Der Wolf der Wall Street: Die Geschichte einer Wall-Street-Ikone (German Edition)
haben. Sein Spitzname war,Flying Bedstand' [fliegender Nachttisch]." Sie lächelte traurig.
Ich streckte meinen Arm auf der Lehne der Bank aus und legte Patricia sanft die Hand auf die Schulter. Etwas munterer sagte Patricia: „Auf jeden Fall, was ich sagen wollte, mein Lieber, Teddy war ein Mann, der von Pflichtgefühl getrieben war, vielleicht zu sehr getrieben. Am Ende wurde ihm das zum Verhängnis. Je höher er stieg, desto unzufriedener wurde er mit seiner Lebenssituation. Verstehst du, was ich sagen will, mein Lieber?" Ich nickte langsam. Der Vergleich war nicht perfekt, aber ich nahm an, sie sprach davon, wie gefährlich es ist, wenn man einer vorgefassten Vorstellung von Erfolg nachjagt. Sie und Teddy waren geschieden.
Patricia machte weiter: „Manchmal frage ich mich, ob du dich von dem Geld nicht überwältigen lässt. Ich weiß, dass du Geld benutzt, um Menschen zu beherrschen, und daran ist nichts Schlechtes. Das ist eben der Lauf der Welt und es macht dich nicht zu einem schlechten Menschen, wenn du versuchst, die Dinge zu deinen Gunsten zu lenken. Aber ich habe die Befürchtung, du könntest zulassen, dass das Geld dich beherrscht - und das ist nicht in Ordnung. Geld ist das Werkzeug, mein Kind, nicht der Maurer; es hilft dir, Bekannte zu finden, aber keine echten Freunde; du kannst dir damit ein bequemes Leben kaufen, aber kein friedliches Leben. Du weißt selbstverständlich, dass ich dich nicht verurteile. Das ist das Letzte, was ich tun würde. Niemand von uns ist vollkommen und wir werden alle von unseren Dämonen getrieben. Gott weiß, dass das bei mir genauso ist. Aber um auf den Streich zurückzukommen, den du da ausgeheckt hast - du sollst wissen, dass ich dabei bin! Ich finde die ganze Sache eher aufregend, muss ich sagen. Ich fühle mich wie eine Figur in einem Roman von Ian Fleming. Diese Bankgeschäfte im Ausland sind eine ziemlich gewagte Sache. Und wenn man erst einmal in meinem Alter ist, halten einen gewagte Sachen doch jung, oder?"
Ich lächelte und ließ ein leises Lachen hören. „Das nehme ich auch an, Patricia. Aber was das Wagnis angeht, sage ich noch einmal: Es besteht immer eine kleine Chance, dass es Ärger gibt, und dann wird das Wagnis ein bisschen gewagter, als es dem alten Fleming wohl lieb gewesen wäre. Und das findet dann nicht in einem Roman statt. Dann steht Scotland Yard mit einem Durchsuchungsbefehl vor deiner Tür." Ich schaute ihr direkt in die Augen und sagte in einem Ton, der größten Ernst verriet: „Aber wenn es je so weit kommen sollte, Patricia - und das schwöre ich dir -, bin ich in zwei Sekunden da und sage, dass du keine Ahnung hattest, was da vor sich geht. Ich sage, dass ich dir gesagt habe, du sollst zu der Bank gehen und ihr deinen Ausweis geben, und dass ich dir versprochen habe, daran sei nichts Unrechtes." Als ich diese Worte sprach, war ich von ihrer Wahrheit überzeugt. Und schließlich konnte kein Regulierer auf der Welt glauben, dass sich diese harmlose ältere Dame an einem internationalen Geldwäschekomplott beteiligte. Das war unvorstellbar.
Patricia antwortete lächelnd: „Ich weiß, mein Lieber. Außerdem wäre es schön, wenn ich meine Enkel ein bisschen verwöhnen könnte. Vielleicht würden sie sich dann sogar verpflichtet fühlen, mich im Gefängnis zu besuchen - nachdem mich die Bobbies wegen internationalen Bankenbetrugs eingesperrt haben, stimmt's, mein Lieber?" Mit diesen Worten beugte sich Patricia nach vorn und lachte heiser.
Ich lachte mit, aber innerlich starb ich. Über gewisse Dinge macht man keine Witze; das bringt Unglück. Es war, als würde ich dem Schicksalsgott ins Gesicht pinkeln. Wenn man das lange genug machte, würde er einen mit Sicherheit auch anpinkeln. Und das wäre dann wie der Strahl aus einem beschissenen Feuerwehrschlauch. Aber woher sollte Tante Patricia das auch wissen? Sie hatte noch nie in ihrem Leben das Gesetz gebrochen - bis sie den Wolf der Wall Street traf. War ich wirklich so ein schrecklicher Mensch, dass ich eine 65-jährige Oma im Namen der glaubhaften Bestreitbarkeit korrumpierte? Nun, diese Medaille hatte zwei Seiten. Auf der einen Seite war die Sache eindeutig kriminell - ich korrumpierte eine Oma; ich setzte sie einem Lebensstil aus, den sie nie gebraucht oder gewollt hatte; ich setzte ihre Freiheit aufs Spiel; ich setzte ihren Ruf aufs Spiel; vielleicht verursachte ich sogar einen Schlaganfall oder andere stressbedingte Störungen, wenn die Sache irgendwann schiefging.
Aber
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