Der widerspenstige Highlander
waren eine Bande aufgeweckter Jungen, so viel steht fest. Aber Lord Ewan war immer stiller als die anderen, und wann immer eine junge Frau in ihre Nähe kam, Haben seine Brüder sich fast überschlagen, um ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen. Ich kann Euch gar nicht sagen, wie oft ich gesehen habe, wie er ansetzte, etwas zu einer zu sagen, nur um von Braden oder Kieran zur Seite gedrängt zu werden. Nach einer Weile hat er dann aufgehört, auch nur zu versuchen, mit ihnen zu wetteifern. Er hat sich einfach seiner Wege getrollt und sich nicht weiter um die anderen gekümmert.«
Das war interessant.
»Sehen seine Brüder auch so gut aus wie er?«
»Manche denken, sogar noch besser. Aber ich meine, jeder ist auf seine eigene Art und Weise gut aussehend. Der Jüngste, Braden, sieht Ewan sehr ähnlich und ist überirdisch schön, bildet sich aber auch einiges darauf ein. Lochla n erinnert mich immer an einen goldenen Engel, blond, anmutig und feinsinnig. Sin, der Älteste, sieht wie ein gefal-lener Engel aus, ganz dunkel und unglaublich faszinierend. Und Kieran, Friede seiner Seele, war, wovon jede Frau träumt. Er besaß schwarzes Haar und Augen so blassgrau, dass sie beinahe farblos wirkten.«
Sorcha seufzte wehmütig. »Ach ja, seine Augen. Sie lächelten sogar dann noch, wenn sein Mund schon wieder ernst war. Er war ein charmanter Schuft, der mit noch mehr Frauen anbandelte als Braden. Ich kann Euch sagen, diese Welt ist ohne ihn kein so glücklicher Ort mehr, wie vorher.«
Sorcha blickte hinter sich, um zu sehen, wo Ewan war, ehe sie sich vorbeugte und ihr zuflüsterte: »Ihr wisst doch, was für ein Tag heute ist, nicht wahr?«
»Dienstag?«
Sorcha schüttelte den Kopf. »Nein, Mylady. Es ist Kierans Todestag. Heute ist genau der Tag, an dem sein Bruder Lochlan ihn suchen gegangen ist und nur sein Plaid und sein Schwert am anderen Ufer des Sees gefunden hat.«
Nora wurde bei diesen Worten ganz kalt. »Ewan hat seinen Bruder ertränkt?«
Sorcha wich stirnrunzelnd zurück. »Wie kommt Ihr denn darauf?«
»Ich habe Gerüchte gehört, dass Ewan seinen Bruder getötet haben soll.«
»Nein, Mylady. Kieran hat sich selbst umgebracht, weil Ewan mit der Frau davongelaufen ist, die sie beide liebten. Ich war an jenem Tag da, als Kieran erfuhr, dass Ewan und Isobail verschwunden waren. Er konnte es einfach nicht fassen, dass er sie an seinen Bruder verloren hatte. Liebeskrank hat er seiner Familie gesagt, er bräuchte Zeit für sich allein. Ewan war vermutlich schon auf halbem Weg nach London, als Kieran sich das Leben nahm.«
Zwischen Noras Brauen bildete sich eine steile Falte. »Auf halbem Weg nach London?«
»Aye, sie waren unterwegs zu der Tante der Frau. Dort sollten sie Unterschlupf finden. Nur dass es eine Lüge war, die das durchtriebene Frauenzimmer Ewan aufgetischt hatte, damit er sie nach England brachte, wo in Wahrheit ihr Liebhaber auf sie wartete. Der arme Junge war völlig am Boden zerstört, als sie ihn sitzen ließ.«
Nora wurde schlecht, als sie das hörte. Kein Wunder, dass der Mann so wütend ausgesehen hatte, als sie ihn davon in Kenntnis setzte, was sie von ihm wollte.
»Oh Sorcha, ich bin so eine Närrin.«
»Warum?«
»Ich habe Ewan gebeten, mich nach London zu bringen, damit ich bei meiner Tante bleiben kann und nicht einen Mann heiraten muss, den ich verabscheue.«
Sorcha keuchte auf.
»Ich wusste es nicht«, beeilte sich Nora hinzuzufügen. Wie entsetzlich sie sich wegen dieser Sache fühlte! »Ich kann einfach nicht glauben, dass ich ausgerechnet heute zu ihm gekommen bin und auch noch das zu ihm gesagt habe. Wenigstens weiß ich jetzt, warum er aussah, als wollte er mich erwürgen.«
Kein Wunder, dass der Mann betrunken in seinem Bett gelegen hatte. Vermutlich hatte er sein Bestes gegeben, den Schmerz zu vergessen, den er seinem Bruder zugefügt hatte.
Nora wünschte sich, sie könnte ungeschehen machen, was sie getan hatte. Sie wünschte sich, sie könnte diesen Tag noch einmal von vorn beginnen und einen anderen Plan schmieden.
Wenn sie es nur gewusst hätte ...
Sorcha räusperte sich, als Ewan hinter dem Haus hervor sie zukam. Seine Augen waren immer noch rotgerändert und blutunterlaufen, aber klarer als sie bei ihrem Aufbruch gewesen waren.
Er ging mit gereckten Schultern, ein aufrechter und stolzer Mann. Doch der gequälte Ausdruck in seinen Augen spiegelte den inneren Schmerz wider, den er empfand.
Einen Schmerz, den sie unabsichtlich vergrößert hatte.
Er ging an
Weitere Kostenlose Bücher