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Der Weltensammler: Roman (German Edition)

Der Weltensammler: Roman (German Edition)

Titel: Der Weltensammler: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilija Trojanow
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ihn überallhin zu begleiten, bis zur dunklen Seite des Berges Kaf.
     
     
     
    Es ist eine Frage der Geduld, seiner Zunge Zeit zu geben, sich zu akklimatisieren, sich zu dehnen und zu strecken nach den gaumennahen, den kehlig asthmatischen Lauten. Seinen Oberkörper zu wiegen bei den Hebungen und Senkungen eines flüssigen Rezitierens. Der rechten Hand zu überlassen, was Rechtens und rein ist. Im Sitzen und in drei dankbaren Schlucken zu trinken. Seinen Bart in Verwunderung und Überlegung einzubeziehen. Jede Hoffnung, jeden Gedanken an die Zukunft in ein Inshallah zu kleiden. Sich daran zu gewöhnen, daß er nun, nach reiflicher Überlegung, ein Pathan ist, in Britisch-Indien geboren und aufgewachsen, und daher im Hindustanieher beheimatet als in den Dialekten seiner afghanischen Vorfahren. Er hat sich gewöhnt daran, es ist ihm geläufig geworden, selbstverständlich. Wie weit ist er gekommen seit damals, als er, der junge Student, auf eigene Faust die arabische Schrift zu entschlüsseln versuchte und einem Spanier stolz vorführte, wie fließend er schon schreiben konnte. Doch anstelle von Lob erntete er nur Hohn, der Señor mit einem jener drapierten iberischen Namen belehrte ihn, daß er rechts beginnen müsse. Es gab keinen Arabischunterricht in Oxford, keine Alternative zum Latein, falsch ausgesprochen von den Greisen, die sich nichts sagen ließen.
    Viel schwieriger ist es, den Erwartungen an einen Derwisch zu genügen. Salbungsvolles Gerede ist von geringem Nutzen. Ebenso unangemessen wirkt überlegtes und zurückhaltendes Benehmen. Roh und ungezogen muß er sich geben, der Zivilisation kein Untertan, die kleineren menschlichen Sorgen verachtend, der rationalen Ordnung enthoben. Nähe zu Gott kann nicht mit den Gewichten gemessen werden, die im Basar Verwendung finden. Das Zikr singt er nach dem Morgengebet, bis seine Hingabe aufkocht und seine Rufe sich den schläfrigen Ohren seiner Nachbarn einprägen. Wer seinen Weg kreuzt, dem wirft er einen finsteren Blick voller verschlüsselter Drohungen zu. Er läßt keine Gelegenheit aus, Willige zu hypnotisieren – und wenn sie willenlos sind, fordert er sie zu Handlungen auf, die sie entlarven als lächerliche Kreaturen. Schmerzhaft sind die Lektionen eines Derwisch für Kleingeister und Krämer. Er wartet nicht lange, bevor er die Hypnotisierten zurückholt und sie auffordert, den Versammelten ihr Wohlbefinden zu bestätigen. Die Magie muß in der Heilung ihren Ausgleich finden.
     
     
     
    Erstaunlich, wie schnell er es in Kairo zum begehrten Arzt gebracht hatte. Bald nach seiner Ankunft hatte er sich zu einem der Träger im Hinterhof der Karawanserei gesetzt und in dessen trübes Auge etwas Silbernitrat getröpfelt und ihm zugeflüstert, daß er – Sheikh Abdullah – niemals Geld nehme von jenen, die es sich nicht leisten könnten. Du verstehst, einem Derwisch gebührt fettereBeute. Am nächsten Tag klopfte der Träger an seiner Tür und bedankte sich – dem Auge ginge es viel besser –, und hinter ihm stand ein Freund, der ein anderes Leiden mitbrachte. Sheikh Abdullah verabreichte einige Pillen, der Zustand des Kranken verbesserte sich, ebenso der Ruf des neuen Medikus. Die Tür zu seinem vorderen Zimmer – ins innere Zimmer ließ er niemanden hinein – wurde belagert von Armseligen, die den Arzt auch nach ihrer Heilung aufsuchten, um ihm nun die Mittel abzuverlangen, jenes Leben zu erhalten, das er bewahrt hatte. Worüber er in Wut geriet, in schreckliche Wut, und die Fordernden sich rasch verabschiedeten, bevor dem Derwisch einfiel, daß er Schaden nicht nur abwenden, sondern auch heraufbeschwören konnte.
    Nachdem das Volk ihn berühmt gemacht hatte, meldeten sich Patienten aus besseren Verhältnissen an, die ersten, die sich aufrafften, selber den Wahrheitsgehalt der Gerüchte zu überprüfen. Er wurde in ein Patrizierhaus gerufen, und fast hätte er einen gravierenden Fauxpas begangen, wäre ihm nicht im Hinterhof Hadji Wali begegnet, der sich wunderte, wohin der Arzt zu Fuß aufbrach. Der Händler beschwor ihn, er schulde es seiner Position, nach einem Diener mit Maulesel zu verlangen, der ihn abzuholen und zu geleiten habe, selbst wenn das Haus des Kranken sich um die Ecke befinden sollte. Einer meiner Leute kann die Botschaft überbringen, bot Hadji Wali an, und rief sogleich einen der Herumlungernden zu sich.
    Auf dem Weg zum Patrizierhaus war es nützlich, so lernte er mit der Zeit, die Diener der Reichen auszuhorchen, die einem strengen

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