Der Wolf der Wall Street: Die Geschichte einer Wall-Street-Ikone (German Edition)
also alles, was er gesagt hat und was er in Zukunft sagen mag." Ich konnte nicht anders, ich musste einen Blick zu Scott hinüber werfen, der murmelte: „Fick dich, Hanna! "
Mark nahm daran allerdings keinen Anstoß. Er zuckte nur die Schultern, ging auf die andere Seite des Schreibtischs, sodass sich sein massiger Körper zwischen Scott und mir befand, und sagte: „Lass dich von ihm nicht ärgern. Ich habe gehört, du bist ein erstklassiger Verkäufer. In einem Jahr wird dir dieser Idiot die Füße küssen." Ich lächelte und empfand eine Mischung aus Stolz und Verlegenheit. „Wer hat Ihnen denn gesagt, ich sei ein guter Verkäufer?" „Steven Schwartz, der Mann, der dich eingestellt hat. Er sagte, du hättest ihm sogar im Bewerbungsgespräch Aktien aufgeschwatzt." Mark kicherte. „Er war beeindruckt; er sagte mir, ich sollte ein Auge auf dich haben." „Ja, ich war nervös und befürchtete, er würde mich nicht nehmen. Da warteten 20 Leute auf Bewerbungsgespräche und da dachte ich mir, ich mache lieber etwas Drastisches - eben etwas, das Eindruck macht." Ich zuckte mit den Schultern. „Er sagte mir, ich sollte trotzdem ein bisschen herunterfahren." Mark grinste. „Ja, aber fahr nicht zu weit herunter. Hochdruck ist in diesem Geschäft Pflicht. Die Leute kaufen keine Aktien; sie werden ihnen verkauft. Vergiss das nie." Er machte eine Pause, damit sich seine Worte setzen konnten. „Aber in einem hat Herr Großkotz da drüben recht: Verbinden ist zum Kotzen. Ich habe das sieben Monate lang gemacht und ich wollte mich jeden Tag umbringen. Deshalb muss ich dir ein Geheimnis anvertrauen" - er senkte verschwörerisch die Stimme - „du tust nur so, als würdest du verbinden. Du bummelst bei jeder sich bietenden Gelegenheit." Er lächelte und blinzelte und sprach dann wieder nor mal. „Versteh mich nicht falsch; ich will, dass du mir möglichst viele Gespräche vermittelst, denn damit verdiene ich mein Geld. Aber ich will nicht, dass du dir die Finger blutig wählst, ich kann nämlich kein Blut sehen." Er zwinkerte schon wieder. „Mach also viele Pausen. Geh aufs Klo und hol dir einen runter, wenn's sein muss. Ich habe das so gemacht, und das hat Wunder gewirkt. Du wichst doch gern, oder?"
Ich war von dieser Frage etwas entsetzt, aber wie ich noch merken sollte, ist ein Board Room an der Wall Street kein Ort für rein symbolische Scherze. Wörter wie Scheiße, ficken, Bastard und Schwanz waren so normal wie ja und nein und vielleicht und bitte. Ich sagte: „Ja, ich, ähm, wichse gerne. Ich meine, welcher Mann tut das nicht?"
Er nickte, fast schon erleichtert. „Gut, das ist wirklich gut. Das Wichsen ist ganz wichtig. Außerdem empfehle ich die Verwendung von Drogen, insbesondere Kokain, dann kannst du nämlich schneller wählen und das ist gut für mich." Er machte eine Pause, so als würde er nach weiteren weisen Ratschlägen suchen, aber offenbar fiel ihm nichts mehr ein. „So, das war's so ungefähr", sagte er. „Das ist alles, was ich dir jetzt an Wissen vermitteln kann. Du wirst das gut machen, Rekrut! Eines Tages wirst du zurückblicken und darüber lachen, so viel kann ich dir versprechen." Er lächelte noch einmal und setzte sich vor sein Telefon. Im nächsten Augenblick ertönte ein Summer und verkündete, dass die Börse gerade eröffnet hatte. Ich schaute auf meine Timex-Uhr, die ich in der Woche davor für 14 Dollar bei JCPenney gekauft hatte. Es war punkt 9:30 Uhr. Es war der 4. Mai 1987, mein erster Tag an der Wall Street.
Dann ertönte aus dem Lautsprecher die Stimme des Vertriebsleiters von LF Rothschild, Steven Schwartz. „Okay, meine Herrn. Die Futures sehen heute morgen gut aus und es kommen kräftige Käufe aus Tokio herein." Steven war erst 38 Jahre alt, hatte aber im letzten Jahr mehr als zwei Millionen Dollar verdient (noch ein Herr der Welt). „Wir rechnen zur Eröffnung mit einem Sprung von zehn Punkten", fügte er hinzu, „also an die Telefone und Rock'n'Roll!" Sofort brach in dem Raum die Hölle los. Füße flogen von Schreibtischen, Wall StreetJournals wurden in Papierkörbe geworfen, Ärmel wurden bis zum Ellbogen hochgekrempelt und ein Broker nach dem anderen nahm den Telefonhörer und wählte. Ich nahm meinen Hörer und wählte auch.
Nach wenigen Minuten liefen alle hektisch hin und her, gestikulierten wild und brüllten in ihre schwarzen Telefone; das war ein Riesengetöse. Das war das erste Mal, dass ich das Tosen eines WallStreet-Board-Rooms hörte, und es klang
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