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Der weite Himmel: Roman (German Edition)

Der weite Himmel: Roman (German Edition)

Titel: Der weite Himmel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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offengelassen hatte.
    Die schmalen Silberreifen, die an Willas Ohrläppchen baumelten, waren gleichfalls Lilys Beitrag. Tess hatte sich um das Make-up gekümmert, und sie wußte, daß Willa erleichtert zur Kenntnis genommen hatte, daß sie diesmal äußerst sparsam damit umgegangen war. Doch Tess glaubte nicht, daß Willa die Macht von Unschuld am Rande des Sündenfalls richtig einzuschätzen wußte.
    »Du siehst aus wie eine Jungfrau, die sich darauf vorbereitet, geopfert zu werden«, entschied sie schließlich.
    Willa verdrehte die Augen. »O Gott.«
    »Ein großer Vorteil.« Von Frau zu Frau tätschelte Tess Willas Wangen. »Du wirst ihn vernichten.«
    Dann stellten sich bei Tess Schuldgefühle ein. Hatte sie zu stark auf diesen Moment hingearbeitet? Hatte sie Willa zu sehr gedrängt, obwohl diese innerlich noch gar nicht bereit war? Sie vergaß viel zu oft, daß Willa sechs Jahre jünger war als sie. Und noch unberührt.
    »Hör zu …« Tess ertappte sich dabei, wie sie untätig mit den Händen spielte. »Bist du dir über das, was du da tust, vollkommen im klaren? Gut, es ist ein ganz natürlicher Schritt, aber trotzdem ein sehr bedeutender. Wenn du dir deiner Sache nicht absolut sicher bist, können Nate und ich auch hierbleiben. Oder wir können zu viert ausgehen. Wenn …«
    »Du bist ja noch nervöser als ich.« Diese Feststellung kam überraschend, und Willa fühlte sich seltsam gerührt.
    »Unsinn, natürlich nicht. Ich bin nur – ach, verdammt!« Offenbar war nicht nur Lily, die vor einer halben Stunde mit den Tränen kämpfend das Zimmer verlassen hatte, sentimental, dachte Tess, und während sich Willas Augen vor Staunen weiteten, beugte sie sich vor und gab ihrer Schwester einen Kuß auf die Wange.
    Willa stieg das Blut ins Gesicht. »Was sollte denn das bedeuten ?«
    »Ich komme mir vor, als wäre ich deine Mama.« Da Tess versucht war, jeden Augenblick in Tränen auszubrechen, wandte sie sich rasch zur Tür. »Ich habe dir Kondome in die Nachttischschublade gelegt. Vergiß nicht, sie zu benutzen.«
    »Um Himmels willen, er wird mich für eine …«
    »Umsichtige, intelligente und selbstbewußte Frau halten.« Als sie hörte, wie draußen ein Jeep vorfuhr, gab Tess auf, drehte sich noch einmal zu Willa um und drückte sie fest an sich. »Wir sehen uns morgen«, stieß sie hervor und eilte davon.
    Immer noch lächelnd, blieb Willa regungslos stehen. Sie hörte Tess Nate begrüßen. Dann kam Ben dazu. Da ihr wieder etwas flau im Magen wurde, setzte sie sich auf die Bettkante. Die Unterhaltung brach ab, die Tür wurde geöffnet und wieder geschlossen, dann sprang ein Motor an.
    Sie war mit Ben allein.
    Sie konnte jederzeit ihre Meinung ändern, dachte sie. Sie war zu nichts verpflichtet. Am besten, sie wartete ab, wie sich die Dinge entwickelten. Langsam stand sie auf und ging zur Tür.
    Er war im Wohnzimmer und betrachtete die kahle Stelle über dem Kamin. »Ich habe das Bild abgenommen«, erklärte sie, und er drehte sich zu ihr um und sah sie lange an. »Wir haben es abgenommen«, berichtigte sie sich. »Lily, Tess und ich. Und da wir uns noch nicht entschieden haben, wodurch wir das Porträt ersetzen, bleibt die Wand vorerst leer.«
    Sie hat Jack Mercys Porträt abgenommen, dachte Ben. Aus ihrem Tonfall schloß er, daß sie sich der Tragweite dieses Schrittes durchaus bewußt war. »Der Raum wirkt irgendwie verändert. Der Blick wird nicht mehr automatisch zum Kamin gelenkt.«
    »Das lag auch in unserer Absicht.«
    Ben trat einen Schritt auf sie zu, dann blieb er stehen. »Du siehst gut aus, Will. Anders als sonst.«
    »Ich fühle mich auch gut.« Sie lächelte. »Anders als sonst. Und wie geht’s dir?«
    Noch vor einigen Sekunden war ihm leicht und unbeschwert ums Herz gewesen – doch dann hatte er sich umgedreht und sie angesehen, in ihrem nebelfarbenen Kleid mit dem weich fließenden Rock, der sich bei jeder Bewegung öffnete und einen Teil ihrer Beine freigab. Die hochgesteckten Haare entblößten einen schlanken, zarten Hals. Sie wirkte auf einmal zu weich, zu verletzlich, zu – ungewohnt.
    »Alles in Ordnung. Mir scheint, heute muß ich dir mehr bieten als nur einen Kinobesuch, sonst hättest du dich ja umsonst so feingemacht.«
    »Lily und Tess machen sich ein Vergnügen daraus, meinen Kleiderschrank zu durchstöbern und meine Garderobe zu kritisieren. Ich wurde darüber informiert, daß dieses Kleid das einzige annehmbare Stück ist, was ich besitze.« Sie zupfte ihren Rock

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