Der Wolf der Wall Street: Die Geschichte einer Wall-Street-Ikone (German Edition)
verkommener Irrer! Wenn man Verbrechen begeht, hält man eine gewisse logische Reihenfolge ein, aber die Vergehen, von denen Victor sprach, kamen eigentlich erst am Ende, wenn man schon Geld verdiente, nicht vorher. Ich sagte zu ihm: „Das lässt auch Warnlampen aufleuchten, und die sind genauso rot. Lass mich einen oder zwei Tage darüber nachdenken, dann schlage ich dir einen Weg vor, wie du an das Geld kommst. Vielleicht kann es dir eins von meinen Rattenlöchern leihen. Nicht direkt, sondern über einen Dritten. Ich überlege mir das, mach dir also keine Sorgen."
Victor nickte. „Alles, was du sagst; aber wenn du Zugriff auf meine Auslandskonten willst, musst du's mir nur sagen, okay?" Ich lächelte ein leeres Lächeln und legte meine Schlinge aus: „In Ordnung, in dem Fall sage ich dir Bescheid, aber eigentlich mache ich mir mit so was nicht die Hände schmutzig. Abschließend möchte ich jedenfalls noch darüber sprechen, wie du das Trading-Konto von Duke managen solltest. Es gibt da zwei verschiedene Möglichkeiten: Du kannst auf der Long-Seite oder auf der Short-Seite traden und beide Methoden haben ihre Vor- und Nachteile. Ich will das jetzt nicht ausführlich erklären, nur mal in groben Zügen." Ich lächelte. „Also, wenn du auf der Long-Seite handelst, verdienst du viel mehr Geld als auf der Short-Seite. Mit long' meine ich, dass du große Aktienblöcke im Duke-Depot liegen hast; du kannst den Preis nach oben drücken und damit Gewinn machen. Wenn du short gehst und der Preis steigt, machst du Verlust. Aber im ersten Jahr dürften deine ganzen Aktien kräftig steigen, sodass du massiv long gehen musst, wenn du viel Geld verdienen willst. Ich meine, wenn so richtig die Kasse klingeln soll. Ich leugne nicht, dass man dafür ganz schön was in der Hose haben muss - also ich meine, das kann manchmal ganz schön nervenaufreibend sein -, denn deine Broker werden es nicht immer schaffen, alle Aktien zu kaufen, die du hältst. Deshalb ist dein Geld oft im Bestand gebunden. Aber wenn du genug Mut und vor allem genug Selbstvertrauen hast, das durchzuhalten, dann machst du ein verdammtes Vermögen, wenn die langsame Phase vorbei ist. Kannst du mir folgen, Victor? Das ist keine Strategie für die Schwachen; das ist eine Strategie für die Starken und für Menschen mit Weitblick." Ich zog die Augenbrauen hoch und hob die Hände, wie um zu fragen: „Sind wir uns da einig?"
Und dann wollte ich sehen, ob der Klotzkopf bemerken würde, dass ich Victor gerade den schlechtesten Trading-Ratschlag in der Geschichte der Wall Street gegeben hatte. In Wahrheit war nämlich die Katastrophe vorprogrammiert, wenn man long tradete. Wenn man Aktien im Firmendepot hielt, riskierte man alles. An der Wall Street war Cash der King, und wenn das Trading-Depot in Aktien gebunden war, dann war man verwundbar. Im Grunde war das nicht anders als bei anderen Geschäften auch. Einem Installateur geht auch das Geld aus, wenn sein Bestand zu groß wird, und er kann ja seine Rechnungen - Miete, Telefon, Angestellte - nicht mit Ersatzteilen bezahlen. Nein, in allen Geschäften war das Bargeld König, und ganz besonders in diesem Geschäft, wo der Bestand selbst über Nacht wertlos werden konnte.
Richtig war es, von der Short-Seite her zu traden, damit man immer Geld vorrätig hatte. Es stimmte durchaus, dass man dann bei steigenden Kursen Verlust machte, aber das war so ähnlich wie eine Versicherungsprämie. Ich managte das Trading-Depot von Stratton so, dass im Tagesgeschäft Verluste anfielen, aber dadurch war immer genug Geld vorhanden, damit ich am Emissionstag die Kasse klingeln lassen konnte. Ich machte im Monat eine Million Dollar Verlust mit Short-Trading, aber dank der IPOs machte ich im Monat zehn Millionen Gewinn. Für mich war das so offensichtlich, dass ich mir gar nicht vorstellen konnte, irgendjemand könnte anders traden.
Die Frage war nur, ob das dem Klotzkopf und dem Chinesen auffallen würde - oder ob sich Victors Ego auf den Wahnsinn stürzen würde, long zu traden. Nicht einmal der blitzgescheite Danny hatte dieses Konzept je richtig erfasst - oder vielleicht hatte er es begriffen und war als geborener Risikofreund bereit, für ein paar Millionen extra im Jahr das Wohl der Firma aufs Spiel zu setzen. Das war unmöglich zu sagen.
Danny schaltete sich genau im richtigen Moment ein und sagte zu mir: „Ich muss dir die Wahrheit sagen: Am Anfang war ich immer nervös, weil du so große Long-Positionen hattest, aber
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