Der Widerschein
umherschwenkend – Bros hoffte auf ein Wunder.
Als sie zum dritten Mal an einem Markt herauskamen, gab der Meister auf.
* * *
Kaum hatte Bros sich am Rande des Marktes auf eine der Kisten gesetzt und seine Ellbogen auf die Knie gestützt, nahm Ferdinand ebenfalls Platz, holte aus seinem Bündel ein Blatt hervor, fand auch einen Kohlestumpf und begann schließlich damit, den Markt zu zeichnen.
Bros ließ erschöpft den Kopf hängen.
Er verdrängte sogar den Lärm der Menschen, die nach und nach bei Ferdinand stehen blieben und sein Zeichnen beobachteten. Überraschend schnell bildete sich eine Menschentraube, so dass die dahinter liegende Gasse mit Neugierigen verstopfte und Eilige über diese Versammlung schimpften: Man würde, wenn nötig, die Wache verständigen.
Ferdinand ließ sich von der wachsenden Menge nicht verunsichern: Kaum, dass er etwas gesehen hatte, fügte er es als fließende Bewegung in die Zeichnung ein: Ein eiliger Mann mit Hut und Schärpe lief ins Bild, eine dürre Frau hielt sich vor Lachen den Bauch, ein rotfleckiger Apfel rollte vom Obststand und wurde von einem barfüßigen Jungen aus einer Pfütze gezogen; selbst karge Stände erblühten und wundervolle Waren drangen aus dem Bild und versprühten Licht und Leben, wie die gaffende Menge es noch nicht erlebt hatte.
Bros saß zusammengesunken auf der Kiste, den Kopf nach vorne gebeugt und hielt sich die Ohren zu, um in seinen trübseligen Gedanken nicht gestört zu werden.
Nach einer Weile sah er auf, ohne seine Umgebung wahrzunehmen. Er hatte sich entschieden: Er würde wieder abreisen. Er würde Gerlachs Vertrag akzeptieren, er würde sein restliches Leben in der Abhängigkeit dieses elenden Blutsaugers verbringen. Was machte er nur hier in Amsterdam? Wenn sich herumsprach, was er für Werke schuf, dann würden Händler und Käufer direkt zu ihm kommen. Gerlachs Vertrag würde sich erübrigen, wenn der alte Betrüger irgendwann hoffentlich starb. Nie wieder würde Bros in so einer elenden Stadt herumirren, das würden andere für ihn erledigen, und er würde daran verdienen.
Schon hörte er die lobende Stimme seines Vaters, der ihm zu seinem weisen Entschluss gratulierte. Seine Laune verbesserte sich. Er atmete tief ein, schlug sich auf die Oberschenkel und öffnete seine Augen vollständig. Schließlich stand Bros auf, packte Kisten und Gepäck und rief Ferdinand zu, es ginge weiter.
Der ohrenbetäubende Lärm ringsherum sorgte jedoch dafür, dass die Worte des Meisters nicht bis zu Ferdinand durchdrangen. Nur wenige Stellen auf dem Papier schimmerten noch blank, aber die Masse war außer sich: Rangeleien um bessere Sicht entstanden. Wetten wurden gemacht, für wie viel Geld das Bild verkauft werden würde; Käufer und Gaffer drängten sich an Ferdinand, der von einer Handvoll Männer abgeschirmt wurde, damit er in Ruhe sein Bild zu Ende zeichnen konnte. Dazu rückte die Meldung näher, die Patrouille sei auf dem Weg hierher – plötzlich bemerkte Bros, dass Ferdinand ihm nicht folgte.
Verärgert kehrte er um und erschrak, als er Ferdinand so umzingelt – aber mit freiem Blick auf den Markt – dasitzen sah.
Schon wollte er vorspringen und seinen Lehrling weiterzerren, da zerrten ihn selbst starke Hände beiseite. Er stehe im Weg, ob er denn nicht sehen könne, dass er dem Jungen die Sicht versperre?
Dieser Junge, erwiderte Bros, sei sein Schüler Ferdinand, und er würde jetzt mit diesem wieder abreisen, ganz gleich, ob jenes Bild fertig sei oder nicht.
Zwar lachten manche der Umstehenden über ihn, aber als Bros zum Beweis seine Kiste öffnete und die Werke Ferdinands zeigte, verstummte der Widerstand. Man ließ ihn zu Ferdinand durch, aber er solle ihn bitte um Gottes willen nicht stören, das Bild sei ja noch nicht fertig. Bros wollte protestieren, doch er vernahm die aktuellen Gebote für das Bild und dass es wohl mehr als doppelt so viele Interessenten gab, als er Bilder in seinen Kisten hatte.
Bros Augen begannen zu leuchten.
Der Moment der Gerechtigkeit, des Erfolgs, seines Reichtums! – alles lag zum Greifen nah!
Bros musste nur warten, bis Ferdinand dieses letzte Bild fertig gezeichnet hatte.
* * *
Während sich hinter Ferdinand die Menge kaum noch bändigen ließ und vor ihm eine breite Schneise klaffte, die von kräftigen Kerlen freigehalten werden musste, nahm der Markt selbst die Situation mit Gelassenheit. Zwar betrachteten die Verkäufer Ferdinand und sein Gefolge skeptisch, widmeten sich aber weiterhin
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