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Der Wettlauf zum Suedpol

Der Wettlauf zum Suedpol

Titel: Der Wettlauf zum Suedpol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Knopp
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können.… Wir hatten niemals gedacht, dass die Ponys nur eine Meile gehen würden – aber sie marschierten elf Stunden ohne Pause und legten eine Distanz von sieben Meilen zurück.« Es sollte das Letzte sein, was die Ponys, in die Scott so viele Hoffnungen gesetzt hatte, zustande brachten. Der Lagerplatz dieses Abends wurde »Shambles Camp«, »Schlachtbank-Lager«, genannt, und die Wenigsten dachten wie Wilson, der notierte: »Gott sei Dank, mit den Ponys ist es aus! Wir übernehmen nun selbst die schwerere Arbeit.« Vor den Männern, die zum Pol gehen würden, lagen immer noch drei Viertel der Strecke.
    Am nächsten Morgen begannen die Vorbereitungen für das Man-hauling, das von Sir Clements Markham so hoch geschätzte und oft propagierte Schlittenziehen per Manneskraft. Drei Teams mit jeweils vier Mann wurden gebildet, von denen jedes in den folgenden Tagen mehr als 350 Kilogramm den Gletscher hinaufziehen sollte. Offenbar kamen aber selbst Scott jetzt leise Zweifel, ob seine bereits sichtbar geschwächte Mannschaft diese Tortur durchhalten würde. Er entschied, dass die beiden Hundeteams noch einen weiteren Tag mit vordringen sollten, um fast 400 Kilogramm zusätzliche Vorräte in ein am Fuße des Gletschers geplantes Depot zu schaffen. Damit freilich pokerte Scott erneut hoch, denn die sichere Rückkehr der Hunde nach Kap Evans geriet weiter in Gefahr. Damit wurde es immer fraglicher, ob sie der eigentlich für sie vorgesehenen Aufgabe, Lebensmittel für die Südpolgruppe zu den Barriere-Depots zu befördern, nachkommen würden können.

    Abb 147
    »Mit den Ponys ist es aus«: Nachdem alle Tiere getötet sind, beginnt das »Man-hauling« – die Männer hängen sich in die Zugseile der Schlitten.
    Abb 150
    Rast vor grandiosem Panorama. Doch das Schlittenziehen am Beardmore-Gletscher trieb die Teams in die totale Erschöpfung.

    Der Schnee blieb tief und weich, wo Shackleton hartes Eis vorgefunden hatte, was Scott zu neuen Klageliedern über das »außergewöhnliche Glück« seines Konkurrenten veranlasste. Shackleton blieb der alleinige Maßstab, und Scott verglich seine Marschleistungen permanent mit denen seines Landsmanns, dessen Reisebericht er als Roadmap für die eigene Expedition stets bei sich trug. »Wir sind etwa fünf oder fünfeinhalb Tage hinter ihm«, notierte Scott am 12. Dezember, als kletterte er geradewegs in Shackletons Fußspuren den Gletscher hinauf. Sechs Tage Rückstand waren es am 16. Dezember; »wir holen auf«, frohlockte er tags darauf. Um den Abstand weiter zu verringern, trieb Scott seine Leute zu Höchstleistungen an. Er selbst verausgabte sich bis zum Letzten und erwartete die gleichen Leistungen auch von seinen Männern. Wie Cherry-Garrard berichtete, artete das Schlittenziehen in einen geradezu »sinnlosen Wettbewerb« zwischen den Schlittenteams aus. Jede Gruppe kämpfte für sich und neidete der anderen ihre Erfolge. Ja, es ging sogar so weit, dass man versuchte, bestimmte Tricks beispielsweise bei der Bearbeitung der Schlittenkufen voreinander zu verheimlichen, statt sich gegenseitig zu helfen. Bald stellte sich das von Teddy Evans geleitete Team als das schwächste heraus. Das war insofern wenig verwunderlich, da zwei der vier Leute bereits hunderte Kilometer seit Corner Camp ihre Schlitten selbst gezogen hatten, was ihre weitere Belastbarkeit naturgemäß herabsetzte. Doch Scott beschuldigte seinen ungeliebten Stellvertreter, dessen langsames Vorankommen sei auf mangelnde Sorgfalt zurückzuführen.
    Scott war jetzt permanent mürrisch und gereizt und machte seinen Leuten eine ganze Reihe von ungerechtfertigten Vorwürfen. Skier seien genau das Richtige für diese Bodenverhältnisse, notierte er beispielsweise. »Aber meine trägen Landsleute haben sich nicht auf die Sache vorbereitet. « Dabei hatte er selbst es ihnen freigestellt, ob sie Skiunterricht bei dem Norweger Tryggve Gran nehmen wollten, den er zu diesem Zweck ja überhaupt erst mit ans Ende der Welt genommen hatte. Die Wenigsten nutzten die Gelegenheit, und auch Scott war alles andere als ein eifriger Schüler. Als zudem jetzt der Großteil der Leute von Schneeblindheit befallen wurde, machte Scott ihnen Vorhaltungen, sie seien unvorsichtig gewesen. Dabei hätte es zu seiner Sorgfaltspflicht als Leiter der Expedition gehört, die Männer beim Übergang von den Nacht- zu Tagesmärschen auf die Gefahren der verstärkten Sonneneinstrahlung hinzuweisen. Zudem erwiesen sich die mitgeführten Schneebrillen als

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