Der Winter tut den Fischen gut (German Edition)
sagen, du magst das Land doch nicht. Du sagst, am Land riecht es nach Kühen und viel zu viel Mist. Manfred sagt, ich habe Durst, ich hole etwas zu trinken. Ich komme mit, sagt die Schwester, Maria braucht Ruhe, weißt du, sie ist die ganze Woche auf den Beinen, sie muss am Wochenende liegen und ihren Rücken schonen. Maria nickt und nimmt die Zeitschrift, die zuvor die Schwester gelesen hat. Als Manfred aufsteht, bemerkt sie, wie groß er ist. Im Sitzen sieht er kleiner aus, denkt Maria, seine Beine sehen seltsam aus. Das kommt davon, wenn man zu viel Fußball spielt, erklärten die Eltern, als die Schwester fragte, warum Eduards Beine anders geformt seien als ihre. Das kommt davon, wenn man zu viel Fußball spielt, sagte die Mutter, und der Vater fragte, Maria, hast du Eduard schon wieder getroffen. Die Mutter schüttelte im Hintergrund den Kopf.
Maria sieht, wie sich die Schwester nach ein paar Schritten bei Manfred unterhakt, sie denkt, das ging schnell, und dreht sich auf den Rücken. Sie legt das Handtuch über ihren Kopf, als sie bemerkt, dass der Nackte zu ihr herüberschaut. Maria denkt: Man wird nicht von den schönen Männern umworben. Maria denkt: Bitte nicht, als sie hört, dass sich neben ihr jemand räuspert. Entschuldigen Sie, sagt der Nackte, der inzwischen ein Handtuch um seine Hüfte gewickelt hat, entschuldigen Sie bitte. Ja, sagt Maria und richtet sich auf. Wissen Sie, ob es hier in der Nähe ein Kaffeehaus gibt. Nein, sagt Maria, aber im Ortszentrum finden Sie bestimmt eines. Wissen Sie, fragt der Mann, ob es dort guten Kaffee gibt. Nein, sagt Maria, aber der Kaffee in den Kaffeehäusern ist in der Regel gut. Wissen Sie, fragt der Mann, was ein guter Kaffee ist. Ja, sagt Maria, eine Melange mit einem Glas Wasser. Nein, sagt der Mann, das meine ich nicht. Kommen Sie mit, ich lade Sie ein. Nein, danke, sagt Maria, ich bin mit meiner Schwester hier. Sind Sie vergeben, fragt der Mann, und Maria schaut auf seine rechte Hand, mit der er das Handtuch an der Hüfte festhält. Auf dem Handtuch sind Fische und ein Segelboot. Nein, sagt Maria, aber ich bin nicht auf der Suche. Das ist gut, sagt der Mann, wenn man etwas sucht, findet man es nicht. Neben dem Segelboot sind Wellen auf dem Handtuch. Sind Sie Schauspielerin, fragt der Mann, Sie tragen so schöne Ringe. Nein, sagt Maria, ich bin Verkäuferin. Fische, fragt der Mann. Ob ich Fische verkaufe, fragt Maria. Ja, sagt der Mann. Nein, antwortet Maria, Textil. Entschuldigen Sie, ich würde gern weiterlesen. Ja, sagt der Mann, ich komme später wieder, wann ist es Ihnen recht.
Maria schließt die Augen. Sie liegt im Schatten, sie greift auf ihren Rücken, er ist heiß. Die Schwester wird eine Weile nicht wiederkommen, es stört sie nicht. Pass auf deine Schwester auf, sagte die Mutter, und Maria hielt sie an der Hand, wenn sie zum Baden in die Auen gingen. Die Schwester hatte ihre Haare zu zwei Zöpfen gebunden, auch an dem Tag, als Maria sie verlor. Warte du hier, hatte Maria zu ihr gesagt, ich komme gleich wieder, warte hier, geh nicht weg. Eduard hatte seine Haare gekämmt, Eduard roch nach Seife, er sagte: Maria, ich komme zurück. Ich komme als Arzt zurück, wir werden ein Haus bauen, wir werden die schönsten Kinder haben. Eduard hatte Muttermale am ganzen Körper, nein, sagte er, als Maria zum ersten Mal fragte, ob sie die Punkte durch Linien verbinden dürfe. Kennst du Malen nach Zahlen, fragte Maria. Ja, sagte Eduard, wer kennt das nicht. Das nächste Mal bringe ich einen Stift mit, sagte Maria. Warte du hier auf mich, hatte sie zu der Schwester gesagt. Sie hatte der Schwester ein Bilderbuch gegeben, bleib auf dem Stein sitzen, beweg dich nicht, ich bin gleich wieder bei dir. Es war langweilig, sagte die Schwester, als Maria in der Dämmerung nach Hause kam und die Schwester bei der Mutter in der Küche saß. Weißt du, wie lange ich dich gesucht habe, schrie Maria, warum bist du weggelaufen. Du kannst eine Sechsjährige nicht allein in den Auen lassen, wo warst du, was hast du dir gedacht, hast du überhaupt gedacht, schrie die Mutter.
Wäre Eduard zurückgekommen, denkt Maria und legt das Handtuch wieder über ihren Kopf. Eduard kam zurück, er brachte ein Mädchen aus der Stadt mit, Elisabeth. Elisabeth hatte dichtes Haar und große Füße. Elisabeth war schwanger, aber davon wurde nicht gesprochen, als Eduard mit ihr in den Ferien kam. Eduard sagte: Elisabeth ist meine große Liebe. Eduard sagte: Elisabeth, darf ich dir Maria vorstellen,
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