Der Winterpalast
Tanz der beiden«, meinte Elisabeth. Sie streichelte die schnurrende Katze auf ihrem Schoß.
Der ständige Wechsel der Schlafzimmer verwirrte die Katzen nicht im Mindesten. Sie wussten ihre Herrin immer zu finden.
Die Schneiderinnen der kaiserlichen Kleiderkammer hatten alle Hände voll zu tun, die Reisegarderobe zusammenzustellen. Auf den Fluren warteten Koffer und Truhen darauf, verladen zu werden, selbst in der Eingangshalle stapelten sich mit Stroh ausgepolsterte Kisten. Die Leute in den Ställen richteten Zaumzeug und Zuggeschirre für die Pferde her.
Mittlerweile war ich auch dafür zuständig, die Lektüre des Großfürsten Peter auszuwählen. »Nicht so viele Schlachten, Warwara«, hatte die Kaiserin gesagt. »Vielleicht hin und wieder einen französischen Roman. Aber achte darauf, dass es nichts zu Frivoles ist – mein Neffe ist so empfänglich für alles. Und besorge ihm ein paar Liebesgedichte zum Auswendiglernen.«
Im Januar 1744 im Moskauer Annenhof wollte die Kaiserin aller russischen Länder immer nur von der Reise der Prinzessin Sophie von Anhalt-Zerbst reden.
»Was gibt es Neues von unseren Reisenden zu berichten, Warwara?«, fragte sie eines Nachts, als ich ihr Schlafzimmer betrat. Es war nach Mitternacht, zur dunkelsten Stunde. Sie lag auf dem Bett, barfuß, unter dem Kopf mehrere Kissen. Der flauschige weiße Puschok, eine der Katzen, die sie aus Sankt Petersburg mitgenommen hatte, hatte es sich neben ihr gemütlich gemacht und putzte seine Pfoten.
Ich nahm zu ihren Füßen Platz, schmalen, wohlgeformten Ballerinenfüßen. Bevor ich mich daran machte, sie zu massieren, goss ich etwas Lavendelöl auf meine Handflächen und rieb sie, damit sie warm wurden.
»Fürst Naryschkin hat bemerkt, die Prinzessin sei nicht gerade eine Schönheit.«
»Und was sagt der Kanzler?«
»Er sagt, sie ist sehr klug.«
»Durchtrieben, meint er.« Die Kaiserin verdrehte die Augen. »Intrigant. Und woher weiß er das?«
»Er hat wieder einen Brief aus Berlin erhalten.«
Die Berliner Spione hatten fleißig Material gesammelt, und so konnte ich der Kaiserin ein recht detailliertes Bild der jungen Prinzessin aus Stettin malen, einem trostlosen Ort an der Odermündung, der alles andere als bedeutend war. Ich ließ etwas von einem dunkelhaarigen Mädchen durchblicken, das zusammen mit Kindern von Kaufleuten auf den kopfsteingepflasterten schmutzigen
Gassen der Stadt spielte, die Tochter einer wirrköpfigen Mutter, die tief enttäuscht gewesen war, dass ihr erstgeborenes Kind kein Junge war.
»Ihr Vater, Hoheit, versteht es, anderen Leuten Ratschläge zu geben, ist aber selbst nicht imstande, seinen Einsichten entsprechend zu handeln. Und die Launen ihrer Mutter werden von Jahr zu Jahr schlimmer.«
Ich berichtete der Kaiserin von der schäbigen Armut der Herrschaften, von fadenscheinigen Teppichen, die schlecht bezahlte Diener mit Sauerkraut abrieben, um wieder etwas Farbe hervorzulocken, von Sesseln mit aufgeplatzten Überzügen, aus denen graue Polsterwatte hervorquoll, von versilberten Tellern, an deren abgewetzten Rändern Kupfer oder Zinn sichtbar wurde, von geflickten oder gestopften Kleidern, die längst aus der Mode waren.
»Wer sagt das? Bestuschew? Weil er denkt, ich würde das Mädchen prompt wieder nach Hause schicken, wenn ich so etwas höre?«
Ich spürte, wie sich ihre Füße verspannten. Ihre Augen funkelten zornig.
»Der Kanzler sagt, arme Prinzessinnen sind es nicht gewöhnt, Macht zu haben. Sie wird ihrer Wohltäterin dankbar sein, wenn sie über ihren Stand erhoben wird, und sie wird Eurer Majestät immer treu ergeben sein.«
Die Füße meiner Herrin wurden unter dem sanften Druck meiner Finger wieder weich und warm.
»Der Großfürst«, fuhr ich fort, »erkundigt sich jeden Tag nach ihr.«
Elisabeths Füße versteiften sich erneut, als ich den Großfürsten erwähnte. Das überraschte mich nicht. Ich hatte gesehen, wie sie zusammenzuckte, wenn ihr Neffe einen russischen Namen verdreht hatte, und wie sie peinlich berührt das Gesicht verzogen hatte, als er bei einem Maskenball in seinen hochhackigen Schuhen gestolpert und hingefallen war.
Ich goss noch etwas Öl auf meine Handflächen. »Der Großfürst fragt andauernd, wo sie denn so lange bleibt.«
Er hatte in seinem Schlafzimmer eine Landkarte ausgebreitet, auf der er eine Spielzeugkutsche täglich ein Stückchen vorwärts bewegte. Zwei Püppchen saßen darin, die größere hatte eine kaputte Nase, nachdem eine der Katzen
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