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Der Wind der Erinnerung

Der Wind der Erinnerung

Titel: Der Wind der Erinnerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kimberley Wilkins
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Mädchen aber keine falschen Hoffnungen gemacht.
    Ich sagte Monica nicht, wohin ich ging, das würde sie schon von ihrem Bruder erfahren. Sie bot mir an, mich in die Stadt zu bringen, aber dann wäre sie dabei, wenn ich Patrick meine Idee vortrug. Wäre mir das peinlich? Vielleicht. Oder hoffte ich, mit ihm allein zu sein?
    Vielleicht auch das.
    Sie kehrte gerade im Schererhäuschen, und ich erzählte ihr etwas von einem langen Spaziergang. Sie sang zu einer CD , die sie mitgebracht hatte, und wirkte glücklich. Sie wirkte immer glücklich. Ich konnte kaum glauben, dass sie in so jungen Jahren ihre Eltern verloren hatte. Patrick hatte sie wunderbar stabilisiert, noch etwas, das ich an ihm bewunderte.
    Ich war nicht dabei, mich in ihn zu verlieben. Vor dem Schlafengehen dachte ich immer an Josh. Dann erinnerte ich mich an unsere erste Begegnung oder den Abend, an dem wir in die Wohnung gezogen waren, oder an die anderen wunderbaren, herrlichen Momente unseres wunderbaren, herrlichen Lebens. Manchmal erinnerten meine Träume an die Phantasien eines Teenagers. Ich verfasste aufwendige Drehbücher, in denen er mich anflehte, zu ihm zurückzukehren. Ich malte mir aus, wie es sich anfühlen würde, wenn er mich am Flughafen in die Arme schloss und weinte, weil er mir so weh getan hatte. Irgendwann wurde es mir peinlich, und ich begann selbst zu weinen.
    Dennoch war ich von Patrick fasziniert. Es tat gut, in seiner Nähe zu sein. Um kurz nach drei tauchte ich in der Schule auf, und die Sekretärin schickte mich ins Lehrerzimmer.
    Als Patrick mich entdeckte, lächelte er verlegen. »Emma, was machen Sie denn hier?«
    »Hi. Überraschung.« Ich hörte mich an wie ein Idiot. »Ich wollte Ihnen etwas zeigen.«
    »Sekunde.« Er fuhr den Computer herunter, zog einen grauen Kapuzenpullover über und stand auf. »Was ist denn?«
    Ich erklärte ihm, woran ich gearbeitet hatte. Er nickte, wirkte aber nicht sonderlich aufgeregt. Mich verließ der Mut.
    »Der Blumenwalzer? Klingt ein bisschen kompliziert für sie.«
    »Ich muss es Ihnen zeigen. Wenn Sie meinen, es ist zu schwierig, kein Problem. Aber ich könnte mir vorstellen, dass sie es wunderbar macht.«
    Er hängte sich lächelnd den Rucksack über die Schulter. »Gut, gehen wir in den Musikraum, dann können Sie es mir vorführen.«
    Die Schule leerte sich allmählich. Er hatte gesagt, es sei eine Highschool, aber ich sah Kinder aller Altersgruppen. Patrick war sehr groß und hielt sich kerzengerade, schien aber die bewundernden Blicke der älteren Mädchen überhaupt nicht zu bemerken. In einer Ecke des Musikraums war eine niedrige Bühne aufgebaut, auf der Kisten mit Instrumenten standen.
    Patrick holte einen CD -Spieler aus dem Schrank. »Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir die CD haben«, sagte er und suchte weiter.
    Allmählich kam ich mir dämlich vor. Er würde eine CD einlegen und ich dazu tanzen. Aber nicht so, wie ich es eigentlich konnte, wie ich es früher getan hatte, auf dem Höhepunkt meiner Karriere. Zum ersten Mal in meinem Leben kam mir mein eigener Körper unbeholfen vor.
    Er legte die CD ein. Ich nahm allen Mut zusammen und dachte an Mina. Vollzog die Bewegungen. Jetzt strahlte er übers ganze Gesicht und nickte.
    »Ja, ja. Weiter. Es ist wunderbar.«
    Am liebsten hätte ich gesagt: »Sie sollten sehen, was ich früher konnte.« Ich wollte, dass er mich tanzen sah, die ganzen Fähigkeiten meines Körpers erlebte, die Anmut und Schönheit, die ich aus dem Nichts heraufbeschwören konnte. Ich blieb stolpernd stehen und sah ihm nicht in die Augen. »Und so geht es weiter. Es könnten auch noch sechs andere Kinder mitmachen. Würde es sich lohnen, noch einmal zur Probe zu kommen?«
    Patrick schaltete den CD -Spieler aus, legte die Hände an die Lippen und dachte nach.
    »Das liegt ganz bei Ihnen«, sagte er schließlich.
    »Bei mir?«
    »Mina würde es wollen. Ihr Vater würde es erlauben. Aber es könnte eine Weile dauern, bis sie es gelernt hat.«
    »Oh. Muss ich es ihr beibringen? Kann ich es nicht einfach Marlon zeigen?«
    Er überlegte. »Ich glaube nicht. Sie müssten es schon selbst machen.«
    »Okay, also … ich bleibe noch etwa drei Wochen.«
    »Vielleicht auch sechs?«
    Er bat mich zu bleiben. Wollte ich das? Im Grunde zog mich nichts nach Sydney.
    »Gut, vielleicht auch sechs Wochen. Vor März kann ich das Haus ohnehin nicht verkaufen.«
    »Wenn Sie uns durch die Weihnachtsvorstellung begleiten würden …«
    Ich wollte nein sagen. Ich wollte mich

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