Der weite Himmel: Roman (German Edition)
stellen, und wir sammeln für einen Grabstein.« Er lief rot an, als Willa ihn anstarrte. »Na ja, eigentlich war es Hams Idee, aber wir haben alle zugestimmt. Bist du auch einverstanden?«
»Wenn ihr euch einig seid, dann wollen wir es auch so halten.« Sie wandte den Kopf ab und blickte aus dem Fenster. »Laß uns umkehren, Jim. Für den Augenblick habe ich genug gesehen.«
Als Willa bei der Ranch ankam, bemerkte sie schon von weitem die Jeeps von Nate und Ben vor der Tür. Sie hielt absichtlich vor Adams kleinem weißen Häuschen an, um sich zu sammeln, ehe sie ihnen gegenübertrat. Noch immer war sie etwas wackelig auf den Beinen, und sie verspürte die ersten Anzeichen heftiger Kopfschmerzen, die vermutlich durch das unaufhörliche Brummen des Flugzeuges ausgelöst worden waren. Feurige Sternchen tanzten hinter ihren Augen.
Willa stieg aus und ging durch das Gartentor auf das Haus zu. Dann blieb sie stehen und nahm sich ein paar Minuten Zeit, um Beans zu streicheln, der sich vor Freude, sie zu sehen, auf den Rücken rollte und sie aufforderte, seinen Bauch zu kraulen.
»Na, Dickerchen, liegst du den ganzen Tag nur auf der faulen Haut?« Beans wedelte zustimmend mit dem Schwanz und hechelte zufrieden. »Du siehst bald aus wie eine Wurst auf vier Pfoten.«
Der Klang ihrer Stimme lockte Adams gefleckten Jagdhund Nosey herbei. Mit gespitzten Ohren trottete er auf Willa zu und kuschelte sich unter ihren Arm.
»Du warst wieder ein böser Hund, stimmt’s, Nosey? Meinst du, ich hätte nicht gemerkt, daß du es auf meine Hühner abgesehen hast?«
Der Hund sah sie beschämt an und stolperte bei dem Versuch, ihr Hände und Gesicht abzulecken, über Beans. Als die beiden miteinander zu balgen begannen, richtete Willa sich rasch auf. Sie fühlte sich jetzt ein wenig besser. Dieser kurze Aufenthalt in Adams Vorhof, wo sich die letzten Herbstblumen beharrlich weigerten zu verwelken und die Hunde nichts Besseres zu tun hatten, als den lieben langen Tag miteinander zu spielen, hatte ihre Stimmung verbessert.
»Hast du jetzt lange genug mit diesen nutzlosen Kötern herumgetobt?«
Willa sah über ihre Schulter. An der anderen Seite des Tores stand Ham, eine Zigarette im Mundwinkel. Seine Jacke war bis obenhin zugeknöpft, und er trug dicke Lederhandschuhe, was sie vermuten ließ, daß ihm in seinem Alter die Kälte doch schon stärker in die Knochen fuhr.
»Ich glaub’ schon.«
»Und du steigst auch nicht wieder in diese fliegende Todesfalle ein?«
Willa fuhr sich mit der Zunge über die Zähne, als sie auf ihn zuging. Ham hatte in seinen fünfundsechzig Lebensjahren noch nie ein Flugzeug von innen gesehen, und er war verdammt stolz darauf. »Mir bleibt wohl nichts anderes übrig. Wir müssen einige Herden weitertreiben, Ham. Außerdem ist schon wieder ein Zaun kaputt. Ich möchte, daß die Rinder noch heute von der südlichen Weide weggeholt werden.«
»Ich werde Billy damit beauftragen. Nur dauert es bei ihm doppelt so lange wie bei anderen. Jim kann sich um den Zaun kümmern, Wood hat auf den Feldern alle Hände voll zu tun, und ich muß den Transport der Tiere organisieren.«
»Soll das ein Wink mit dem Zaunpfahl sein? Ich weiß, daß wir zuwenig Leute haben.«
»Darüber wollte ich ohnehin mit dir sprechen.« Ham rauchte genüßlich, während er darauf wartete, daß sie durch das Tor kam. »Wir könnten einen zusätzlichen Mann gut gebrauchen. Zwei wären noch besser. Aber meiner Meinung nach solltest du noch warten, sagen wir, bis zum Frühjahr, ehe du jemanden einstellst.«
Er schnippte den kläglichen Rest seiner Zigarette im hohen Bogen fort. Hinter ihnen sprangen Beans und Nosey jaulend am Zaun hoch und hofften auf weitere Streicheleinheiten. »Pickles war eine Nervensäge. Der Mann hat ja wirklich über alles und jedes gemeckert. Nichts konnte man ihm recht machen. Aber er war ein guter Cowboy und ein halbwegs geschickter Mechaniker.«
»Jim erzählte mir, daß du und die anderen für seinen Grabstein sammeln wollt.«
»Ist nicht mehr als recht und billig. Schließlich hab’ ich mit dem alten Stinkstiefel fast zwanzig Jahre lang zusammengearbeitet.« Ham starrte einen Moment vor sich hin. Er hatte in Willas Gesicht bereits alles gelesen, was er wissen wollte. »Keinem ist damit geholfen, wenn du dich mit Selbstvorwürfen herumquälst.«
»Ich hab’ ihn immerhin da rausgeschickt.«
»Du redest Blödsinn, und das weißt du auch. Du magst ja ein halsstarriges, hitzköpfiges Frauenzimmer sein,
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