Der Wolf der Wall Street: Die Geschichte einer Wall-Street-Ikone (German Edition)
eintreffen.
Gerade sprach Bo und ich hörte zu, oder treffender gesagt, Bo dozierte und ich hörte Grimassen schneidend zu. Es ging um meinen schlauen Einfall, das FBI abzuhören, was laut Bo eines der absurdesten Dinge war, die er je gehört hatte. Bo sagte gerade:-- und so geht man an solche Sachen einfach nicht heran, Bo." Bo hatte nämlich die schräge Angewohnheit, seine Freunde Bo zu nennen; ich fand das manchmal ziemlich irritierend, vor allem wenn ich auf Lude war. Zum Glück konnte ich ihm an diesem Abend gut folgen, denn ich war nüchtern wie ein Richter; ich fand diesen Zustand angemessen dafür, dass ich einen FBI-Beamten kennenlernen sollte, der hoffentlich mein Freund werden würde - und von dem ich dann Informationen bekommen könnte. Trotzdem hatte ich vier Ludes in der Tasche, die mir im Moment ein Loch in die Hose brannten; und in der Innentasche meiner marineblauen Sportjacke hatte ich einen Eightball [3,5 g] Koks, der höchst verlockend meinen Namen rief. Aber nein, ich war entschlossen, stark zu bleiben - jedenfalls bis Agent Barsini dorthin gegangen war, wo FBI-Agenten nach dem Abendessen so hingingen, also wahrscheinlich nach Hause. Ursprünglich hatte ich mir vorgenommen, nur eine Kleinigkeit zu essen, damit der Rausch besser kam, aber jetzt kitzelte der Duft von geröstetem Knoblauch und selbst gemachter Tomatensoße höchst verführerisch meinen Riechnerv. „Hör zu, Bo", sprach Bo weiter, „in solchen Fällen ist es schwierig, aus dem FBI Informationen herauszuholen. Ich habe allerdings schon ein paar. Aber hör mir erst zu - bevor ich dir irgendwas sage -, du musst hier bestimmte Regeln einhalten, sonst hängst du mit dem Arsch in der Schlinge. Zunächst einmal gehst du nicht hin und bringst in deren beschissenen Büros Wanzen an." Er schüttelte fassungslos den Kopf. In den 15 Minuten, die wir hier saßen, hatte er das schon oft getan. „Zweitens versuchst du nicht, ihre Sekretärinnen zu bestechen - oder sonst jemanden." Damit schüttelte er wieder den Kopf. „Und du folgst nicht ihren Agenten, um irgendwelchen Mist über ihr Privatleben herauszufinden." Diesmal schüttelte er den Kopf ganz schnell und rollte die Augen bis in die Stirn hinein, als hätte er etwas dermaßen Unlogisches gehört, dass er die Wirkung des Gehörten abschütteln musste.
Ich starrte aus dem Eingang des Restaurants hinaus, um Bos intensivem Blick auszuweichen, und dabei blickte ich direkt in den dunklen Bauch von East Harlem und fragte mich, warum sich das beste italienische Restaurant in New York City gerade diesen Sumpf ausgesucht hatte. Aber dann rief ich mir wieder ins Gedächtnis, dass es das Rao's schon seit über 100 Jahren gab, seit Ende des 19. Jahrhun derts, und dass Harlem damals noch ein anderes Viertel war. Die Tatsache, dass Bo und ich allein an einem Tisch für acht Personen saßen, war bemerkenswerter, als sie scheinen mochte - wenn man bedenkt, dass man eine Reservierung im Rao's fünf Jahre im Voraus buchen musste. Aber in Wirklichkeit war es so gut wie unmöglich, eine Reservierung für diesen altmodischen Anachronismus zu bekommen. Alle zwölf Tische „gehörten" einer ausgewählten Handvoll mehr als reicher New Yorker mit guten Verbindungen, quasi wie eine Eigentumswohnung. Äußerlich machte das Rao's nicht viel her. An diesem Abend war das Restaurant unabhängig von der Tatsache weihnachtlich geschmückt, dass wir den 14. Januar hatten. Es würde auch im August noch weihnachtlich geschmückt sein. So war das eben im Rao's; alles erinnerte an eine einfachere Zeit, das Essen wurde familiär serviert und aus der 1950er-Jahre-Musikbox in der Ecke kam italienische Musik. Am späten Abend sang Frank Pellegrino, der Restaurantbesitzer, für seine Gäste; geachtete Männer versammelten sich am Tresen, rauchten Zigarren und begrüßten einander auf Mafia-Art, während die Frauen sie bewundernd anschauten - genau wie in der guten alten Zeit, wann immer die auch war. Und jedes Mal wenn ein Mann auf die Toilette ging, verneigte er sich vor den Frauen - genau wie in der guten alten Zeit, wann immer die auch war. Jeden Abend war die eine Hälfte des Restaurants mit Weltklassesportlern, Kinostars und Industriekapitänen gefüllt und die andere mit echten Gangstern.
Aber der „Besitzer" des Tisches mit den guten Verbindungen war nicht ich, sondern Bo, und wie es sich für die vor Stars strotzende Gästeliste des Restaurants gehörte, war Bo Dietl ein Mann, dessen Stern wirklich aufging. Schon
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