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Der weite Himmel: Roman (German Edition)

Der weite Himmel: Roman (German Edition)

Titel: Der weite Himmel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Sechsenders zerbrach beim Aufprall auf den Boden, und dieses Geräusch, das beinahe an einen Schuß erinnerte, spornte sie nur noch mehr an.
    »Zur Hölle mit euch! Und zur Hölle mit ihm! Ich bin keine gottverdammte Trophäe!« Sie kletterte auf das Sofa und zerrte an dem Bighornschaf, das sie aus kleinen, bösartigen Augen anstarrte. »Das ist jetzt mein Büro!« Keuchend wuchtete sie den Kopf beiseite und nahm den nächsten in Angriff. »Und es ist jetzt meine Ranch!«
    Nachdem alles vorbei war, mußte sie zugeben, daß sie wohl kurzzeitig den Verstand verloren hatte, als sie wie ein Berserker die Jagdtrophäen ihres Vaters von der Wand gefegt
hatte. Es war makaber genug, diese körperlosen Köpfe zusammenzutragen und auf einen Haufen zu werfen. Sie hatte sich die Nägel abgebrochen, während sie sie von der Wand gelöst hatte.
    Von der Türschwelle aus sah Tess ihr einen Moment lang schweigend zu. Das Bild, das sich ihr bot, hatte sie völlig aus der Fassung gebracht, und als sie hörte, wie ihre Schwester wüste Verwünschungen ausstieß, während sie den riesigen Grizzly aus seiner Ecke zerrte, verschlug es ihr sogar die Sprache.
    Hätte sie es nicht besser gewußt, wäre Tess davon ausgegangen, daß Willa einen Kampf auf Leben und Tod ausfocht, wobei der Vorteil eindeutig auf seiten des Bären lag. Da sie es aber besser wußte, war sie sich jetzt nicht sicher, ob sie lachen oder schreiend das Weite suchen sollte. Sie entschied sich gegen beide Möglichkeiten, strich sich das Haar aus der Stirn und räusperte sich. »Nanu? Ist der Zoo schon eröffnet?«
    Willa wirbelte mit wutverzerrtem Gesicht herum, ihre Augen loderten vor Zorn. »Keine Trophäen mehr«, sagte sie atemlos. »In diesem Haus will ich keine Trophäen mehr sehen.«
    Vernunft schien angesagt zu sein. In der Hoffnung, beruhigend auf ihre Schwester einwirken zu können, lehnte sich Tess lässig gegen den Türrahmen. »Ich kann nicht behaupten, daß mich diese Dekorationsstücke je zu Begeisterungsstürmen hingerissen hätten. Field and Stream entspricht nicht ganz meinem Stil. Aber was hat denn diesen plötzlichen Drang zum Umräumen ausgelöst?«
    »Keine Trophäen mehr«, wiederholte Willa. Der Wutausbruch hatte sich in felsenfeste Überzeugung verwandelt. »Weder diese Dinger da noch wir. Komm, hilf mir, das Zeug hinauszuschaffen!« Sie trat einen Schritt vor und streckte die Hand aus. »Hilf mir, es aus unserem Haus zu schaffen!«
    Als Tess den tieferen Sinn dieser Worte erfaßt hatte, lächelte sie breit und krempelte die Ärmel auf. Ihre Augen glitzerten. »Mit Vergnügen. Sehen wir als erstes zu, daß sich Meister Petz von hier verabschiedet.«
    Mit vereinten Kräften stiegen und zerrten sie den ausgestopften, zähnefletschenden Bären durch die Tür. Sie hatten gerade die Treppe erreicht, als Lily auf sie zugerannt kam.
    »Was um alles in der Welt – eine Minute lang dachte ich …« Sie preßte eine Hand auf ihr wild pochendes Herz. »Ich dachte, ihr würdet im nächsten Moment bei lebendigem Leibe verspeist.«
    »Die letzte Mahlzeit von diesem Burschen hier liegt schon eine Zeit zurück«, japste Willa und packte fester zu.
    »Was macht ihr denn da?«
    »Wir dekorieren um«, kündigte Tess an. »Hilf uns mal mit dem verflixten Vieh. Der muß Tonnen wiegen.«
    »Laß gut sein.« Willa atmete laut aus. »Geh zur Seite«, warnte sie, und als die Treppe frei war, versetzte sie dem Bären einen heftigen Stoß. »Kommt, helft mir, ihn vorwärtszuschieben.«
    »Okay.« Tess tat so, als würde sie sich in die Hände spukken, dann stemmte sie sich mit dem Rücken gegen das Tier. »Schieb, Lily. Wir schicken das Biest gemeinsam die Treppe hinunter.«
    Als es ihnen endlich gelang, den Bären über den Rand der obersten Stufe zu stoßen, fiel er mit donnerndem Gepolter die Treppe hinunter, wobei seine Krallen auf dem Holz ein klapperndes Geräusch verursachten und kleine Staubwölkchen aus seinem Pelz aufstiegen. Der Krach lockte Bess aus der Küche. Mit vor Aufregung hochrotem Gesicht hob sie die 22er Baretta, die sie seit einiger Zeit in ihrer Schürzentasche mit sich herumtrug.
    »Jesus, Maria und Josef!« Atemlos stemmte sie die Hände in die Hüften. »Was treibt ihr Mädchen denn da? Was soll der Bär in der Halle?«
    »Er wollte gerade gehen«, rief Tess und brach in prustendes Gelächter aus.
    »Ich möchte gerne mal wissen, wer das Durcheinander wieder beseitigen soll?« Bess tippte den Bären vorsichtig mit der Fußspitze an. Tot war er

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