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Der weite Himmel: Roman (German Edition)

Der weite Himmel: Roman (German Edition)

Titel: Der weite Himmel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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angekommen waren. Der Wind fuhr leise raschelnd durch das hohe Gras, und die Vögel trillerten ihre süßen Lieder, ansonsten herrschte Stille.
    Das Grab ihres Vaters war entweiht worden. Willa fühlte, wie eine Welle von Ekel, gefolgt von abergläubischer Furcht, in ihr aufstieg. Es war stets ein gefährliches Unterfangen, die Toten zu verspotten und die Götter zu schmähen. Sie erschauerte und begann, in der Sprache ihrer Mutter eine Beschwörungsformel zu murmeln, die die aufgebrachten Geister beschwichtigen sollte.
    Eine unmißverständliche Botschaft, dachte sie, froh darüber, daß heilsamer Zorn die Furcht ablöste. Ein verstümmelter Skunk lag auf der Grabstätte, sein Blut war in die Erde gesickert und hatte rostbraune Flecken auf dem zartgrünen jungen Gras hinterlassen. Der Kopf war abgetrennt und sorgfältig genau vor dem Grabstein plaziert worden.
    Auch der Stein war mit Blut besudelt worden, das sich
nun in der Sonne langsam bräunlich verfärbte. Zudem hatte der Täter einige Worte über die in den Granit eingemeißelte Inschrift geschmiert:
    Tot, doch nicht vergessen.
    Willa schrak zusammen, als Adam ihr eine Hand auf die Schulter legte. »Reite zum Wasser zurück, Willa. Ich schaffe hier Ordnung.«
    Sie fühlte sich so schwach und elend, daß sie am liebsten gehorcht hätte, auf ihr Pferd gestiegen und fortgeritten wäre, nur fort von diesem Ort. Doch der immer noch schwelende Zorn sowie das unbestimmte Gefühl, ihrem Vater etwas schuldig zu sein, hinderten sie daran.
    »Nein, er war mein Vater, mein Fleisch und Blut. Ich werde es tun.« Sie drehte sich um und machte sich an ihrer Satteltasche zu schaffen. »Ich kann und muß es selber tun, Adam.«
    Sie zog eine dünne alte Decke heraus und reagierte einen Teil ihrer Wut ab, indem sie sie in Stücke riß. Dann kramte sie nach ihren Handschuhen und streifte sie über. Ein harter Ausdruck trat in ihre Augen. »Wie auch immer er gewesen sein und was auch immer er getan haben mag, das hat er nicht verdient.«
    Mit einem Stück Decke in der Hand kniete sie neben dem Grab ihres Vaters nieder und machte sich an die grausige Aufgabe, den Kadaver zu entfernen. Obwohl ihr Magen rebellierte, zitterten ihre Hände nicht. Als sie die Arbeit beendet hatte, waren ihre Handschuhe mit geronnenem Blut verklebt. Sie zog sie aus und warf sie auf die Überreste des Skunks, bevor sie die Decke zusammenknotete und beiseite legte.
    »Ich werde das vergraben«, murmelte Adam.
    Willa nickte, erhob sich, griff nach ihrer Feldflasche und weichte ein weiteres Stück der Decke ein, bevor sie sich erneut niederkniete, um den Grabstein zu säubern.
    Sosehr sie sich auch bemühte, es gelang ihr nicht, die Blutflecken zu beseitigen. Sie würde mit etwas Wirksamerem als Wasser und einem behelfsmäßigen Putzlappen wiederkommen
müssen. Dennoch tat sie ihr Bestes, dann rieb sie ihre klammen Hände und betrachtete nachdenklich das Grab.
    »Erst dachte ich, ich würde dich lieben«, murmelte sie. »Dann begann ich dich zu hassen. Aber nichts, was ich je für dich empfunden habe, kam dem nahe, was ich jetzt fühle.« Sie schloß die Augen, da sie der Gestank in der Kehle würgte. »Ich glaube, du bist die Wurzel allen Übels. Alles, was geschehen ist, galt dir und nicht mir. Großer Gott, was hast du nur getan, und wem hast du es angetan?«
    »Hier.« Adam beugte sich zu ihr, um ihr aufzuhelfen. »Trink einen Schluck«, forderte er sie auf und hielt ihr seine Flasche hin.
    Dankbar nahm sie einen tiefen Zug, um den ekelhaften Geschmack im Mund loszuwerden. Plötzlich wurde ihr bewußt, daß auf dem Grab ihrer Mutter Blumen blühten, während das ihres Vaters von großen Blutlachen verunziert war.
    »Wer kann ihn denn nur dermaßen gehaßt haben, Adam? Und warum? Wen hat er noch mehr verletzt als mich oder dich? Mehr als Lily und Tess? Wen hat er mehr verletzt als die Kinder, die er verstoßen hat?«
    »Ich weiß es nicht.« Adam sorgte sich im Augenblick einzig und allein um Willa. Behutsam führte er sie zu ihrem Pferd. »Du hast getan, was du tun konntest. Laß uns nach Hause reiten.«
    »Ja.« Sie fühlte sich schwach und kraftlos. »Wir reiten nach Hause.«
     
    Der vierte Juli versprach neben der Aussicht auf ein prächtiges Feuerwerk auch Reit- und Geschicklichkeitswettbewerbe, unter anderem im Umgang mit dem Lasso oder dem Gewehr, Rodeoreiten mit Mustangs und Bullen und vieles andere mehr. Seit über einem Jahrzehnt richteten Three Rocks und Mercy die Veranstaltung im Wechsel aus,

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