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Der weite Himmel: Roman (German Edition)

Der weite Himmel: Roman (German Edition)

Titel: Der weite Himmel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Kopf. »Man sollte nicht auf alles wetten.«
    Schiere Raserei ließ Tess ihre Selbstverteidigungskurse und zwei Jahre intensiven Karatetrainings vergessen. Sie kämpfte wie eine Anfängerin. Jedesmal, wenn Willa einen Treffer landete, legte sich ein roter Schleier vor ihre Augen. Hier gab es keine Regeln, keine Schutzpolster und keinen Ringrichter.
    Ihr Gesicht wurde in den pappigen, schlammigen Schnee gedrückt, und sie spuckte fluchend den Matsch wieder aus.
    Vor Willas Augen explodierte ein buntes Sternenmeer, als Tess ihr Haar zu fassen bekam. Vor Schmerz und nackter Wut traten ihr die Tränen in die Augen, sie wand sich und bäumte sich verzweifelt auf, um sich aus Tess’ Griff zu lösen. Als sie ein reißendes Geräusch hörte, konnte sie nur beten, daß es sich um ihr Hemd handelte und nicht um ihre Haarwurzeln, die sich vielleicht aus der Kopfhaut lösten. Nur ihr Stolz hinderte sie daran, ihre Zähne einzusetzen. Diesen Stolz mußte sie bitter bereuen, als sie kopfüber im Schnee landete. Tess hatte sich an ihre Ausbildung erinnert und beschlossen, diese mit ein paar eigenen Ideen anzureichern. Nun saß sie triumphierend rittlings auf ihrer Schwester.
    »Gib auf«, giftete sie und bemühte sich, nicht den Halt zu verlieren, denn Willa bockte wie ein störrisches Pferd. »Ich bin stärker als du.«
    »Nimm – deinen fetten – Hintern von mir runter!« Willa konzentrierte sich und schaffte es, Tess mit einer heftigen Bewegung nach hinten zu stoßen. Sie robbte zur Seite und versuchte, sich aufzusetzen.
    Während die Männer in respektvollem Schweigen verharrten, rangen die beiden Frauen nach Luft und starrten einander an. Es verschaffte Willa, die sich das Blut vom Kinn wischte, zumindest eine geringe Befriedigung, die elegante, gepflegte Tess mit schmutzverklebtem Haar und geschwollenen, blutenden Lippen im Matsch sitzen zu sehen.
    Nachdem sie wieder zu Atem gekommen war, stellte Tess fest, daß jeder Knochen, jeder Muskel, jede Zelle ihres Körpers höllisch schmerzte. Sie biß die Zähne zusammen und sah Willa fest an. »Ich würde sagen, es steht unentschieden.«
    Obwohl sie erleichtert war, nickte Willa nur zögernd. Dann warf sie den grinsenden Männern einen bitterbösen Blick zu. Als Geldscheine den Besitzer wechselten, fluchte sie verhalten. »Bezahle ich euch nutzlose Tagediebe etwa dafür, in der Gegend herumzustehen und Maulaffen feilzuhalten?«
    »Nein, Ma’am.« Jim, der sich in Sicherheit wähnte, trat einen Schritt vor und machte Anstalten, Willa hilfreich die Hand zu reichen. Das Funkeln in ihren Augen belehrte ihn aber eines Besseren. »Ich denke, der Spaß ist vorbei, Jungs.«
    Auf Hams Zeichen hin gingen die Männer wieder zu ihrer Arbeit zurück. Kaum waren sie außer Sichtweite, erscholl dröhnendes Gelächter.
    »Seid ihr zwei jetzt fertig?« erkundigte sich Ham in schroffem Ton.
    Willa zuckte etwas zusammen, rieb an einem Schmutzfleck auf ihrem Knie herum und nickte.
    »Wunderbar.« Er ließ seine Zigarettenkippe fallen und trat mit dem Absatz die Glut aus. »Wenn ihr euch wieder einmal prügeln wollt, tragt das bitte an einem Ort aus, wo die Männer nicht von der Arbeit abgelenkt werden. Bis dann, Ben«, fügte er hinzu und tippte mit dem Finger an seine Hutkrempe.
    Wohlweislich verkniff sich Ben ein Grinsen, als Ham davonstolzierte. »Ladys«, sagte er in einem Ton, der, wie er hoffte, nüchtern und sachlich klang, »darf ich euch aufhelfen?«
    »Danke, das kann ich auch alleine.« Willa konnte ein schmerzliches Stöhnen nicht unterdrücken, als sie sich hochrappelte. Sie war naß, durchgefroren und schmutzig, ihr Hemd hing in Fetzen an ihr herunter, und ihr linkes Auge schwoll langsam zu.
    Vorsichtig fuhr sie sich mit der Zunge über die Zähne und dankte ihrem Schöpfer, daß sich alle noch an Ort und Stelle befanden.
    »Ich nehme dein Angebot gern an.« Anmutig reichte Tess ihm die Hand und ließ sich von ihm aus dem schmutzigen Schnee ziehen. Bei dem Gedanken an ihr Spiegelbild überlief sie eine Gänsehaut, doch sie brachte es fertig, ein kühles Lächeln zu zeigen. »Danke. Und«, wandte sie sich lächelnd an Willa, »ich denke, die Sache ist nun geklärt. Freitag morgen, und pack ein halbwegs annehmbares Kleid ein.«
    Willa brachte vor Entrüstung keinen Ton heraus. Sie hielt es ohnehin für besser, jetzt nichts mehr zu sagen. Also drehte sie sich auf dem Absatz um und marschierte zum Viehstall. Das Gelächter verstummte augenblicklich.
    »Sie wird mitfahren«, sagte Ben

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