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Der weite Weg nach Hause

Der weite Weg nach Hause

Titel: Der weite Weg nach Hause Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Tremain
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ein kleiner Raum − wie ein Schiff. Und ich muss ihn wie ein Schiff führen, sonst fliegt alles auseinander. Und du und Sophie − das schafft sehr viele Komplikationen. Verstehst du? Für mich kommt das Geschäft an erster Stelle.«
    Lev schwieg. Die Zigarette, die er endlich zustande gebracht hatte, war schlapp und dünn, lohnte kaum das Anstecken. Trotzdem zündete er sie jetzt mit zitternder Hand an, zog heftig daran, wegen des tröstlichen Nikotins.
    »Ich hatte schon etwas läuten hören«, fuhr GK fort, »ich habe gespürt, dass etwas in der Luft lag. Aber jetzt kenne ich die ganze Geschichte, verstehst du? Alles haarklein, von A bis Z. Sophie musste mir die ganze Sache erzählen, auch das mitPreece. Und euch beide hier in der Küche zu haben und weiter diese Komplikationen, das wäre geschäftlich die Katastrophe. Das wäre das Verheerendste, was ich mir vorstellen kann. Also tut es mir leid, Lev. Ich weiß, das ist hart für dich. Ich habe keine Wahl.«
    Lev blickte hoch. Ermutigt durch irgendetwas im Gesicht des Mannes, fast eine Art Bedauern, sagte Lev leise: »Chef, dies war die beste Arbeit in meinem Leben. Wirklich, ich bin glücklich in dieser Küche. Glücklich, wie ich nicht sagen kann. Besonders jetzt, wo ich Gemüsevorbereitung mache. Immer versuche ich, den Bestellungen voraus zu sein, alles für die Köche bereitzuhalten ...«
    »Ich weiß«, sagte GK. »Und es bekümmert mich wirklich sehr, einen guten Mann zu verlieren, falls dich das irgendwie tröstet. Aber was soll ich machen? Ich kann in meiner Küche keinen emotionalen Kram dulden. Ich führe hier keinen Kummerkasten. Du musst das verstehen, Lev, und es einfach akzeptieren und etwas anderes machen.«
    Etwas anderes machen .
    Lev schaute an der Bar vorbei in die Küche, wo Waldo gerade Teig ausrollte. Hinter Waldo konnte er seinen alten Arbeitsplatz sehen, die zwei Komma fünf Meter Abtropffläche aus Stahl. Ein Gefühl beschützender Liebe, so heftig, wie er sie noch nie für irgendeinen Ort empfunden hatte, drohte ihn beinahe zu ersticken. Hätten all die Schränke und Wärmeplatten, die Gasbrenner und Salamander, die Backöfen und Kühlschränke, die Tellerständer und Waschbecken, die Spülmaschinen und Stahlhaken und Geschirrhandtücher ihm gehört, die Trennung von ihnen hätte ihn nicht unglücklicher machen können. Zu seiner eigenen Beschämung kamen ihm die Tränen.
    »Hör zu«, sagte GK, »ich werde großzügig sein. Ich bin nicht gerade bekannt für meine Großzügigkeit, aber ich finde, du hast sie verdient. Ich habe ein Päckchen für dich zusammengepackt.«
    »Oh, bitte, Chef, geben Sie mir nur noch eine Chance.«
    »Es ist vorbei , Lev. Tut mir leid, aber so ist es. Die Entscheidung ist gefallen. Jetzt hör gut zu, verstanden? Ich gebe dir einen Wochenlohn und einen Bonus von hundert Pfund. Macht zusammen 380. Ich finde, das ist ziemlich generös. Und ich habe dir eine Empfehlung geschrieben. Hier.«
    GK zog ein Blatt Papier aus seiner Tasche und reichte es Lev. Lev starrte darauf und konnte, blind vor Tränen, nicht lesen, was darauf stand. Er erkannte die Unterschrift von GK Ashe unten auf der Seite und ahnte mit dem Rest seines Verstands, dass ihm etwas Wertvolles geschenkt worden war. Aber in diesem Augenblick gab es nur die Verzweiflung.
    Lev versuchte, seinen Kummer zu unterdrücken, und sagte, so ruhig er konnte: »Chef, bitte , wenn Sie nur Ihre Meinung ändern und mir eine einzige Chance geben könnten, ich verspreche ... ich schwöre bei meinem Leben, ich will nicht anders sein, als ich war. Ich will meine Arbeit machen, so gut, wie ich sie machen kann. Wenn Sie wollen, werde ich nicht mit Sophie sprechen. Wir können wie Fremde sein. Wenn Sie mich nur arbeiten lassen ...«
    GK schüttelte den Kopf. Fuhr sich mit der Hand durch sein wildes Haar. »Ist nicht möglich, Lev«, sagte er. »Entweder du oder Sophie. Und ich lasse mich nicht dazu zwingen, Sophie wegzuschicken. Sie ist zu gut eingearbeitet.«
    Lev machte ein hilfloses Gesicht. Ein Streifen graue Asche fiel von seiner dünnen Zigarette auf das weiße Tischtuch. Ihm war eiskalt, als hätte man ihn ins Meer geworfen.
    GK wartete. Lev wischte sich die Augen. Aus der Tasche seiner cremefarbenen Khakihose zog GK einen dicken Umschlag und reichte ihn Lev. »Hier ist das Geld«, sagte er. »Du kennst die Verdienstspannen in diesem Gewerbe, weshalb du mir sicher zustimmen wirst, dass das mehr als reell ist.«
    Dann erhob er sich. Er streckte Lev seine Hand hin,

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