Der Wert des Blutes: Kriminalroman (German Edition)
schiefgeht. Lauf zum Boulevard und nimm dir von dort ein Taxi. Und lass das Werkzeug bei mir. Und zieh Handschuhe an. Und …«
»Jamie«, unterbrach er mich, »du machst mich nervös.«
»Gut«, sagte ich und reichte ihm das weiche Lederetui. »Okay. Ich bin ja schon still. Bist du sicher, dass …«
Er hob die Hand, um mich zum Schweigen zu bringen, und nahm das Etui. »Pass auf«, sagte er, »und lerne.« Von fern hörten wir eine Sirene heulen und irgendwo im Dunkeln zerschellteeine Flasche. »Locker bleiben«, flüsterte er. »Es ist vermutlich nur eine Katze.«
Die Fenster waren durch Metallgitter gesichert, die anscheinend von innen verschlossen waren, und nachdem Dave sie überprüft hatte, zuckte er enttäuscht mit den Achseln. Stufen führten zu einer Tür hinunter; er tastete sie ab und klopfte vorsichtig dagegen. »Metall«, flüsterte er.
»Schaffst du das?«, fragte ich.
Es gab drei Schlösser, gleichmäßig verteilt auf der linken Türseite, und er prüfte jedes einzelne. »Ja, schon, aber das dauert«, sagte er. »Schauen wir mal, ob es einen einfacheren Weg gibt.« Wir gingen weiter die Gasse entlang und bogen rechts ab, vorbei an einem Stapel stinkender Kartons und einer Katze, die auf etwas Unappetitlichem herumkaute. Sie miaute, als wir vorbeigingen, eine Warnung, dass wir die Finger weglassen sollten von dem, was sie zwischen den scharfen Zähnen hatte, was immer das sein mochte.
Inzwischen hatten sich unsere Augen an die Dunkelheit gewöhnt. Der Mond schien zwar noch, aber zu beiden Seiten der Gasse verliefen hohe Mauern und das Mondlicht konnte nicht zu uns herunter dringen. Nur Sternenlicht. Es reichte. Die Fenster hier waren ebenfalls verriegelt und vergittert. Am Ende der Gasse war der gelbe Schein der Straßenlaternen zu sehen, und ich blieb zurück, um Dave zuerst hinauszulassen. Er bog nach rechts ab und blieb dann stehen, um die Türen der Doppelgarage dort zu untersuchen, bevor er weiter und zur Hauptstraße zurückging. Ich holte ihn fünfzig Meter vom Gebäude entfernt ein. »Lass uns was trinken gehen«, sagte er. Ich nahm ihm das Werkzeugetui wieder ab und steckte es in meine Jackentasche.
Er wartete, bis wir in einer Bar auf dem Sunset Boulevard saßen, vor uns ein paar Flaschen Bier, bevor er sich verschwörerisch zu mir hinüberbeugte. »Es ist genau wie in alten Tagen, Jamie«, sagte er augenzwinkernd. In seinem dunklen Sweatshirt und den Jeans sah er viel eher aus wie der ehemalige Einbrecher als der hoch bezahlte Programmierer, der er geworden war.
»Gewöhn dich bloß nicht dran, Dave!«, warnte ich. Ich kannte den Adre nalin schub nur zu gut, den man bei Gesetzesüber tretungen bekommt; das hatte ich oft in den Ver nehmungszimmern von Polizeiwachen überall in Los Angeles beobachtet. Ich wollte nicht, dass Dave rückfällig wurde, und nicht zum ersten Mal bereute ich, ihn mitgenommen zu haben. Ich hatte kein Recht, sein neues Leben zu gefährden, selbst wenn ich ihm dazu verholfen hatte. Es kam mir vor, als spielte ich Gott, und weil er so darauf abfuhr und es als Abenteuer betrachtete, fühlte ich mich noch schlechter.
Er prostete mir zu und trank, dann wischte er sich den Mund mit dem Handrücken ab, wobei er merkte, dass er immer noch die schwarzen Lederhandschuhe trug. Er streifte sie ab und steckte sie in seine Gesäßtasche.
»Die Fenster sind zu schwierig«, sagte er. »Wir müssen uns einen Weg hinein schneiden. Das ist an und für sich kein Problem, ein guter Bolzenschneider schafft das – aber wir haben keinen guten Bolzenschneider. Und es könnte auch eine Alarmanlage geben, obwohl ich nichts sehen konnte. Die Tür wäre einfacher, aber wie gesagt, wenn du die Schlösser geknackt haben willst, dauert das. In einer idealen Welt würde ich sie herausbohren, aber das würde Krach machen, selbst mit einem schallgedämpften Bohrer. Außerdem …«
»… haben wir keinen Bohrer«, ergänzte ich den Satz für ihn. »Oder einen Schalldämpfer.«
»Stimmt auffallend«, lachte er. »Okay, du hast also die Garagen tür gesehen – ist das so ein Schwingtor?«
Ich nickte.
»Das habe ich in zwei Minuten auf. Es läuft zwar über eine Fernbedienung, aber es gibt auch ein Schloss, und das kriege ich mühelos auf. Der Haken an der Sache ist, dass es ziemlich auffällt. Straßenlaternen, vorüberfahrende Autos.«
»Dave, ich möchte nicht, dass du ein Risiko eingehst, okay? Das ist es einfach nicht wert.«
Er legte mir eine Hand auf die Schulter. »Wenn es nicht
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