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Der weite Himmel: Roman (German Edition)

Der weite Himmel: Roman (German Edition)

Titel: Der weite Himmel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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zu rasen begann.
    Das Gesicht auf der anderen Seite der Scheibe hatte sie noch nie gesehen. Ein ansprechendes Männergesicht, umrahmt von goldbraunem lockigem Haar, das unter einem dunkelbraunen Hut hervorquoll. Als sich die Lippen, die durch einen schmalen Schnurrbart betont wurden, zu einem freundlichen Lächeln verzogen, tastete sie unter dem Sitz verstohlen nach ihrer 38er Ruger.
    »Sind Sie okay?« fragte der Mann, als sie das Fenster einen Spalt herunterkurbelte. »Ich war direkt hinter Ihnen und habe gesehen, wie der Wagen ins Schleudern geraten ist. Haben Sie sich verletzt?«
    »Nein, mir geht es gut. Ich hab’ ihn nur zu spät gesehen. Hätte besser aufpassen sollen.«
    »Ganz schön strammer Bursche.« Jesse wandte den Kopf und sah dem Hirsch nach, der majestätisch am Straßenrand entlangschritt, dann über den Schneewall sprang und verschwand. »Ich wünschte, ich hätte mein Gewehr dabei. Das Geweih hätte sich an der Wand gut gemacht.« Er wandte sich wieder Willa zu und stellte belustigt fest, daß sie ihn mit einer Mischung aus Furcht und Mißtrauen betrachtete. »Ist wirklich alles in Ordnung, Miß Mercy?«
    »Ja.« Ihre Finger schlossen sich um die Ruger. »Kenne ich Sie?«
    »Vermutlich nicht. Aber ich hab’ Sie dann und wann hier in der Gegend gesehen. Ich bin JC, ich arbeite seit ein paar Monaten auf Three Rocks.«
    Willa entspannte sich ein wenig, kurbelte jedoch das Fenster nicht weiter herunter. »Aha, Weltmeister im Pokern.«
    Jesse grinste entwaffnend. »Ich hab’ schon einen gewissen Ruf erworben, wie ich sehe. Es ist mir ein Vergnügen, Ihnen indirekt, soll heißen auf dem Umweg über Ihre Männer, Geld abzuknöpfen. Sie sind immer noch ein bißchen blaß um die Nase.«
    Er fragte sich, wie sich ihre Haut wohl anfühlen mochte. Sie hatte Indianerblut in den Adern, erinnerte er sich, und das sah man ihr auch an. Er hatte noch nie ein Halbblut im Bett gehabt. Was Lily wohl sagen würde, wenn er hinging und ihre Schwester vernaschte?
    »Sie sollten sich noch eine Minute Zeit nehmen, um zu Atem zu kommen. Wenn Sie nicht so reaktionsschnell gewesen wären, dann müßte ich Sie jetzt vermutlich aus einer Schneewehe ausgraben.«
    »Es ist wirklich alles schon wieder in Ordnung.« Was für herrliche Augen der Mann hatte, dachte sie bei sich. Kalt, aber wunderschön. Warum nur verursachten sie ihr dann ein so unbehagliches Ziehen im Magen? »Ich bin auch gerade auf dem Weg nach Three Rocks«, fuhr sie fort, entschlossen, ihre gesellschaftlichen Umgangsformen zu verfeinern. »Wie ich hörte, fühlt sich Mr. McKinnon nicht wohl.«
    »Grippe. Hat ihm ziemlich zu schaffen gemacht, aber jetzt ist er auf dem Weg der Besserung. Aber Sie hatten ja auch auf Mercy so einige Probleme.«
    »Leider.« Instinktiv wich sie ein Stück zurück. »Steigen Sie lieber wieder ins Auto. Es ist viel zu kalt, um lange hier draußen zu stehen.«
    »Der Wind hat ganz schön Biß, das ist richtig. Wie eine heißblütige Frau.« Er zwinkerte ihr zu und trat einen Schritt zurück. »Ich fahre Ihnen nach. Richten Sie dem alten Jim bitte aus, daß ich jederzeit zu einem Spielchen bereit bin.«
    »Mache ich. Danke, daß Sie angehalten haben.«
    »War mir ein Vergnügen.« In sich hineinkichernd, tippte er an seinen Hut. »Ma’am.«
    Als er in seinen Jeep stieg, lachte er laut auf. Das also war Lilys indianische Halbschwester. Jede Wette, daß die einem Mann ganz schön einheizen konnte. Nun, vielleicht würde er das selbst herausfinden. Während der ganzen Fahrt nach Three Rocks summte er vergnügt vor sich hin, und als Willa abbog, um zum Haupthaus zu fahren, hupte er einmal und winkte ihr nach.
    Shelly öffnete ihr mit dem Baby auf dem Arm die Tür. »Will, was für eine Überraschung! Oh, Pastete!« Ihre Augen
wurden groß, und ein gieriger Funke glomm darin auf. »Komm rein und hol dir eine Gabel.«
    »Die ist für deinen Schwiegervater.« Willa hielt die Pastete außerhalb von Shellys Reichweite. »Wie geht es ihm denn?«
    »Besser. Er treibt Sarah zum Wahnsinn. Das ist auch der Grund, warum ich hier bin und nicht zu Hause. Ich gehe ihr ein bißchen zur Hand. Zieh deinen Mantel aus und komm mit in die Küche.« Sie tätschelte dem gurgelnden Baby den Rücken. »Wenn ich ganz ehrlich sein soll, Will, dann muß ich zugeben, daß es mir ein bißchen unheimlich ist, allein im Haus zu bleiben. Ich weiß, daß es idiotisch klingt, aber ich habe ständig das Gefühl, als würde mich jemand beobachten. Letzte Woche hab’ ich

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