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Der Wind über den Klippen

Der Wind über den Klippen

Titel: Der Wind über den Klippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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der Rezession, als das Unternehmen gezwungen war, seinen Kurs zu ändern. Es hat den Anschein, als sei der Übergang zur Produktion umweltfreundlicher Bootslacke weitgehend aus dem Erlös des Aktienverkaufs finanziert worden. Deshalb macht es selbst aus steuertechni-schen Gründen keinen Sinn, dass beide Firmen denselben Besitzer haben.«
    »Die Mitglieder des Aufsichtsrats müssen doch wissen, wer die Aktien hält«, schnaubte Puustjärvi. »Warum reden wir hier rum, statt sie einfach zu fragen!«
    »Ich könnte ja nach Guernsey reisen und das geheimnisvolle Postfach aufspüren«, meinte Koivu hoffnungsvoll.
    »Im Zeitalter von Fax und E-Mail kannst du dir das abschmin-ken! Wir setzen uns mit den dortigen Kollegen in Verbindung, aber vorher fragen wir Anne Merivaara und Finanzdirektor Halonen. Puustjärvi, du versuchst Marcus Enckell ausfindig zu machen. Koivu und ich fahren nach der Morgenbesprechung zur Merivaara AG.«
    »Glaubst du denn, die Besitzverhältnisse von dieser Mare Dingsbums hätten etwas zu bedeuten?«, zweifelte Puustjärvi.
    »Das kann durchaus sein. Juha Merivaara war für meinen Geschmack leicht halbseiden, und bis auf weiteres haben wir außer familiären Konflikten kein Motiv für den Mord entdeckt.
    Mare Nostrum … war das nicht die Bezeichnung der alten Römer für das Mittelmeer? Worauf mag das hindeuten?«
    »Latein stand bei uns nicht auf dem Stundenplan«, schnaubte Koivu. Kantelinen schob seine Papiere zusammen und versprach, sich mit den Ermittlern vom Dezernat für Wirtschaftskriminalität bei Scotland Yard in Verbindung zu setzen, die er bereits kannte. Die Chance, auf diesem Weg an die Postfachfirma heranzukommen, war minimal, aber wir durften nichts unversucht lassen.
    »Dieser Enckell ist übrigens recht betagt«, sagte Kantelinen, die Hand bereits auf der Türklinke. »Jahrgang 1918. Für den Rest der Woche bin ich nicht zu erreichen. Heute bei Gericht, danach feiere ich Überstunden ab. Soll ich Scotland Yard bitten, sich direkt mit dir in Verbindung zu setzen?«
    Ich nickte und zog mich in mein Büro zurück. Dieses eine Mal hatte ich genügend Zeit, mich auf die Morgenbesprechung vorzubereiten. Die anderen waren mit ihren Fällen gut vorange-kommen. Wang hatte mit den Kollegen der vermissten Betriebswirtin gesprochen und dabei erfahren, dass in den letzten Wochen regelmäßig ein offenbar aus Estland stammender, gut aussehender junger Mann namens Toomas in ihrem Büro aufgetaucht war.
    »Ist sie etwa losgezogen, um estnische Schwellpilze zu suchen, oder wie die Klunker bei denen heißen?«, warf der triefnasige Puupponen ein.
    Wang wurde rot, sprach aber unbeirrt weiter. »Der Pass der Frau wurde nicht gefunden. Nach Aussage des Ehemanns trug sie ihn immer in der Handtasche, die ebenfalls verschwunden ist. Soll ich mir die Passagierlisten der Fähren nach Tallinn vornehmen?«
    »Natürlich. Wie ist es mit der Kleidung? Sie ist wohl kaum in Pilzsammlerklamotten zu ihrem Liebhaber gereist«, überlegte ich laut.
    »Vielleicht handelt es sich um die Art von Urlaub, bei der man keine Kleider braucht …«
    »Schluss jetzt, Puupponen«, sagte ich wie eine Mutter zu ihrem quengelnden Dreijährigen. »Anu, informier dich über diesen Toomas. Und frag in Estland nach, ob sie eine nicht identifizierte Frauenleiche gefunden haben.«
    Taskinen stürmte herein, als wir die Besprechung gerade beendeten.
    »Gute Nachrichten, Maria! Väätäinen wird wegen fortgesetzter schwerer Körperverletzung angeklagt. Wir kriegen ihn endlich hinter Gitter.«
    »Hurra«, antwortete ich mit gebremster Freude. »Hat Väätäinen diese Bestechungsgeschichte in Umlauf gebracht?«
    Da Taskinen mich fragend ansah, erzählte ich ihm, wonach die Männer vom Kriminalamt Koivu und mich gefragt hatten. Er hörte schweigend zu, aber ich sah, wie seine schmalen Lippen sich spannten.
    »Darüber reden wir in deinem Büro weiter«, sagte er und berührte mich flüchtig an der Schulter.
    »Koivu, in einer Viertelstunde bist du startklar! Wir nehmen meinen Wagen«, rief ich meinem Kollegen zu und folgte Taskinen in mein Dienstzimmer, das sich auf mysteriöse Weise in sein Reich zurückverwandelte, sobald er es betrat. Beinahe hätte ich mich auf das Besuchersofa gesetzt statt auf meinen eigenen Bürostuhl, wenn Taskinen mir nicht zuvorgekommen wäre.
    »Wenn Pertti dieses Gerücht in die Welt gesetzt hat, riskiert er zu allem anderen noch eine Anzeige wegen übler Nachrede«, sagte er wütend.
    »Ich hatte den Eindruck,

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