Der Wolf der Wall Street: Die Geschichte einer Wall-Street-Ikone (German Edition)
Seiten des Atlantiks ohne Aufsehen bewältigt hatte - sie hatte Jean Jacques Saurel das Geld lächelnd und augenzwinkernd übergeben. Jetzt war sie wieder sicher in England zurück, wo sie den Rest des Septembers mit Tante Patricia verbrachte; die beiden sonnten sich in der Ehre, dass sie ungeschoren rund ein Dutzend Gesetze gebrochen hatten.
Die Herzogin hatte mir also verziehen und wir waren wieder ein Liebespaar - gerade waren wir auf Spätsommerurlaub in der Hafenstadt Newport in Rhode Island. Mit dabei waren mein ältester Freund Alan Lipsky und seine baldige Exfrau Doreen. Und jetzt im Moment waren Alan und ich allein; wir gingen über einen hölzernen Anlegesteg zur Jacht Nadine. Wir gingen Schulter an Schulter nebeneinander, aber Alans Schulter war gut 15 Zentimeter höher als meine. Alan war kräftig und breit, hatte einen riesigen Brustkasten und einen dicken Hals. Sein Gesicht war ansehnlich, wie das eines Mafiakillers, mit breiten Zügen und großen, buschigen Augenbrauen. Er sah sogar in hellblauen Bermudas, einem gelbbraunen T-Shirt und dazu passenden Segelschuhen bedrohlich aus.
Vor mir sah ich die alle anderen Jachten überragende Nadine, die dank ihrer ungewöhnlichen gelbbraunen Farbe noch mehr abstach. Während ich diesen prachtvollen Anblick genoss, musste ich mich trotzdem fragen, warum in aller Welt ich dieses beschissene Ding gekauft hatte. Dennis Gaito, mein schräger Hund von Steuerberater und Buchhalter, hatte mich angefleht, es nicht zu tun, und hatte die alte Grundregel zitiert: „Die zwei glücklichsten Tage im Leben eines Bootsbesitzers sind der Tag, an dem er das Boot kauft, und der Tag, an dem er das Boot verkauft!" Dennis war schlau wie ein Fuchs und ich zögerte - bis die Herzogin mir sagte, eine Jacht zu kaufen sei das Dümmste, was sie je gehört habe; da hatte ich keine andere Wahl, ich musste sofort einen Scheck ausstellen.
Also besaß ich jetzt die Jacht Nadine - 51 Meter schwimmende Bauchschmerzen. Das Problem war, dass das Boot alt war, es war nämlich Anfang der 1960er-Jahre für die berühmte Modedesignerin Coco Chanel gebaut worden. Deshalb war das Ding furchtbar laut und dauernd ging etwas kaputt. Und wie auf den meisten Jachten aus jener Zeit gab es auf den drei Decks genug Teakholz, um die zwölfköpfige Mannschaft von morgens bis abends auf Händen und Knien rutschend mit Polieren zu beschäftigen. Auf dem Boot roch es immer nach Politur und mir wurde davon übel.
Als sie gebaut wurde, war die Jacht lustigerweise nur 36 Meter lang, aber der Vorbesitzer Bernie Little hatte sie erweitert, damit ein Hubschrauber darauf Platz hatte. Und Bernie war einer von jenen Bastarden, die einen Schafskopf sofort erkennen, wenn sie einen vor sich haben. Er überredete mich sehr schnell zum Kauf, nachdem ich die Jacht mehrmals gechartert hatte; er nutzte meine Vorliebe für Captain Marc aus, um das Geschäft zu besiegeln (mit dem Boot bekam ich auch Captain Marc). Kurz danach überredete mich Captain Marc, ein düsengetriebenes Wasserflugzeug bauen zu lassen - er meinte, wir seien doch beide leidenschaftliche Taucher und mit dem Flugzeug könnten wir in unberührte Gewässer fliegen und Fische finden, die noch nie gejagt wurden. Er sagte: „Die Fische sind dann so dumm, dass wir sie streicheln können, bevor wir sie harpunieren!" Ich fand diese Aussicht ziemlich reizvoll, also gab ich ihm grünes Licht für das Flugzeug. Dafür waren 500.000 Dollar vorgesehen, aus denen aber schnell eine Million wurde.
Doch als wir das Flugzeug auf das Oberdeck hieven wollten, stellten wir fest, dass es nicht groß genug war. Da sich auf dem Oberdeck schon der Bell-Jet-Hubschrauber, sechs Kawasaki-Jetskis, zwei Honda-Motorräder, ein Fiberglas-Sprungbrett und eine Wasserrutsche befanden, hätte der Hubschrauber nicht mehr starten und landen können, ohne mit dem Wasserflugzeug zu kollidieren. Ich steckte schon so tief drin, dass ich keine andere Wahl hatte als das Boot wieder in die Werft zu bringen und es für 700.000 Dollar noch einmal erweitern zu lassen. Also wurde es an Bug und Heck verlängert und die Jacht sah aus wie ein 50 Meter langes gespanntes Gummiband, das kurz davor stand, wieder zusammenzuschnurren.
Ich sagte zu Alan: „Weißt du was, ich liebe dieses Boot. Ich bin froh, dass ich es gekauft habe." Alan nickte zustimmend: „Sie ist eine Schönheit." Am Steg wartete Captain Marc auf mich, und er sah so eckig aus wie die Rock'Em-Sock'Em-Roboter, mit denen Alan und ich als Kinder
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