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Der Winterschmied

Der Winterschmied

Titel: Der Winterschmied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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festzukleben oder so. Aber in diesem Geschäft darf man nicht heikel sein. Gestern kamen einige Trolle zu uns. Unsere Speisen können sie nicht essen, weißt du, immerhin sind sie eine Art wandernde Felsen, doch wir haben ihnen eine improvisierte Mahlzeit aus zerbrochenen Tassen und Schmiere serviert. Aber der Mann war wirklich ein ko mischer Kauz, tja. Als er ging, wurde es wieder viel wärmer im Gastraum.«
    Nicht weniger erwarte ich von dir...
    Die Worte hielten Tiffany warm, als sie über die Bäume flog. Das Feuer in ihrem Kopf brannte vor Stolz, enthielt aber auch einige große, knisternde Scheite des Zorns.
    Oma hatte Bescheid gewusst! Hatte sie etwa alles geplant? Denn es sah gut aus, nicht wahr? Alle Hexen würden davon erfahren. Frau Ohrwurms Schülerin kam nicht zurecht, aber Tiffany Weh und die anderen Mädchen halfen ihr, ohne jemandem davon zu erzählen. Nichts zu erzählen war unter Hexen natürlich die sicherste Methode, etwas bekannt werden zu lassen. Hexen verstanden es sehr gut, das zu hören, was man nicht sagte. Annagramma konnte also die Hütte behalten, Frau Ohrwurm geriet in Verlegenheit, und Oma Wetterwachs lachte sich ins
    Fäustchen. All die Arbeit, all die Mühen... nur damit Oma sich ins Fäustchen lachte. Und natürlich für Frau Stampers Schwein und alle anderen. Das machte es kompliziert. Wenn man konnte, tat man das, was getan werden musste. Die Nase überall hineinzustecken gehörte zu den Grundlagen der Hexerei. Das wusste Tiffany. Und Oma wusste, dass sie es wusste. Und so war Tiffany wie eine kleine Spielzeugmaus umhergeeilt ...
    Das schrie nach Rache!
    Die Lichtung war voller eisverkrusteter Schneewehen, doch Tiffany stellte zu ihrer Freude fest, dass ein von vielen Füßen ausgetretener Pfad zur Hütte führte.
    Es gab etwas Neues. Leute standen an Fräulein Verrats Grab, und ein Teil des Schnees war dort beiseitegeräumt worden.
    O nein, dachte Tiffany, während sie zur Landung ansetzte. Sie hat doch nicht etwa nach den Schädeln gesucht, oder?
    Wie sich herausstellte, war es in gewisser Weise noch schlimmer.
    Tiffany erkannte die Leute am Grab. Es waren Dorfbewohner, und sie starrten sie so trotzig und ängstlich an, als würden sie sich angesichts des kleinen, aber womöglichen zornigen spitzen Huts, der da vor ihnen stand, halb zu Tode fürchten. Es fiel auf, wie sehr sie sich bemühten, nicht auf den Grabhügel zu schauen, der sofort Tiffanys Interesse weckte. Kleine, mit Stöcken festgesteckte Zettel bedeckten ihn. Sie flatterten im Wind.
    Tiffany riss ein paar davon ab.
    Fräulein Verrat, bitte schütze meinen Sohn Joe auf Seh.
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    Fräulein Verrat, bitte finde unsere Tochter Becky, die weggelaufen ist, fürchte ich.
    Es gab noch mehr. Und als Tiffany scharfe Worte an die Dorfbewohner richten wollte, die Fräulein Verrat noch immer belästigten, fielen ihr die Beutel mit dem Fröhlicher-
    Seemann-Tabak ein, die die Schafhirten selbst jetzt noch dort ins Gras legten, wo die alte Schäferhütte gestanden hatte. Sie schrieben ihre Bitten zwar nicht auf, aber sie waren trotzdem da, schwebten unsichtbar in der Luft: »Oma Weh, die du die Wolken am blauen Himmel hütest, bitte wache über meine Schafe. Oma Weh, bitte heile meinen Sohn. Oma Weh, bitte such meine Lämmer.«
    Es waren die Gebete kleiner Leute, die zu demütig waren, um sich an die Götter oben im Himmel zu wenden.
    Sie vertrauten dem, was sie kannten. Sie hatten weder Recht noch Unrecht. Sie hatten nur... Hoffnung.
    Du bist wirklich zu einem Mythos geworden, Fräulein Verrat, so viel steht fest, dachte Tiffany. Vielleicht wirst du sogar zu einer Gottheit. Aber das ist kein Spaß, das kann ich dir sagen.
    »Und, hat man Becky gefunden?«, wandte sie sich an die Leute.
    Ein Mann wich ihrem Blick aus, als er antwortete: »Fräulein Verrat weiß bestimmt, warum sie nicht so bald nach Hause zurück möchte.«
    Ach, dachte Tiffany. So sieht das aus.
    »Irgendwelche Neuigkeiten von dem Jungen?«, fragte sie.
    »Ah, das hat funktioniert«, antwortete eine Frau. »Seine Mutter bekam gestern einen Brief, in dem es hieß, dass er nach einem schrecklichen Schiffsunglück lebend geborgen werden konnte. Da sieht man's mal wieder.« Tiffany fragte nicht, was man da mal wieder sah. Es genügte, dass man es mal wieder sah.
    »Das ist schön«, sagte sie.
    »Aber viele arme Seeleute sind dabei ertrunken«, fuhr die Frau fort. »Das Schiff stieß im Nebel gegen einen Eisberg.
    Gegen einen großen schwimmenden Berg

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