Der Wolf der Wall Street: Die Geschichte einer Wall-Street-Ikone (German Edition)
für sich wäre; das ist das buchstäbliche Gegenteil davon, dass man sich in seiner Haut wohlfühlt. Ich glaube, als wir uns das erste Mal begegnet sind, war ich mitten in so einem Anfall - auch wenn er in diesem Fall von ein paar Gramm Koks verursacht war und deshalb nicht wirklich zählt. Weißt du noch?" Patricia nickte und lächelte warm. Ihr Gesichtsausdruck war kein Quäntchen verurteilend.
Ich machte weiter: „Naja, abgesehen davon konnte ich meinen Verstand nie daran hindern weiterzurasen, schon als ich klein war nicht. In jungen Jahren litt ich unter schrecklicher Schlaflosigkeit - und das habe ich heute noch. Nur dass es jetzt noch schlimmer ist. Ich blieb die ganze Nacht wach, horchte auf den Atem meines Bruders und schaute zu, wie er schlief wie ein Baby. Unsere Wohnung war sehr klein und wir teilten uns ein Zimmer. Ich liebte ihn mehr, als du dir vielleicht vorstellen kannst. Ich habe sehr gute Erinnerungen an damals. Und jetzt sprechen wir nicht einmal mehr miteinander. Noch ein Opfer meines sogenannten Erfolgs. Aber das ist eine andere Geschichte.
Jedenfalls fürchtete ich mich davor, dass es Nacht wurde ... ich hatte regelrecht Angst, denn ich wusste, dass ich nicht einschlafen konnte. Ich blieb die ganze Nacht wach und starrte auf den Digitalwecker neben meinem Bett; ich multiplizierte die Minuten mit den Stunden, vor allem aus Langeweile, aber auch weil mein Geist mich zu Aufgaben zwang, die sich ständig wiederholten. Mit sechs konnte ich im Kopf schneller vierstellig malnehmen als mit dem Taschenrechner. Das ist kein Witz, Patricia, das kann ich heute noch. Aber meine Freunde konnten damals noch nicht einmal lesen! Das war allerdings kaum ein Trost. Wenn es Zeit wurde, ins Bett zu gehen, weinte ich wie ein Baby. So große Angst hatte ich vor meinen Panikattacken. Mein Vater ging mit ins Zimmer, legte sich mit mir hin und versuchte, mich zu beruhigen. Meine Mutter auch. Aber sie arbeiteten beide und konnten nicht die ganze Nacht mit mir aufbleiben. Also war ich irgendwann allein mit meinen Gedanken. Die Panik vor der Schlafenszeit verging mit den Jahren, aber ganz verlassen hat sie mich nie. Wenn ich den Kopf auf das Kissen lege, sucht sie mich immer noch in Form von Schlaflosigkeit heim - von schrecklicher, schrecklicher Schlaflosigkeit. Ich verbringe mein ganzes Leben damit, ein Loch zu füllen, das ich scheinbar nicht füllen kann, Patricia. Und je mehr ich mich anstrenge, um so größer scheint es zu werden. Ich habe mehr Zeit damit verbracht ..."
Und dann rollten mir die Worte nur so von der Zunge; ich fing an, das Gift auszuspucken, das mir die Eingeweide zerriss, seit ich den ken konnte. Vielleicht kämpfte ich an jenem Tag darum, mein Leben zu retten; wenn nicht mein Leben, dann wenigstens meine geistige Gesundheit. Rückblickend muss ich sagen, dass dieser Ort so gut wie jeder andere war, um seine Seele bloßzulegen, besonders für einen Mann wie mich. Schließlich gab es in Großbritannien keinen Wolf der Wall Street und kein Stratton Oakmont; beide waren einen Ozean weit entfernt. Es gab nur Jordan Belfort, ein verschrecktes kleines Kind, das sich weit bis über den Kopf in den Schlamassel gebracht hatte und dessen Erfolg zum Werkzeug seiner eigenen Vernichtung wurde. Ich stellte mir bloß die Frage, ob ich mich selbst umbringen würde - auf eigene Rechnung - oder ob mich die Behörden kriegen würden, bevor ich die Chance dazu hatte.
Als mich Patricia dazu gebracht hatte anzufangen, konnte ich nicht mehr aufhören. Jedes menschliche Wesen ist von dem unwiderstehlichen Drang besessen, seine Sünden zu bekennen. Darauf wurden ganze Religionen aufgebaut. Und es wurden Königreiche mit dem Versprechen erobert, dass hinterher alle Sünden vergeben werden.
Ich beichtete volle zwei Stunden lang. Ich versuchte verzweifelt, mich von der bitteren Galle zu befreien, die meinen Körper und meinen Geist zugrunde richtete, die mich dazu trieb, Dinge zu tun, von denen ich wusste, dass sie falsch sind, und wissentlich so zu handeln, dass es letztlich zu meiner eigenen Vernichtung führen würde.
Ich erzählte ihr meine Lebensgeschichte - von der Frustration, die ich empfand, weil ich in Armut aufwuchs. Ich erzählte ihr vom Wahnsinn meines Vaters und dass ich es meiner Mutter übel nahm, dass sie es nicht geschafft hatte, mich vor seinem heftigen Temperament zu bewahren. Ich sagte ihr, dass ich wusste, dass meine Mutter ihr Bestes getan hatte, aber dass ich diese Erinnerungen immer noch mit
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