Der Wind der Erinnerung
glücklich.
Ein Taxi bog in die Einfahrt und hupte.
»Leb wohl«, sagte Beattie. »Leb wohl, mein Liebster.«
Dann verließ sie Wildflower Hill für immer.
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Einunddreißig
Emma
D er Flug war die Hölle. Der Mann auf der anderen Seite des Gangs schnarchte wie eine Kettensäge. Ich döste ein, und die Realität um mich herum verschwamm. Ich hing im wahrsten Sinne des Wortes in der Luft, gefangen zwischen zwei Welten: meinem neuen Leben in Tasmanien und meinem alten in London. Keins von beiden fühlte sich wirklich real an.
Auf dem Flughafen Heathrow begannen meine Nerven zu kribbeln. Wenn nun alles nur eine gewaltige Halluzination gewesen war und Josh mich gar nicht abholen würde? Doch da stand er, direkt vor der Zollkontrolle. Er kam auf mich zugelaufen, und ich fiel ihm in die Arme. Der echte Josh. Aus Fleisch und Blut. Nicht der Josh, der in den vergangenen Monaten durch meine Phantasien gegeistert war.
»Em, Em«, er drückte den Mund in mein Haar. »Mein Gott, ich habe dich so vermisst.«
Ich traute meiner Stimme nicht und atmete nur seinen warmen Geruch ein. Dann endlich ließ er mich los, und ich trat zurück, um ihn anzuschauen.
Ihn richtig anzuschauen.
Es war seltsam: In meiner Erinnerung war er attraktiver gewesen und hatte freundlichere Augen gehabt. Er sah auf die Uhr. »Ich habe mir heute Morgen freigenommen. Komm, wir bringen dich nach Hause.«
Das Wort verwirrte mich. »Nach Hause? Ach so, du meinst in deine Wohnung.«
»Was dachtest du denn?«, fragte er und lachte gutmütig. Oder vielleicht doch nicht so gutmütig. »Der Jetlag ist dir wohl zu Kopf gestiegen.«
Ich folgte ihm zum Taxistand, und wir fuhren in die Stadt.
»Guten Flug gehabt?«
»Furchtbar. Ich …«
Sein Handy klingelte. »Entschuldige.« Er meldete sich, während ich trübsinnig in den grauen Londoner Morgen starrte. Er steckte das Handy ein und fragte: »Wo waren wir?«
»Furchtbarer Flug.«
»Das tut mir leid. Es ist auch ein langer Weg von Timbuktu.«
»Tasmanien.«
Er lachte. »Weiß ich doch. War nur ein Witz.«
Ich seufzte. »Ich bin einfach nur müde, Josh. Tut mir leid. Wenn ich ausgeschlafen habe, geht es mir sicher besser.«
Er war in eine Wohnung mit Dienstbotenservice gezogen, die sich in einem georgianischen Reihenhaus in Limehouse befand. Sie war makellos, modern und geschmackvoll eingerichtet. Genau, wie ich es liebte. Oder einmal geliebt hatte. Sein Schlüsselbund fiel klappernd auf die Küchenbank aus Granit, während ich meinen Koffer hereinrollte.
»Home sweet home«, sagte er.
Aus irgendeinem Grund fühlte ich mich unbehaglich. Wir hatten monatelang zusammengelebt, unsere intimsten Geheimnisse geteilt. Ich hatte dauernd an ihn gedacht, während ich weg war … Na ja, vielleicht nicht dauernd, aber oft, jedenfalls am Anfang.
»Ich muss gründlich duschen.« Ich hoffte, dass mich ein längerer Aufenthalt im Badezimmer auf Vordermann bringen würde. Damit ich mich an die Tatsache gewöhnen konnte, dass es stimmte, dass ich wirklich zurückgekehrt war.
»Nur zu. Ich erledige einige Anrufe.«
Ich holte Bademantel und saubere Unterwäsche aus dem Koffer und schloss die Badezimmertür. Es gab kein Fenster, nur eine helle Lampe. Ich zog mich aus und trat unter die heiße Dusche.
Ich redete mir ein, dass mir der Jetlag eben nicht bekam: Andere Leute wurden nur müde, aber ich war verwirrt und ängstlich. Noch ein paar Tage und erholsamer Schlaf, dann würde ich meine Schüchternheit gegenüber Josh ablegen, und alles wäre wie früher. Ich setzte mich auf den Boden der Dusche und ließ das heiße Wasser über mich fließen. Schloss die Augen.
Es klopfte, Joshs Stimme ertönte.
»Alles in Ordnung?«
»Ja, alles bestens.«
Er öffnete die Tür und stand vollständig angezogen vor mir. Er lächelte mich an. »Du siehst immer noch gut aus, Em.«
»Wie unfair, du bist im Vorteil.«
Er zog die Krawatte aus. »Das lässt sich ändern.«
Ich drehte die Dusche ab und griff nach einem Handtuch, um mich zu bedecken. Er hatte sein Hemd ausgezogen – diese Brust, diese Arme … einfach sensationell – und wollte mir das Handtuch wegnehmen. Er drückte mich fest an sich und küsste mich. Ein tiefer, leidenschaftlicher Kuss. Ich schmolz in seinen Armen dahin, das Handtuch fiel zu Boden. Doch eine innere Stimme warnte mich, es langsam angehen zu lassen.
»Warte«, sagte ich, als Josh an seinem Hosenschlitz nestelte.
»Was ist los?«
»Noch nicht. Ich … noch nicht.«
Er trat zurück,
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