Der weite Himmel: Roman (German Edition)
Meister Petz hier ausbluten.«
Ben wippte auf dem Absatz hin und her und musterte sie nachdenklich. »Wir könnten diese Sache ganz schnell aus der Welt schaffen. Wir brauchen nur zu heiraten, das ist alles.«
Ihre Hand verstärkte unwillkürlich den Druck um den Messergriff, sie holte tief Atem und zählte innerlich bis zehn. Er wollte sie zur Weißglut treiben, und sie wußte, daß es ihm einen höllischen Spaß machte, wenn sie ihn anschrie und vor Wut mit den Füßen aufstampfte. Aber diesen Triumph würde sie ihm nicht gönnen. Sie neigte den Kopf zur Seite, und ihre Stimme klang kühl, als sie antwortete.
»Die Wahrscheinlichkeit, daß ich dich heirate, ist ungefähr so groß wie die, daß sich dieser Bär wieder auf die Beine stellt und dich in den Hintern beißt.«
Als sie aufstand, tat er es ihr nach. Er griff nach ihrem Handgelenk, ohne auf ihren Protest zu achten. »Ich will dich ebensowenig wie du mich, Willa. Ich dachte nur, wir könnten auf diese Weise allen einen Strich durch die Rechnung machen. Das Leben ist lang«, sagte er in einem etwas milderen Tonfall, »ein Jahr geht schnell vorbei.«
»Manchmal ist schon ein einziger Tag zuviel. Laß mich los, Ben.« Langsam hob sie den Blick. »Ein Mann, der nicht auf eine Frau mit einem Messer in der Hand hört, bekommt, was er verdient.«
Er hätte ihr innerhalb kürzester Zeit das Messer abnehmen können, doch er beschloß, es nicht zu tun. »Du würdest mich am liebsten erdolchen, stimmt’s?« Er wußte, daß er recht hatte, und dieses Wissen erregte und verärgerte ihn zugleich. Allerdings brachte sie es häufig fertig, diese widersprüchlichen Gefühle in ihm auszulösen. »Wann geht es endlich in deinen dicken Schädel, daß ich nichts von dem will,
was dir gehört? Und ich lege genausowenig Wert darauf, für etwas mehr Land oder ein paar Rinder verschachert zu werden, wie du.« Bei diesen Worten wich die Farbe aus ihrem Gesicht, und er nickte. »Wir beide wissen, woran wir sind, Willa. Vielleicht finde ich ja an einer deiner Schwestern Gefallen, aber im Augenblick halten wir die ganze Beziehung besser auf einer geschäftlichen Basis.«
Die Demütigung war nicht zu überhören. »Du mieses Schwein!«
Vorsichtshalber verlagerte er seinen Griff, so daß sie ihr Messer nicht benutzen konnte. »Ich liebe dich auch, Süße. Jetzt lasse ich dieses Vieh ausbluten, und du gehst dich waschen.«
»Ich habe ihn geschossen, also kann ich auch …«
»Eine Frau, die nicht auf einen Mann mit einem Messer in der Hand hört, bekommt, was sie verdient.« Ein lässiges Lächeln trat auf sein Gesicht. »Warum können wir beide uns die Sache denn nicht ein wenig leichter machen, Willa?«
»Es geht nicht.« Alle angestauten Gefühle und all ihr Frust schwangen in diesen drei Worten mit. »Du weißt, daß es nicht möglich ist. Wie würdest du dich denn verhalten, wenn du an meiner Stelle wärst?«
»Das bin ich aber nicht«, erwiderte er. »Geh und wasch dir das Blut ab! Wir haben heute noch ein gutes Stück zu reiten.«
Er ließ sie los und bückte sich zu dem Kadaver nieder. Er wußte, daß sie über ihm stand und um Beherrschung rang. Seine Anspannung ließ erst nach, als sie, seinen Hund im Schlepptau, zum Bach ging. Er atmete vernehmlich aus und blickte auf den gebleckten Fang des Bären nieder.
»Ihr ist ein Tatzenhieb von dir jederzeit lieber als ein freundliches Wort von mir«, brummte er. »Verdammte Weiber!«
Während er seine unangenehme Arbeit beendete, gestand er sich ein, daß er sich etwas vorgemacht hatte. Es stimmte nicht, daß er sie nicht wollte. Im Gegenteil, sein Verlangen nach ihr wuchs in dem Maße, in dem er es zu unterdrücken suchte.
Fast eine geschlagene Stunde verstrich, ehe Willa wieder das Wort ergriff. Inzwischen hatten sie sich beide in dicke Schaffelljacken gehüllt, um sich gegen die Kälte zu schützen, und die Pferde trotteten durch den fast dreißig Zentimeter hohen Schnee. Charlie jagte begeistert vorneweg.
»Du nimmst dir die Hälfte des Fleisches, das ist dein gutes Recht«, erklärte sie.
»Du bist mir nichts schuldig.«
»Genau das ist der springende Punkt, nicht wahr? Keiner von uns beiden möchte dem anderen zu irgend etwas verpflichtet sein.«
Er verstand sie nur zu gut, wahrscheinlich besser, als ihr lieb war. »Manchmal muß man eben den Bissen schlucken, den man nicht ausspucken kann.«
»Und manchmal erstickt man daran.« Eine der Wunden in ihrem Herzen brach wieder auf. »Er hat Adam so gut wie
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