Der Windsänger
verwandelte sich die Katastrophe in einen Sieg.
Nachdem der vierte der brandneuen Schlachtkreuzer zerstört worden war, setzte das Oberkommando von Omchaka keine Kreuzer mehr aus. Die Luken zu den geheimen Flottendecks schlossen sich wieder und Omchaka setzte die Segel zum Rückzug.
Als Raka von Ombaraka das sah, ordnete er den Siegesruf an. Die Hörner auf den Galerien ertönten und das ganze Volk von Ombaraka fiel ein – jeder Mann, jede Frau, jedes Kind. Unter den Rufen Tausender steuerten Bowman und Kestrel die Korvette zum Mutterschiff zurück. Als sie den Windschatten Ombarakas erreichten, erschlafften die Segel und das Gefährt rollte langsam aus. Mumpo rutschte den Großmast hinunter und die drei Kinder umarmten sich, noch immer zitternd von der Anspannung der Schlacht.
»Mumpo, du bist ein Held! Bo, du bist ein Held!«
»Wir sind alle Helden«, erwiderte Mumpo, glücklich wie noch nie zuvor in seinem Leben. »Wir sind die drei Helden!«
Als sie wieder an Bord gehievt wurden, jubelte das Volk ihnen zu – den ganzen Weg über das Flottendeck, den Steg hinauf und durch die Säulenhallen zur Kommandobrücke, wo Raka sie erwartete.
»Nach dem, was ich heute gesehen habe«, verkündete er, »weiß ich, dass ihr keine Chakas seid. Und wenn ihr keine Chakas seid, dann seid ihr Barakas! Ihr seid unsere Brüder!«
»Und unsere Schwester«, fügte Berater Kemba hinzu und schenkte den Kindern sein liebenswürdigstes Lächeln.
Überwältigt von seinen Gefühlen umarmte Raka alle drei. »Ich und mein ganzes Volk stehen euch zu Diensten!«
Zum besonderen Zeichen seiner Dankbarkeit ordnete Raka von Baraka an, dass alle drei Kinder ihre Haare vom Meisterflechter geflochten bekommen sollten. Nach einer ernsten Unterredung mit seinen Beratern wurde beschlossen, dass den jungen Helden Goldfäden ins Haar geflochten werden dürften. Dies war eine beinahe ebenso große Ehre wie sich mit den Klingen schmücken zu dürfen, die der Kriegsherr selbst trug, und nicht bei allen fand diese Entscheidung Zustimmung. Doch wie Berater Kemba betonte, würden die Kinder ja nicht lange in Ombaraka bleiben und ohne die Pflege des Meisterflechters würden die Goldfäden bald ihren Glanz verlieren.
Mumpo war ganz begeistert von der Aussicht auf goldenes Haar, Kestrel und Bowman nicht so sehr. Sie wussten aber, dass es unhöflich gewesen wäre abzulehnen. Als die aufwändige Prozedur jedoch begonnen hatte, stellten sie fest, dass sie größeren Gefallen daran fanden, als sie erwartet hatten. Zuerst wurde ihnen das Haar dreimal gewaschen, dadurch wurden sie immerhin den Schlamm aus dem Untersee los. Dann machten sich geübte Kämmer daran, ihr Haar zu Hunderten von dünnen Strähnen auseinander zu ziehen. Das Kämmen war fest und sanft zugleich, ein seltsames Gefühl, das ihre Kopfhaut kribbeln ließ. Als Nächstes kamen die Flechtgehilfen, die nach den Anweisungen des Meisterflechters selbst vorgingen.
Jede Strähne wurde mit drei Goldfäden verflochten, so dass ein feiner Zopf entstand, der mit einem goldenen Knötchen endete. Anders als bei den Zöpfen, die Salimba Mumpo zuvor geflochten hatte, wurde nun darauf geachtet, dass sie vollkommen gerade herunterhingen, und das war äußerst aufwändig. Wenn der Meisterflechter eine Unregelmäßigkeit in einem Zopf entdeckte, musste er aufgemacht und noch einmal ganz neu geflochten werden.
Die Flechter hatten ihre Arbeit fast beendet, da gesellte sich Kemba zu den Kindern.
»Meine lieben jungen Freunde«, verkündete er, »Raka von Baraka hat mir aufgetragen euch zum Festessen einzuladen, das heute Abend zu euren Ehren veranstaltet wird. Außerdem wünscht er darüber unterrichtet zu werden, ob er euch seine Dankbarkeit auf eine andere, weniger flüchtige Weise zeigen kann.«
»Wir möchten nur gern auf unseren Weg gebracht werden«, antwortete Kestrel.
»Und welcher Weg ist das?«
»Wir müssen die Straße finden, die man ›Großer Weg‹ nennt.«
»Großer Weg?« Kembas freundliche Stimme klang plötzlich ernst. »Was wollt ihr auf dem Großen Weg?«
Kestrel und Bowman tauschten einen Blick aus und hatten den gleichen Verdacht.
»Das ist einfach der Weg, dem wir folgen müssen«, erklärte Kestrel. »Wissen Sie, wo er ist?«
»Ich weiß, wo er war«, antwortete Kemba. »Der Große Weg wird seit vielen Jahren nicht mehr benutzt. Die Gegend ist sehr gefährlich. Es gibt dort Wölfe. Und Schlimmeres.«
»Vor Wölfen haben wir keine Angst«,
Weitere Kostenlose Bücher