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Der Wettlauf zum Suedpol

Der Wettlauf zum Suedpol

Titel: Der Wettlauf zum Suedpol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Knopp
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lange nicht mehr so viel Zeit für mich ganz allein«, sagt Markus Lanz. »Es war sehr schön, einfach mal seine Gedanken fliegen zu lassen, keine Anrufe entgegennehmen zu müssen, keine E-Mails zu beantworten, keine Termine zu koordinieren, keine Unterlagen zu lesen, sondern einfach nur mal Zeit für sich ganz allein zu haben.«
    Während er sich mitten im ewigen Eis auf die grünen Südtiroler Bergwiesen seiner Kindheit träumt, stehen kulinarische Genüsse im Mittelpunkt der Tagträume
des österreichischen Teams. Von Schweinebraten und Schnitzel phantasiert Tom Walek, und Teamkollegin Sabrina Grillitsch hat die zahlreichen Mehlspeisen der österreichischen Küche vor ihrem geistigen Auget: Topfenstrudel, Sachertorte, Germknödel, Kaiserschmarrn und Palatschinken lassen ihr das Wasser im Mund zusammenlaufen und die Schinderei mit dem Schlitten vergessen.
    Abb 161
    Es Kommt drauf an, die richtige Marschgeschwindigkeit zu finden.

    Das Schlittenziehen an den Hängen des Beardmore-Gletschers erwies sich als die befürchtete Qual. »Es ist die schlimmste Arbeit, die ich je getan habe«, so Bowers. »Es bricht einem das Kreuz.… In Gang zu kommen, war schlimmer als das Ziehen selbst, da es zehn bis 15 verzweifelte Rucke im Geschirr erforderte, um den Schlitten überhaupt vom Fleck zu bewegen. Ich habe mich noch nie so verausgabt wie hier, wo ich unablässig mit letzter Kraft an dem Leinengurt zerrte, der um meinen armen Bauch gebunden war.« Die Männer kämpften verzweifelt, doch immer wieder sackten die voll bepackten Schlitten im tiefen Schnee ein oder kippten mitsamt ihrer Ladung um. »Wir blieben schon zehn Meter vom Lager entfernt stecken«, notierte Bowers am 13. Dezember, »und neun Stunden später fand man uns kaum eine halbe Meile weiter. Ich habe noch nie einen Schlitten so tief einsinken sehen.« In einem solchen Fall begann die mühselige Arbeit des Anschiebens in die Gleitphase von vorne. An manchen Abschnitten gingen die Teams zu Relaisfahrten über – sie beförderten erst die halbe Last nach oben, liefen dann mit dem leeren Schlitten zurück und holten den Rest. Wenn die Männer nach neun, zehn Stunden mühseligen Ziehens in ihre Schlafsäcke krochen, waren sie todmüde und völlig erschöpft.
    Der Beardmore-Gletscher, den sich die Engländer jetzt emporkämpften, war von anderer Natur als der Axel-Heiberg-Gletscher, den die Norweger erklommen hatten. Letzterer war kurz, steil und zerklüftet, der Beardmore dagegen stieg viel flacher über mehr als 150 Kilometer an und wies weniger dramatische Zerklüftungen auf. Tiefe Gletscherspalten und tückische Eisformationen waren freilich dennoch vorhanden. In diesem Punkt hatte Scott jedoch Glück: Derselbe frische Schnee, der die Schlitten so oft behindert hatte, füllte die zahlreichen schmalen Eisspalten aus
und bildete einen einigermaßen sicheren Untergrund – auch wenn es natürlich trotzdem immer wieder zu Beinaheunfällen kam, indem Männer auf nicht so festem Terrain einbrachen. Vor größeren Unglücken blieben sie jedoch verschont – auch, weil Scott eine geradezu schlafwandlerische Sicherheit bewies, sich durch das Gewirr der Spalten zu lavieren. Bowers notierte anerkennend: »Er steuert oft direkt auf scheinbares Chaos zu und findet, wenn wir in einer Sackgasse gelandet scheinen, irgendwie doch einen gangbaren Weg.«
    Abb 149
    Schaurig-schön: Die Überquerung des Beardmore-Gletschers bereitete den Briten erhebliche Schwierigkeiten.
    Am 21. Dezember hatten sich die Männer so weit emporgearbeitet, dass sie das sogenannte Obere Gletscherdepot anlegen konnten. In Scotts Planungen war dies der Punkt, an dem die nächste Unterstützergruppe umkehren musste. Wäre es nach dem körperlichen Zustand der Expeditionsteilnehmer gegangen, hätten eigentlich fast alle zurück ins Basislager gehen müssen, einschließlich Scott selbst. Ihm machten heftige Magenschmerzen zu schaffen, zudem hatte er beim Gehen große Probleme mit
seiner Ferse. Vor seinen Leuten wollte er sich freilich keine Blöße geben und biss die Zähne zusammen. Auch der Zustand von Oates war bedenklich – da seine Schuhe seit dem Aufbruch permanent durchnässt waren, hatten sich seine Füße entzündet, und er litt bei jedem Schritt große Schmerzen. Außerdem behinderte ihn eine Kriegsverletzung am linken Oberschenkel. Doch auch mit seiner Ehre als Offizier und Gentleman war es nicht zu vereinbaren, körperliche Schwächen einzugestehen – schon gar nicht vor Scott, der für ihn zu

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