Der widerspenstige Highlander
ihnen vorüber, als Nora ihn ansprach. »Ewan? Dürfte ich ein Wort mit Euch reden?«
Sorcha entschuldigte sich, als Ewan stehen blieb.
»Was wollt Ihr?«, erkundigte er sich unfreundlich.
»Ich ...« Nora schluckte, während sie hastig überlegte, was sie ihm sagen sollte.
Es tut mir Leid schien irgendwie armselig im Vergleich zu dem, was sie ihm heute angetan hatte, welche Erinnerungen sie unwissentlich geweckt hatte.
»Danke«, sagte sie schließlich leise. »Ich bin Euch ehrlich dankbar dafür, dass Ihr mir diesen Gefallen erweist, obwohl Ihr nicht dazu verpflichtet seid. Es ist sehr freundlich von Euch.«
Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn rasch auf die Wange, ehe sie in das Haus eilte.
Ewan war völlig verdutzt.
Sie hatte ihm gedankt?
Sie hatte ihn geküsst.
Er wusste nicht, was ihn mehr erstaunte, und ums Leben konnte er sich nicht erklären, was sie dazu veranlasst hatte.
Das Mädchen war wirklich seltsam. Merkwürdig und befremdlich. Und doch war sie in gewisser Weise ganz reizend, besonders wenn ihr Mund geschlossen war.
Immer noch verwundert folgte er den Frauen ins Haus.
Aenos saß schon an dem Holztisch in der Mitte des Hauptraumes und schenkte großzügig Ale ein.
Ohne auf einem der fünf Stühle Platz zu nehmen, griff Ewan nach einem der Becher und leerte ihn in einem Zug, dann rülpste er laut.
Als er das Gefäß absetzte, damit es wieder gefüllt werde, bemerkte er Noras entsetzten Gesichtsausdruck, während sie sich auf dem Stuhl neben Aenos niederließ.
»Himmel, ich denke nicht, dass ich je zuvor schon einmal einen Mann sein Ale auf einmal austrinken gesehen habe«, erklärte sie tadelnd. »Wenn Ihr so weitermacht, seid Ihr binnen weniger Minuten betrunken.«
Er verzog verächtlich das Gesicht, während er sich einen Stuhl heranholte und sich setzte. »Glaubt mir, es dauert länger als ein paar Minuten.«
Er nickte Aenos zu, der seinen Becher erneut füllte.
Sorcha machte ihnen Holzteller mit gebratenem Lamm mit Lauch und Zwiebeln zurecht.
Wie es seine Art war, ignorierte Ewan das Essen und fuhr fort zu trinken. Und er gab sich Mühe, auch die Frau zu ignorieren, die ihm gegenübersaß.
Etwas, das sich als unmöglich herausstellte. Alles, was er sehen konnte, war der Feuerschein, der mit den goldenen Lichtern in ihrem Haar spielte. Die Muster, die die Schatten auf ihre zarte Haut malten.
Die Anmut ihrer schlanken Hände, mit denen sie das Fleisch klein schnitt, ehe sie es verspeiste.
Nora war die reine Eleganz.
Sie weckte schmerzliches Verlangen in ihm.
Sie sagte nichts mehr über sein Trinken, sondern unterhielt sich angeregt mit Sorcha.
»Es ist so freundlich von Euch, uns eine Mahlzeit vorzusetzen, gute Frau. Ich bedauere, dass wir unangemeldet gekommen sind.«
Sorcha winkte ab. »Wir sind daran gewöhnt. Ewan kommt, wann immer er möchte.«
Nora schaute ihn erwartungsvoll an. »Warum seid Ihr dann erst am Dorf vorübergeritten?« »Ich wollte Euch so schnell wie möglich zu Lochlan schaffen.«
»Wieso seid Ihr dennoch umgekehrt?«
Weil eine so feine Dame wie Ihr Besseres verdient , als die Nacht auf matschiger Erde und nur mit mir als Gesellschaft zu verbringen.
Das hatte er allerdings nicht vor, ihr zu erklären. »Weil ich es so wollte.«
Ewan goss sich erneut Ale ein, trank und schenkte wiederum nach. Er nahm Becher und Krug und ging zur Tür.
Stirnrunzelnd blickte ihm Nora hinterher.
»Aenos, geh ihm nach«, sagte Sorcha. »Ich will nicht, dass er wieder im Stall schläft. Letztes Mal hat er sich erkältet und war mehrere Tage lang krank.«
Aenos nickte und stand auf, um ihm zu folgen.
Sobald Aenos verschwunden war, wandte sich Nora an Sorcha. »Sorcha, warum ist Lord Ewan so ...«
»Ruppig?«
»Mürrisch und ständig betrunken, wollte ich eigentlich sagen, aber ruppig passt auch.«
»Schuldgefühle, Mylady, sind schwer für einen Mann, Jeden Tag, den er lebt und sein Bruder nicht, ist ein Tag, von dem er glaubt, dass er ihn Kieran schuldet.«
»Wie meint Ihr das?«
Sorcha malte eine Weile mit dem Finger Kreise auf den Tisch, als überlegte sie, ob sie darauf antworten sollte. Als sie schließlich sprach, war ihre Stimme kaum lauter als ein Flüstern, als weihte sie Nora in ein sorgsam gehütetes Geheimnis ein. »Nun, eine Nacht, als der Junge betrunken war, hat er etwas gesagt, das ich nicht vergessen kann. Er sagte, er verdiene keine Bequemlichkeit, während sein Bruder auf dem Grund eines kalten Bergsees liegt, bloß weil er
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