Der Wolf der Wall Street: Die Geschichte einer Wall-Street-Ikone (German Edition)
währenddessen mit dem Handrücken über die feine italienische Wolle der Gilberto-Maßanzüge, nickten anerkennend und zirpten: „Ohhhhh ... ahhhhh ... schöna Stoff ... so waaich!" Aber dann hörten sie wie auf ein geheimes Zeichen alle exakt gleichzeitig damit auf und machten mit dem weiter, was sie gerade gemacht hatten. Für die Sushi-Köche hieß das rollen, falten, schneiden und würfeln. Für die Kellnerinnen hieß das, den Jungen und Durstigen Premium- Sake und Kirin-Bier in überdimensionalen Gefäßen sowie den Reichen und Hungrigen überteuertes Sushi und Sashimi zu servieren. Und gerade wenn man dachte, es wäre Entwarnung, flog die Tür wieder auf und der Irrsinn begann von vorn; das lebhafte Personal des Tenjin fiel über die nächste Gruppe von Strattoniten her, badete sie in japanischen Ehrenbezeigungen und überhäufte sie mit großen Dosen von etwas, das meiner Meinung nach reinster japanischer Bockmist war. Willkommen zum Mittagessen nach Stratton-Art!
In diesem Augenblick übte das Paralleluniversum seine volle Kraft auf diesen winzigen Flecken des Planeten Erde aus. Draußen blockierten Dutzende von Sportwagen und Stretchlimousinen den Verkehr und drinnen pflegten junge Strattoniten die Tradition, sich wie ein Rudel ungezähmter Wölfe aufzuführen. Nur an zwei der 40 Tische des Restaurants saßen Nicht-Strattoniten, die wir auch als Zivilisten bezeichneten. Vielleicht waren sie auf der Suche nach einem ruhigen Plätzchen für eine entspannte Mahlzeit aus Versehen auf das Tenjin gestoßen. Auf jeden Fall hatten sie zweifellos keine Ahnung gehabt, welch sonderbares Schicksal sie ereilen sollte. Denn schließlich setzte im Laufe des Essens die Wirkung der Drogen ein. Ja, die Uhr hatte gerade eins geschlagen und einige Strattoniten waren schon drauf. Es war nicht schwer zu erkennen, wer auf Lude war; das waren die, die auf den Tischen standen, sabberten und Frontgeschichten zum Besten gaben. Zum Glück mussten die Vertriebsassistentinnen im Board Room bleiben - um die Telefone zu hüten und Büroarbeiten nachzuholen -, deshalb waren alle noch bekleidet und niemand rammelte auf dem Klo oder unter den Tischen herum.
Ich saß in einer abgetrennten Nische im hinteren Bereich des Restaurants und beobachtete diesen Wahnsinn, während ich so tat, als würde ich dem Gelaber des Klotzkopf-Idioten Kenny Greene lauschen, der wieder einmal den reinsten Bockmist von sich gab. Victor Wang, der verkommene Chinese, nickte mit seinem pandagroßen Kopf zu allem, was sein idiotischer Freund sagte; aber ich war sicher, er wusste, dass Kenny ein Idiot war, und er tat nur so, als wäre er seiner Meinung.
Der Klotzkopf sagte:„... ist exakt der Grund, weshalb du hier so viel Geld verdienst, JB. Ich meine, Victor ist der schlauste Kerl, den ich kenne." Er streckte den Arm aus und klopfte dem verkommenen Chinesen auf den riesigen Rücken. „Nach dir natürlich, aber das versteht sich ja von selbst." Ich setzte ein falsches Lächeln auf und sagte: „Ja, super, Kenny, vielen Dank für das Vertrauensvotum! " Victor lachte leise über die Blödheit seines Freundes und warf mir dann sein widerliches Lächeln zu, bei dem seine Augen so klein wurden, dass sie fast verschwanden.
Aber Kenny hatte noch nie begriffen, was Ironie ist. Daher hatte er meinen Dank wörtlich genommen und strahlte voller Stolz. „Also jedenfalls, so wie ich mir das vorstelle, braucht man nur ein Startkapital von 400.000 oder so, um das Ding auf die Beine zu stellen. Wenn du willst, kannst du mir das in bar geben und ich lasse es über meine Mutter an Victor durchsickern" - seine Mutter? - „dann brauchst du dir keine Sorgen um verdächtige Unterlagen zu machen" - verdächtige Unterlagen? - „denn meine Mutter und Victor haben ein bisschen gemeinsamen Immobilienbesitz und so können sie das rechtfertigen. Dann brauchen wir ein paar wichtige Broker, um die Sache mit anzukurbeln, und vor allen Dingen einen großen Anteil an der nächsten Emission. Ich stelle mir das so vor ..."
Ich hörte nicht mehr zu. Kenny sprach begeistert über seine Listen, aber jedes Wort, das über seinen Lippen kam, war barer Unsinn. Weder Victor noch Kenny wussten vom Vergleichsangebot der SEC. Ich würde es ihnen erst in ein paar Tagen sagen, nämlich erst, wenn sich beide über die fabelhafte Zukunft von Duke Securities schon so die Hosen nass gemacht hatten, dass ihnen Stratton Oakmont quasi entbehrlich erschien. Erst dann wollte ich es ihnen sagen.
Ich schaute
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