Der weite Himmel: Roman (German Edition)
Galopp, bei dem ihr der Wind um die Nase wehen und sie wieder einen klaren Kopf bekommen würde. »Später vielleicht.« Einen Augenblick lang sah sie den drei Reitern sehnsüchtig nach und beneidete sie um ihre unbekümmerte Kameradschaft. »Später vielleicht«, wiederholte sie und stieg in ihren Jeep.
Willa war nicht sonderlich überrascht, sowohl Ben als auch Nate in der Küche vorzufinden, wo sie sich Bess’ Spießbraten schmecken ließen. Um zu verhindern, daß Bess ihr Vorwürfe machte, weil sie nichts aß, holte sie sich vorsorglich einen Teller und zog sich einen Stuhl heran.
»Wird auch langsam Zeit, daß du dich hier sehen läßt.« Enttäuscht darüber, daß es ihr nicht möglich war, Willa zum Essen zu zwingen, fiel Bess ein weiterer Vorwurf ein. »Die Essenszeit ist schon fast vorbei.«
»Aber das Fleisch ist noch warm«, bemerkte Willa spitz und würgte an den ersten Bissen herum. »Da du offensichtlich damit beschäftigt warst, Hinz und Kunz zu verköstigen, dürftest du mich kaum vermißt haben.«
»Du hast schlechtere Manieren als ein Feldarbeiter.« Bess stellte demonstrativ einen Becher mit Kaffee vor Willa hin und schniefte mißbilligend. »Ich hab’ zuviel zu tun, als daß ich hier stehen und dir Benehmen beibringen könnte.« Sie wischte sich die Hände an einem Geschirrtuch ab und verließ beleidigt die Küche.
»Seit einer halben Stunde hält sie schon nach dir Ausschau.« Nate schob seinen leeren Teller beiseite und griff
nach seiner eigenen Kaffeetasse. »Sie macht sich Sorgen um dich.«
»Dazu besteht überhaupt kein Anlaß.«
»Und sie wird sich weiterhin Sorgen machen, solange du alleine ausreitest oder alleine in die Berge fährst.«
Willa warf Ben einen Blick zu. »Dann wird sie damit fertig werden müssen. Reich mir bitte das Salz.«
Ben nahm den Salzstreuer und stellte ihn unsanft vor sie hin. Nate, der am anderen Ende des Tisches saß, rieb sich den Nacken. »Gut, daß du wieder da bist, Will. Ich hab’ ein paar Papiere mitgebracht.«
»Schön. Ich sehe sie mir später an.« Willa streute sich Salz über den Braten. »Das erklärt jedenfalls deine Anwesenheit hier.« Anzüglich schaute sie zu Ben hinüber.
»Ich hatte mit Adam etwas Geschäftliches zu besprechen, wegen einiger Pferde. Außerdem bin ich in meiner Funktion als Oberaufseher hier – und wegen einer kostenlosen Mahlzeit.«
»Ich habe Ben gebeten, noch zu bleiben«, warf Nate ein, ehe Willa aufbrausen konnte. »Ich habe heute morgen mit der Polizei gesprochen. Pickles’ Leiche wird morgen freigegeben.« Er wartete, bis Willa bestätigend nickte. »Einige Dokumente betreffen Formalitäten hinsichtlich der Bestattung. Dann wäre da noch eine finanzielle Angelegenheit. Pickles verfügte über ein kleines Sparguthaben und ein normales Girokonto. Zusammengerechnet macht das eine Summe von ungefähr dreitausendfünfhundert Dollar aus, und soviel ist er allein schon für seinen Jeep schuldig.«
»Wegen des Geldes mache ich mir die geringsten Sorgen.« Sie hätte auch dann keinen Bissen mehr heruntergebracht, wenn man ihr eine Pistole auf die Brust gesetzt hätte. »Ich wäre dir dankbar, wenn du alles Nötige veranlassen und die Rechnungen an die Ranch schicken würdest.«
»Gut.« Nate holte einige Formulare aus der Aktentasche, die zu seinen Füßen stand, und machte sich Notizen. »Nun zu seinem beweglichen Eigentum. Es gibt weder Familie noch rechtmäßige Erben, und er hat nie ein Testament gemacht.«
»Er hatte ohnehin nicht viel zu vererben.« Willa fühlte
sich sehr elend. »Seine Kleidung, sein Sattel, ein paar Werkzeuge. Das sollen die anderen unter sich aufteilen, wenn das in Ordnung geht.«
»Nichts dagegen einzuwenden. Ich kümmere mich um die juristischen Formalitäten.« Nate berührte kurz ihre Hand. »Wenn dir noch etwas einfällt oder wenn du Fragen hast, dann ruf mich an.«
»Ich bin dir sehr dankbar, Nate.«
»Keine Ursache.« Er streckte sich und stand auf. »Wenn ihr nichts dagegen habt, dann borge ich mir ein Pferd aus und reite Adam nach, um, äh …«
»Da mußt du dir schon etwas Besseres einfallen lassen«, meinte Ben boshaft, »wenn du vertuschen willst, daß du dieser Frau hinterhersteigst.«
Nate grinste nur und nahm seinen Hut vom Haken. »Dankt Bess in meinem Namen für das Essen. Bis später.«
Willa schnitt eine Grimasse, nachdem Nate den Raum verlassen hatte. »Hinter welcher Frau steigt er denn her?«
»Deine große Schwester benutzt ein ausgesprochen
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