Der Weltensammler: Roman (German Edition)
wenig, bleibe noch bitte. Sie lehnte sich zurück. Er zündete eine Lampe an und stellte sie ab, unter ihren mißtrauischen Blicken. Er zog den Sari weg, der ihren Körper bedeckte, er wollte sie anschauen, ihre Haut von der Farbe dunklen Rauches. Er wollte alles von ihr sehen, sie aber bedeckte sofort ihre Scham mit einer Hand, und mit der anderen versuchte sie vergeblich, ihre Brüste zu verbergen. Schließlich, seiner Neugierde hilflos ausgeliefert, richtete sie sich auf und bedeckte seine Augen mit beiden Händen. Er wehrte sich, sowenig er konnte, er spreizte seine Zehen, und sie begann zu lachen, wie Wasser, das zu kochen beginnt. Er umarmte sie, immer noch blind, er umarmte ihr Lachen. Das läßt sich gut an, dachte er. Wenn er nur wüßte, ob es ihr gefiel, mit ihm.
Es fiel ihm nicht leicht, sie zu fragen, es brauchte einige Tage, bis er genügend Courage aufbrachte. Es soll dir gefallen, mein Herr, sagte sie besorgt. Es hat mir gefallen. Dann bin ich auch glücklich. Es war nicht der Tonfall, in dem sie das sagte, und auch nicht ihr Gesichtsausdruck, es war etwas anderes, das sein Mißtrauen erregte. Die Worte schienen ihm vorbedacht. Er mußte Naukaram fragen. Nicht direkt, natürlich nicht. Was würde der für ein Gesicht machen, wenn er ihn zu sich rufen würde, während er sein Bad nahm, zum Beispiel: Finde heraus, ob ich Kundalini befriedige. Schade fast, daß er sich diesen Spaß nicht gönnen konnte. Statt dessentastete er sich, von Andeutung zu Andeutung, an eine verschlüsselte Sprache heran. Naukaram war trotz aller Vorsicht entsetzt. Gelegentlich reagierte er unverhältnismäßig. Er zierte sich, wie eine Gouvernante. Du bist ein prüder Zuhälter, hätte ihm Burton fast an den Kopf geworfen. Saheb, Sie sind mit ihr unzufrieden? Nein, nicht im geringsten. Ich möchte nur, daß Kundalini und ich uns noch besser verstehen. Geht sie auf Ihre Wünsche nicht ein, Saheb? Ich möchte mehr über ihre Wünsche erfahren, darum geht es. Es ist nicht üblich, daß sie Wünsche hat. Ich verstehe, du kannst mir nicht behilflich sein. Doch, Saheb, ich kann Ihnen immer behilflich sein, immer.
Am nächsten Abend äußerte Kundalini mit zaghafter Mißbilligung, er rasiere sich dort, wo alle Frauen hinsehen, und nicht dort, wohin nur sie ihren Blick richte. Zugegeben, das war ein Widerspruch. Vielleicht hatte der Hajaum ihn deshalb im Halbschlaf rasieren wollen. Nun mußte er es selber machen. Eines anderen Tages, er lag ausgelaugt auf dem Rücken, sie auf der Schulter neben ihm, redete sie leichtzüngig, scherzhaft, von ihrer Großmutter, die Männer in verschiedene Gruppen eingeteilt habe, so als seien sie Tiere. Zu welchen gehörte er? Zu den Hasen, sagte sie. Es klang nicht schmeichelhaft. Wie lauten die anderen Kategorien? Es gibt noch Bullen und Hengste. Die sind wahrscheinlich besser? fragte er. Nein, nicht der Hase ist von Nachteil, nur der schnelle Hase. Gibt es auch langsame? Sie schüttelte den Kopf, bejahend. Langsame, und halbschnelle. Auch bei den Bullen und Hengsten? Ja. Die Geschwindigkeit, was bedeutet sie? Warte, ich kann es mir denken, es geht um die Verlängerung des Genusses? Ja, es geht darum, auf die Frau zu warten, auf ihren Höhepunkt. Die Frau hat einen Höhepunkt? Burton hatte zu rasch gesprochen, und er bereute es sogleich. Sie sah ihn bestürzt an. Und du, fragte er zaghaft, hast du ihn erlebt, bei uns beiden? Sie nickte, verneinend. Weil ich ein schneller Hase bin? Ja, es dauert bei mir. Wie lange? Das hängt davon ab, ob dir die Zeit auf der Zunge liegt. Hast du noch nie von Ishqmak gehört, von der Kunst, den Höhepunkt zu verzögern? Nein, bestimmt nicht. Ich kenne andere vornehme Künste, die Kunst der Fuchsjagd, die Kunst des Fechtens, die Kunst, kleine Kugeln über grünen Filzzu stoßen, aber die Kunst, den Höhepunkt zu verzögern, nein, die kenne ich nicht. Sie wird bei uns nicht praktiziert, bei uns jagt ein Höhepunkt den anderen. Sie lächelte nicht einmal. Ich werde sie dir beibringen, sagte sie, ernsthaft, ohne auf sein Schmunzeln zu achten. Wenn du es möchtest. Und er antwortete, mit einem Ernst, zu dem er sich zwingen mußte: Ja, ich will deinen Höhepunkt miterleben. Ich will seine Ursache sein. Er legte seine Hand auf ihre Schulter und betrachtete den Kontrast. Wieso bist du so dunkelhäutig? Sie drehte sich zu ihm um und blickte ihn streng an, als habe er eine ungebührende Frage gestellt. Sie beugte sich zu ihm, bis er sie vor lauter Nähe fast nicht mehr sehen
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