Der Wolf der Wall Street: Die Geschichte einer Wall-Street-Ikone (German Edition)
Ausdruck, der Ärger verhieß. Ihre Augen waren etwas weiter offen als sonst und ihre Lippen waren leicht geöffnet. Sie saß auf der Stuhlkante, und sobald sich unsere Augen trafen, stand sie auf und kam direkt auf mich zu. Ich fragte mich, ob sie vielleicht irgendwie Wind davon bekommen hatte, was mit der SEC passierte. Die einzigen Menschen, die davon wussten, waren zwar Danny, Ike und ich, aber die Wall Street ist wirklich ein sehr seltsamer Ort und Nachrichten verbreiten sich dort auffallend schnell. Tatsächlich gab es an der Wall Street den Spruch: „Gute Nachrichten verbreiten sich schnell, aber schlechte Nachrichten verbreiten sich sofort."
Sie presste die Lippen zusammen. „Ich habe einen Anruf von Visual Image bekommen, die sagen, sie müssen sofort mit Ihnen sprechen. Sie sagen, es ist absolut dringend, dass Sie noch heute Nachmittag miteinander sprechen." „Wer zum Teufel ist denn Visual Image? Noch nie gehört!"
„Doch, haben Sie; die haben Ihr Hochzeitsvideo aufgenommen, wissen Sie noch? Sie haben sie nach Anguilla geflogen; es waren zwei, ein Mann und eine Frau. Sie war blond, er braunhaarig. Sie trug ein -" Ich unterbrach Janet: „Ja, ja, jetzt erinnere ich mich. Ich brauche keine ausführliche Beschreibung." Vor Verblüffung über Janets Detailgedächtnis schüttelte ich den Kopf. Wenn ich sie nicht unterbrochen hätte, hätte sie mir erzählt, welche Farbe die Unterhose des Mädchens gehabt hatte. „Und wer hat angerufen, der Typ oder das Mädchen?" „Der Typ. Und er klang aufgeregt. Er sagte, wenn er nicht innerhalb der nächsten fünf Stunden mit Ihnen sprechen kann, könnte es Ärger geben."
Ärger? Was zum Teufel? Das ergab keinen Sinn! Was konnte es denn so Dringendes geben, worüber mein Hochzeitsfilmer mit mir sprechen wollte? Konnte es um ein Ereignis auf meiner Hochzeit gehen? Ich kramte kurz in meinem Gedächtnis ... Nun, das war höchst unwahrscheinlich, obwohl ich von der winzigen Karibikinsel Anguilla eine Verwarnung bekommen hatte. Ich hatte 300 meiner engsten Freunde (Freunde?) zu einem Urlaub auf meine Kosten in eines der besten Hotels der Welt eingeflogen: das Malliouhana. Das hatte mich über eine Million gekostet und der Präsident der Insel teilte mir mit, der einzige Grund, weshalb er nicht alle wegen Drogenbesitzes habe verhaften lassen, bestehe darin, dass ich der Insel so viel Geschäftsumsatz verschafft hatte und dass er deshalb dachte, es sei das Mindeste, ein Auge zuzudrücken. Aber er teilte mir auch noch mit, dass jetzt alle Besucher auf einer schwarzen Liste standen und falls sie je wieder nach Anguilla kommen wollten, sollten sie ihre Drogen am besten zu Hause lassen. Das war aber schon drei Jahre her, also konnte es damit ja nichts zu tun haben - oder doch?
Ich sagte zu Janet: „Holen Sie mir den Mann ans Telefon. Ich nehme den Anruf im Büro an." Ich drehte mich um und wollte schon gehen, da schaute ich über die Schulter und fragte: „Übrigens, wie heißt er denn?" „Steve. Steve Burstein." Ein paar Sekunden später piepte das Telefon auf meinem Schreibtisch. Ich begrüßte Steve Burstein, den Präsidenten von Visual Image, eines kleinen Ladens irgendwo am Südufer von Long Island.
Steve sagte in besorgtem Ton: „Ähm ... ja ... ich weiß nicht recht, wie ich Ihnen das sagen soll ... ich meine ... Sie waren zu mir und meiner Frau wirklich sehr nett. Sie ... haben uns auf Ihrer Hochzeit wie Gäste behandelt. Netter als Sie und Nadine könnte man wirklich nicht sein. Und das war wirklich die schönste Hochzeit, auf der ich je war und -" Ich unterbrach ihn. „Hören Sie zu, Steve, es freut mich ja sehr, dass Ihnen meine Hochzeit gefallen hat, aber ich bin im Moment ziemlich beschäftigt. Sagen Sie mir doch einfach, worum es geht." „Nun ja", antwortete er, „heute waren zwei FBI-Agenten hier und wollten eine Kopie Ihres Hochzeitsvideos haben." Auf einmal wusste ich, dass mein Leben nie mehr so sein würde wie vorher.
Neun Tage nach dem fatalen Anruf von Visual Image saß ich im weltberühmten Rao's Restaurant in East Harlem und diskutierte heftig mit dem legendären Privatdetektiv Richard Bo Dietl, den seine Freunde einfach Bo nannten. Wir saßen zwar an einem Tisch für acht Personen, aber an jenem Abend sollte nur noch einer kommen, nämlich Special Agent Jim Barsini' vom FBI; er war ein lockerer Freund von Bo und würde hoffentlich bald auch ein lockerer Freund von mir sein. Bo hatte dieses Treffen arrangiert und Barsini sollte in 15 Minuten
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