Der Wolf der Wall Street: Die Geschichte einer Wall-Street-Ikone (German Edition)
mich zu orientieren. Vor uns sah ich die rotweiß gestreiften Schornsteine der reichen jüdischen Vorstadt Roslyn. Die Schornsteine waren der sichtbare Hinweis, dass ich mich dem Herzen der Gold Coast von Long Island näherte, und dort liegt Old Brookville. An der Gold Coast lebt es sich sehr schön, vor allem wenn man blaublütige WASPs [White Anglo-Saxon Protestants - weiße Protestanten britischer Abstammung] und überteuerte Pferde mag. Ich persönlich mag beides überhaupt nicht, aber irgendwie hatte ich irgendwann selbst einen Haufen überteuerter Pferde und verkehrte mit einem Haufen blaublütiger WASPs, die mich vermutlich als junge jüdische Zirkusattraktion betrachteten. Ich schaute auf den Höhenmesser. Er stand auf 300 Fuß, steil fallend. Ich streckte den Hals wie ein Preisboxer, wenn er den Ring betritt, und begann den Landeanflug mit einem 30-Grad-Winkel über die Fairways des Brookville Country Club hinweg, dann ließ ich den Knüppel nach rechts ziehen und überflog die üppigen Baumwipfel auf beiden Seiten der Hegemans Lane; dann ging ich endgültig in Richtung der Einfahrt im hinteren Bereich meines Anwesens runter.
Mithilfe der Pedale brachte ich den Hubschrauber etwa sieben Meter über der Erde ruhig zum Schweben und versuchte dann zu landen. Ein bisschen korrigieren mit dem linken Fuß, ein bisschen mit dem rechten Fuß, die kollektive Rotorneigung verringern, ein leichter Druck nach hinten, und plötzlich krachte der Hubschrauber auf den Boden und stieg wieder auf.
„Ach Mist", murmelte ich im Aufsteigen. Panisch drückte ich den Kollektivhebel nach unten und der Hubschrauber sank wie ein Stein. Und dann ganz plötzlich - BUM! - setzten wir mit einem enorm lauten dumpfen Knall auf. Ich schüttelte verblüfft den Kopf. Ein unglaublicher Adrenalinstoß! Die Landung war nicht perfekt, aber wen kümmerte das? Ich drehte mich zu meinem geliebten Captain um und nuschelte stolz: „Bin ich gut, Kumpel, oder bin ich gut!"
Captain Marc legte seinen viereckigen Kopf auf die Seite und zog seine viereckigen Augenbrauen hoch in die viereckige Stirn, als wollte er sagen: „Du hast sie wohl nicht mehr alle!" Aber dann nickte er langsam und sein Gesicht verzog sich zu einem Lächeln: „Du bist gut, Kumpel. Das muss ich zugeben. Hast du das linke Auge zugekniffen?" Ich nickte. „Hat Wunner gewirkt", murmelte ich. „Du bisser Beste." „Gut. Freut mich, dass du das so siehst." Er kicherte leise. „Auf jeden Fall muss ich schnell abhauen, bevor wir Ärger kriegen. Soll ich im Wachhaus Bescheid sagen, dass sie dich holen?" „Nein, mir geht's gut, Kumpel. Geht's gut." Damit löste ich meinen Sicherheitsgurt, salutierte Captain Marc im Spaß, öffnete die Tür der Kanzel und kletterte hinaus. Dann wirbelte ich herum, schloss die Tür und klopfte zweimal ans Fenster, um ihn wissen zu lassen, dass ich noch zurechnungsfähig genug war, die Tür zu schließen; es gab mir ein sehr befriedigendes Gefühl, dass ich in meinem Zustand noch so vernünftig war. Dann wirbelte ich wieder zurück und ging in Richtung Haupthaus, direkt in das Auge von Hurrikan Nadine.
Es war prachtvoll im Freien. Der Himmel war mit unzähligen funkelnden Sternen übersät. Für Dezember war es außergewöhnlich warm. Kein Windhauch regte sich und das gab der Luft diesen erdigen, holzigen Duft, der einen an die Kindheit erinnert. Ich dachte an Sommernächte im Zeltlager. Ich dachte an meinen großen Bruder Robert, mit dem ich kürzlich den Kontakt verloren hatte, nachdem seine Frau gedroht hatte, eines meiner Unternehmen wegen sexueller Belästigung zu verklagen; an diesem Punkt war ich mit ihm essen gegangen, wurde zu stoned und bezeichnete seine Frau als Arschloch. Trotzdem waren es gute Erinnerungen, Erinnerungen an eine einfachere Zeit. Bis zum Haupthaus waren es ungefähr 200 Meter. Ich nahm einen tiefen Atemzug und genoss den Geruch meines Grundstücks. Wie gut es duftete! Das viele Bermudagras! Der prickelnde Geruch von Kiefern! Und so viele sanfte Geräusche! Das unaufhörliche Zirpen der Grillen! Der geheimnisvolle Eulenschrei! Das Plätschern der lächerlichen Teichanlage mit Wasserfall weiter oben! Ich hatte das Anwesen von Dick Grasso, dem Vorsitzenden der New York Stock Exchange, gekauft, der eine verblüffende Ähnlichkeit mit dem Hühnerbaron Frank Perdue hatte. Dann hatte ich ein paar Millionen in diverse Verbesserungen gesteckt - das meiste davon war für diese lächerliche Teichanlage mit Wasserfall draufgegangen und
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