Der Widerstand
Shongair.
Thikair konnte ihn nur anstarren, ohne etwas sagen zu können, während der Mann ihn anlächelte. Dieses Lächeln hatte etwas Erschreckendes an sich … und etwas stimmte nicht damit. Es waren die Zähne, wie Thikair jetzt erkannte. Die lachhaft winzigen Eckzähne des Menschen waren länger und spitzer geworden, und in diesem Moment verstand Thikair zum ersten Mal, wie Beutetiere über Jahrtausende hinweg das Lächeln seines eigenen Volks wahrgenommen haben mussten.
»Sie nennen sich selbst ›Jäger‹.« Der Mensch zog die Oberlippe hoch. »Glauben Sie mir, Flottenkommandant, Ihre Leute wissen rein gar nichts über wahre Jäger. Aber sie werden es noch erfahren.«
Ein Wimmern drang aus Thikairs Kehle, und die grünen Augen leuchteten noch intensiver von innen heraus.
»Ich hatte es vergessen«, redete der Mensch weiter. »Ich hatte mich von meiner eigenen Vergangenheit abgewandt. Selbst als Sie auf meine Welt kamen und Milliarden Menschen ermordeten, blieb es vergessen. Aber nun kann ich mich dank Ihnen, Flottenkommandant, wieder erinnern. Ich erinnere mich an die Pflichten der Ehre. Ich erinnere mich an die Verpflichtungen eines Prinzen der Walachei. Und ich erinnere mich ganz besonders an den Geschmack der Rache. Und genau das ist es, was ich Ihnen am allerwenigsten vergeben kann, Flottenkommandant Thikair. Ich habe fünfhundert Jahre benötigt, um diesen Geschmack zu vergessen, und Sie haben mir die Erinnerung daran zurückgegeben.«
Thikair hätte seine Seele hergegeben, nur um nicht in diese lodernden smaragdgrünen Augen zu sehen. Aber selbst das blieb ihm verwehrt.
»Ein ganzes Jahrhundert lang habe ich mich sogar vor mir selbst versteckt, indem ich mich für meinen ermordeten Bruder ausgab. Aber nun, Flottenkommandant Thikair, nehme ich wieder meinen eigenen Namen an. Ich bin Vlad Drakulya – Vlad, Sohn des Drachen, Prinz der Walachei –, und Sie haben es gewagt, das Blut derer zu vergießen, die unter meinem Schutz stehen.«
Die Lähmung fiel von Thikairs Stimme ab – zweifellos ein Akt des Monsters in Menschengestalt, das vor ihm stand – und er schluckte angestrengt. »Wa-was haben Sie …« Mehr brachte er nicht heraus, dann verstummte er abermals gegen seinen Willen, was Vlad ein grausames Grinsen entlockte.
»Als Sie zuerst hier auftauchten, hätte ich nichts gegen Sie unternehmen können, selbst wenn ich bereit … wenn ich willens gewesen wäre, wieder zu dem zu werden, was ich einmal war«, erklärte der Mensch. »Es gab nur mich und meine engsten Gefolgsleute, und wir wären zu wenige gewesen. Aber dann haben Sie mir gezeigt, dass mir einfach keine andere Wahl blieb. Als Sie beschlossen, eine Waffe zu entwickeln, um jeden lebenden Menschen auszulöschen, als Sie die entführten, die meinem Schutz unterstellt sind, um an ihnen Experimente für eben diese Waffe durchzuführen, ließen Sie mir nur einen Weg, um darauf zu reagieren. Ich konnte und wollte das nicht zulassen. Also musste ich mehr von meiner Art erschaffen, damit ich mit einer Armee gegen Sie vorgehen konnte. Keine große Armee, aber für meine Zwecke durchaus eine Armee.
Diesmal war ich umsichtiger als während meiner … unbesonnenen, rebellischen Jugend. Die Vampire, die ich diesmal geschaffen habe, waren bessere Männer und Frauen als ich zu der Zeit, als ich noch geatmet habe. Ich bete um meiner selbst willen, dass sie den Hunger ausgleichen werden, den Sie in mir geweckt haben. Aber erwarten Sie von ihnen keine Freundlichkeit, wenn es um Sie und Ihre Art geht.
Diese Männer und Frauen sind alle viel jünger als ich, sie sind den Umgang mit ihren neugewonnenen Fähigkeiten noch nicht gewöhnt, und sie sind noch nicht stark genug, um die Berührung der aufgehenden Sonne zu ertragen. Aber so wie ich atmen sie nicht länger. So wie ich waren sie in der Lage, auf der Außenhülle Ihrer Shuttles mitzureisen, als Sie so gütig waren, Ihre Truppen aus Rumänien, Russland und Nordamerika abzuziehen. Als Sie Ihr Personal evakuierten, um es auf Ihre Transportschiffe und auf Ihre Schlachtschiffe zu bringen. So wie ich haben sie Ihre Neuraledukatoren benutzt, sodass wir jetzt wissen, wie man Ihre Schiffe kontrolliert und Ihre Technologie anwendet.«
Die entsetzliche Stimme hielt für einen Moment inne, und das Feuer in diesen Augen wurde noch kälter als das All jenseits der Schiffshülle.
»Ich habe während meiner … Unterhaltung mit Basislagerkommandantin Shairez viel erfahren«, redete Vlad weiter. »O ja, sie war
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