Der weite Himmel: Roman (German Edition)
Himmel herunter, damit ich das Land verkaufe und sie darauf ein piekfeines Kurhotel oder eine
Prunkvilla für irgendeinen Hollywoodcowboy bauen können. Keinen Morgen Land kriegen die in ihre gierigen Finger, solange ich es verhindern kann.«
Vorsichtig begann er, ihre Schultern zu massieren. »Ich nehme an, du hast sie zum Teufel gejagt, nicht wahr, Liebling?«
»Einer hat erst letzte Woche angerufen. Meinte, ich solle ihn einfach Arnie nennen. Ich hab’ ihm daraufhin gesagt, daß ich ihm bei lebendigem Leib die Haut abziehe und ihn dann den Kojoten zum Fraß vorwerfe, wenn er auch nur einen Fuß auf meine Ranch setzt.« Ein belustigtes Lächeln zuckte um ihre Mundwinkel. »Ich glaube nicht, daß er jetzt noch vorbeikommen wird.«
»Wohl kaum.«
»Aber da sind noch die beiden anderen, Lily und Tess.« Willa wandte sich ab und blickte wieder über die Berge und das Land. »Bislang haben sie noch keine Vorstellung davon, um welche Summen es hier geht, wieviel diese Schakale für eine Ranch wie diese zahlen würden. Aber Miß Hollywood wird sich das früher oder später schon ausrechnen. Und dann … es sind zwei gegen einen, Ben.«
»Im Testament steht, daß das Land zehn Jahre lang nicht verkauft werden darf.«
»Das ist mir bekannt. Aber die Dinge ändern sich, und wenn genug Geld und genug Macht im Spiel sind, geht das manchmal sehr schnell.« Was bedeuteten schon zehn Jahre, dachte sie. Ihr großer Ehrgeiz bestand darin, die Mercy Ranch langfristig zu einer der führenden Farmen Montanas aufzubauen. »Ich kann sie nicht auszahlen, wenn das Jahr um ist. Glaub mir, ich habe mir nächtelang den Kopf darüber zerbrochen, aber es ist einfach nicht möglich. Das Kapital ist da, es steckt aber größtenteils im Land und im Viehbestand. Wenn das Jahr vorüber ist, haben die beiden zusammen eine Mehrheit von zwei Dritteln.«
»Mach dir doch keine Gedanken um Dinge, die du nicht ändern kannst. Wer weiß, was die Zukunft bringt.« Er strich ihr mit der Hand über das Haar. »Ein bißchen Ablenkung würde dir guttun.«
Er drehte sie wieder zu sich und schüttelte dann den Kopf. »Weich doch nicht sofort zurück. Ich habe seit dem letzten Mal viel nachgedacht.« Vorsichtig berührten seine Lippen ihren Mund. Eine lockende Aufforderung. »Siehst du? Ist das denn so schlimm?«
Ihre Lippen vibrierten; ein Gefühl, das sie beim besten Willen nicht als unangenehm bezeichnen konnte. »Ich möchte nicht, daß das alles wieder von vorne anfängt. Für diese Art von Ablenkung habe ich nun wirklich keine Zeit.«
»Willa.« Er beugte sich zu ihr und liebkoste erneut ihre Lippen. »Das ist meist der Moment, wo du sie am dringendsten brauchst, und ich könnte wetten, daß wir uns beide danach entschieden besser fühlen.«
Ohne den Blick von ihrem Gesicht zu nehmen, zog er sie an sich und preßte seinen Mund auf ihre Lippen. »Bei mir zeigt sich jedenfalls schon die gewünschte Wirkung«, murmelte er, ehe er sie leidenschaftlich küßte.
Eine Flamme heißen Verlangens schoß durch ihren Körper, und im Taumel der Gefühle vergaß sie alle Müdigkeit, alle Sorgen und alle Angst. Es war so einfach, sich an ihn zu klammern und die Welt um sich herum versinken zu lassen. Und es fiel ihr schwer, viel schwerer als erwartet, sich wieder von ihm zu lösen.
»Ich habe auch viel über unsere letzte Begegnung nachgedacht.« Sie hob warnend eine Hand, als er wieder nach ihr greifen wollte. »Doch ich bin noch zu keiner Entscheidung gelangt.«
»Solange du mir als erstem mitteilst, wenn du deine Meinung geändert hast …« Spielerisch wickelte er sich eine ihrer Haarsträhnen um den Finger. »Wir sollten besser nach unten gehen, ehe ich dafür sorge, daß du wirklich etwas zum Nachdenken hast.«
In diesem Moment bemerkte er Reiter, die rasch näher kamen. Eine Hand noch immer auf Willas Schulter gelegt, trat er näher ans Fenster. »Adam und deine Schwestern sind wieder da.«
Willa sah sofort, daß da etwas nicht stimmte. »Irgend etwas muß passiert sein.«
Ben war derselben Meinung, als er sah, wie Adam Lily aus dem Sattel half und sie stützte, als sie zum Haus gingen. »Du hast recht«, meinte er. »Mal sehen, was los ist.«
Sie waren gerade auf der Treppe, als die Eingangstür aufgerissen wurde und Tess als erste hereinkam. Ihr Gesicht war von der Kälte gerötet, ihre Augen weit aufgerissen und ihre Lippen schneeweiß.
»Es war ein Reh«, stammelte sie. »Nur ein Reh. Bambis Mama.« Eine Träne löste sich aus ihrem Auge
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