam besser erledigen konnten, als wenn jede Gruppe für sich blieb. Auch wenn oft Gesten Worte ersetzen mussten, so wurden doch erste Freundschaften geschlossen, und die Mädchen sahen sich die Burschen der anderen Gruppen an, auch wenn das den eigenen jungen Männern wenig gefiel.
    Eine knappe Woche später erreichten sie den Südteil des Gebiets, das Gamuzana besiedeln ließ. Als Diego Jemelin von dem Wagenzug erfuhr, ritt er diesem entgegen und gesellte sich zu Walther.
    »Ihr seid schneller hier, als ich angenommen habe«, sagte er anerkennend.
    »Es hat auch jeder das Seine dazu getan!« Walthers Lob war ehrlich gemeint, denn aus den drei Gruppen seines Zuges war eine Gemeinschaft geworden, wie es sich für Nachbarn gehörte.
    »Wie viele von den Leuten sprechen Spanisch?«, wollte Jemelin wissen.
    »Gar keiner! Da ihnen niemand gesagt hat, dass sie in ihrer neuen Heimat eine andere Sprache lernen müssen, beginnen sie erst damit. Ramón de Gamuzanas Werber waren viel zu nachlässig und haben ihnen viel zu viele Versprechungen gemacht. Daher gab es zu Beginn einigen Ärger. Allerdings hat mir Don Hernando versprochen, sich darum zu kümmern«, erklärte Walther und fügte hinzu, dass der Alcalde von San Felipe de Guzmán nun ihr neuer Empresario wäre.
    »Das ist gut!«, kommentierte Jemelin diese Nachricht. »Ich will ja nichts gegen Don Ramón sagen, aber was Organisation und Verwaltung betrifft, ist Don Hernando besser als er.«
    »Ich bin auf jeden Fall froh darüber, denn ich habe Don Ramón in San Felipe de Guzmán kennengelernt. Er ist mir ein etwas zu stolzer Mann!«
    Jemelin legte

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