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Der Willy ist weg

Der Willy ist weg

Titel: Der Willy ist weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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dahin unberührten neuseeländischen Travellerinnen vom Duisburger Bahnhof, die ungewaschene minderjährige Ausreißerin von der Kirmes, eine bis auf den Zustand eines medizinischen Modells für den menschlichen Knochenbau heruntergehungerte, hysterische Direktorsgattin von der Einweihungsfeier der neuen Sparkassenzentrale. Und natürlich jede Menge anderes Material aus den diversen Kneipen, Bars und Discos der ausufernden Ruhr-City.
    Da man nicht überall zugleich suchen kann und die Teilnehmer einer Tanzveranstaltung von vor drei Tagen nur recht mühsam zu befragen sind, versuchten wir es logischerweise erst mal in den Kneipen, wo man uns kannte. Und selbst das war schon ein abendfüllendes Programm.
    Die Auskünfte, um es gleich zu sagen, flossen spärlich, die Getränke mit Fortdauer der Nachforschung in ansteigendem Maße reichlich. Irgendwo unterwegs verloren wir die Yamaha aus den Augen, und irgendwann auch unser eigentliches Vorhaben. Stattdessen rannten uns zwei Mädels über den Weg, die wir noch von unserer Sylvesterfete her kannten, eine Kaffeebohne mit Rastazöpfen und eine Blonde mit Bubikopf und einem kreisrundem Mund, und irgendwie war es das dann gewesen, mit Suchen.
    Am nächsten Morgen - die Blonde schlief noch tief und fest, beide Arme um mein Kopfkissen geschlungen - hatte ich ein bisschen einen dicken Kopf, und - Willys Zimmer war immer noch leer - ein bisschen ein schlechtes Gewissen und - Post.
    Ohne Absender. Ich riss den Umschlag auf, entnahm ihm einen Brief ohne Anrede.
    Und ohne Unterschrift.
    Dafür aber mit einer äußerst präzisen Lösegeldforderung, untermauert mit einer detailgenauen Drohung gegen Leib und Leben unseres Willys, sollten wir - das heißt, die Stormfuckers - nicht zahlen oder es wagen, die Polizei einzuschalten.
    Ich hatte den letzten Satz gerade gelesen, stand da und fragte mich, wo um alles in der Welt wir eine Million hernehmen sollten, als es an der Türe klingelte.
    Ich ging hin, machte auf, und es war die Polizei.
    »Kristof Enrico Kryszinski?«, fragte der Beamte und stand ganz ruhig. In Zivil, in einem Trenchcoat, das muss man sich mal vorstellen, allein und doch mit dem ganzen Apparat hinter sich, bildlich gesprochen, einschließlich des festgeschriebenen Gewaltmonopols. Anders, als es in seiner Branche üblich ist, machte er keine Anstalten, an meinen Schultern vorbei ins Haus zu linsen.
    Ich nickte, auf seine Frage, wie man in dem Fall so nickt. Vorsichtig, zögernd. Als ob das etwas änderte.
    »Mein Name ist Menden, Kommissar, Kripo Mülheim.«
    Was für ein langer und seltsamer Name, dachte ich, abgelenkt.
    »Ich habe hier ein Amtshilfeersuchen. Es scheint sich, dem Text nach, um einen Fall von Kidnapping zu handeln.«
    Das war einer dieser Momente, in denen man die Hand heben und um eine Auszeit bitten möchte. Wie? Was?
    Woher? dachte ich und sah von dem Brief in meiner Hand zu dem Kommissar und wieder zurück. Nahm man die in dem Schreiben geäußerten Drohungen ernst, war Willy schon so gut wie tot.
    »Haben Sie sich in den letzten Wochen mehrmals in den Niederlanden aufgehalten?«, fragte Mendenkommissarkripomülheim, und ich glaube, ich erbleichte.
    >Plus vierzehn Monate Reststrafe<, dröhnte eine hohle Stimme durch mein Hinterstübchen. Mag sein, Menden genügte mein Farbtonwechsel als Antwort, auf alle Fälle sprach er weiter. »Zwei dem Namen nach wohl chinesische Geschäftsleute aus Amsterdam haben sich bei der örtlichen Polizei gemeldet und behauptet, der Fahrer des Wagens MH-KK 7«, er deutete mit dem Kinn auf den gelben, vor dem Portal parkenden VW-Bus, »hätte eine ihrer Mitarbeiterinnen, eine Deutsche, gewaltsam entführt.« Sprach's und stand ganz ruhig.
    Ich schluckte. Diese beiden Bastarde! So einen Nerv muss man erst mal haben. Vollkommen unschlüssig sah ich dem Kommissar ins Gesicht. Seine Augen waren . schwer zu beschreiben. Man versuche, sich ein funkelndes, intensiv leuchtendes Grau vorzustellen.
    So.
    Damit kommt man nicht nur Mendens Augen recht nah, sondern erahnt auch, warum ich sie als schwer zu beschreiben bezeichnet habe. Es waren die Augen eines Prüfers. (Mündliches Examen.) Eines Prüfers, der weiß, dass du schwimmst, saumäßig schlecht vorbereitet bist, dich durchhangelst, der aber nicht eingreift, sondern seelenruhig abwartet, ob du dich an den eigenen Haaren aus dem Sumpf ziehen oder aber mit dem Toupet in der Hand gluckernd versinken wirst.
    Ja, jetzt hab ich es, glaube ich.
    Ich löste mich von diesem Blick und

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