Der weite Himmel: Roman (German Edition)
die sich mir bietet. Aber ich lasse mir die Fußnägel einzig und allein deshalb lackieren, weil es mir gefällt. Wenn Nate darauf abfährt, ist das nur ein zusätzlicher Bonus.«
»Ich komme mir richtig exotisch vor«, warf Lily ein. »So wie … wie hieß die Frau doch gleich, die immer Sarongs trägt? Die aus den alten Schwarzweißfilmen.«
»Dorothy Lamour«, klärte Tess sie auf. »Gehen wir mal zu Adam über, der einen ganz anderen Typ Mann repräsentiert.«
»Tatsächlich?« Da sie auf ihr Lieblingsthema zu sprechen kamen, spitzte Lily sogleich die Ohren. »Inwiefern denn?«
»Ermutige sie nicht auch noch, Lily. Sie spielt sich mal wieder als Expertin auf.«
»Wenn es um Männer geht, brauche ich mich nicht aufzuspielen. Also Adam«, fuhr Tess fort, Willa mit dem Finger drohend, »bodenständig, grundsolide und doch irgendwie geheimnisvoll. Vermutlich der attraktivste Mann, dem ich während meiner kurzen, aber dennoch nicht weniger glanzvollen Karriere als Frau begegnet bin. Er strahlt eine Aura von – mir fällt kein anderes Wort dafür ein – von Anständigkeit aus, und er hat absolut traumhafte Augen.«
»Ach, seine Augen«, sagte Lily mit einem Seufzer, der Willa veranlaßte, ihren Blick gen Himmel zu richten.
»Aber …« Tess unterstrich ihre Worte, indem sie mit dem Finger in der Luft herumfuchtelte, »er ist keineswegs langweilig; eine Eigenschaft, die häufig mit Anständigkeit Hand in Hand geht, denn unter seiner Oberfläche schlummert eine verborgene, beherrschte Art von Leidenschaft. Was dich betrifft, Lily, so könntest du dich von Kopf bis Fuß mit Calypso Coral einpinseln, und er würde dich immer noch anbeten.«
»Er liebt mich«, sagte Lily mit einem weltentrückten Lächeln.
»O ja, das tut er. Er hält dich für die schönste Frau der Welt, und wenn du eines Morgens aufwachen und feststellen müßtest, daß eine böse Hexe ihren Fluch über dich geworfen hat und du ausschaust wie eine Vogelscheuche, dann würde er dich immer noch für die schönste Frau der Welt halten. Er schaut hinter die Fassade, weiß ein hübsches Äußeres zwar zu schätzen, mißt aber den inneren Werten mehr Gewicht bei. Deswegen halte ich dich für die glücklichste Frau der Welt.«
»Gar nicht schlecht ausgedrückt«, kommentierte Willa, »für eine Hollywoodschriftstellerin.«
»Ich bin ja auch noch nicht fertig. Wir müssen das Dreieck komplettieren.« Sehr zufrieden mit sich lehnte sich Tess zurück. »Ben McKinnon.«
»Fang erst gar nicht damit an«, befahl Willa.
»Du bist ganz offensichtlich scharf auf ihn. Wir bleiben ein paar Minuten hier sitzen und lassen den Lack trocknen«, informierte
sie die Kosmetikerinnen und griff nach ihrem Glas Mineralwasser. »Eine Frau, deren Puls bei Ben McKinnons Anblick nicht schneller schlägt, sollte sich fragen, ob sie nicht bereits tot ist.«
»Wie sehr hat sich denn dein Puls beschleunigt?«
Vergnügt nahm Tess die Reaktion zur Kenntnis, dann hob sie lässig eine Schulter. »Meine Interessen liegen anderswo. Wenn dem nicht so wäre … immerhin bin ich mit Sicherheit noch nicht tot.«
»Das könnte man ändern.«
»Nein, steh nicht auf und lauf herum, du verschmierst den Lack.« Tess hielt Willa zurück, indem sie ihr eine Hand auf den Arm legte. »Zurück zu Ben. Seine erotische Ausstrahlung ist fast greifbar. Purer Sex in einer rauhen, maskulinen Verpackung. Wenn man ihn beobachtet, wie er ein Pferd zureitet, drängt sich unweigerlich die Frage auf, ob er wohl eine Frau genauso behandeln würde. Er ist intelligent, loyal und ehrlich, und er sieht in engen Levi’s einfach großartig aus. Als Kenner der Materie muß ich sagen, daß Ben McKinnon den mit Abstand knackigsten Hintern hat, der mir je untergekommen ist. Keine allzu schlechte Abwechslung«, beendete sie ihren Vortrag und nahm einen Schluck Mineralwasser, »vom Alltagstrott.«
»Ich möchte wissen, was dich sein Hinterteil angeht, wo du doch selbst einen Freund hast«, brummte Willa.
»Weil ich auf solche Kleinigkeiten immer achte.« Tess fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Aber eine Frau, die es mit ihm aufnehmen will, müßte natürlich über ganz besondere Eigenschaften verfügen. Sie muß stark, selbstbewußt und unabhängig sein.«
So, dachte Tess, während Willa, ganz offensichtlich eingeschnappt, schweigend neben ihr saß, den Köder hab’ ich ausgeworfen, Ben. Mehr kann ich nicht für dich tun.
Erst als sie wieder auf der Ranch war und ihre Tasche auspackte, fiel
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