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Der Wolkenkratzerthron (German Edition)

Der Wolkenkratzerthron (German Edition)

Titel: Der Wolkenkratzerthron (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Pollock
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Pranken. An den Kuppen sitzen Schraubenschlüssel, Schlaghämmer und Metallscheren, mit denen sie rasch und geschickt die Gelenkstücke neu zusammensetzen. Beine, Hüften und Schultern entstehen, auf denen halb wiederhergestellte Schädel sitzen.
    Die gefallenen Wölfe schütteln sich, dann erheben sie sich knurrend vom Asphalt, während unsere Toten als Splitter und Staub am Boden bleiben.
    Ein wiedererstandener Wolf bäumt sich vor mir auf und wirft noch leicht benommen den Kopf hin und her. Ich springe an seine Schulter, stoße mich ab und zerschmettere einem Abrichter die Kniescheibe. Er fällt, doch seine Artgenossen machen sich schon daran, ihn wieder aufzubauen. Das hier ist Metall-Medizin, und wir haben keine Antwort darauf.
    » EZECHIEL !«, gelingt es mir noch zu brüllen, ehe das Untier, das ich eben noch als Sprungbrett benutzt habe, mir einen Hieb in den Magen versetzt. » WO BIST DU ?«
    Luft strömte über Beths Haut, aufgewirbelt von wuchtigen Schwingen. Überall längs des Flussufers legten Hände sich klatschend auf die steinerne Böschung, Wassertropfen glitzerten auf den Fingern. In allen erdenklichen Formen, gewandet in Kleider aus einem Dutzend Jahrhunderten, zogen Steinfiguren sich ruckweise ins Blickfeld.
    Sie hatten sich langsam, mühsam bis hierher geschleppt; der Schlamm vom Flussgrund klebte noch an ihren Füßen. Doch nun versammelte sich ein Regiment von Statuen auf dem Embankment. Durch die Risse und Spalten, die der Lauf der Zeit und die Elemente in ihre starren Hüllen gefressen hatten, erkannte Beth entblößte Zahnreihen und zuckende Hälse, die nach Luft schnappten.
    Die Bordsteinpriester schienen sich mit aller Macht auf etwas zu konzentrieren.
    Bei einem von ihnen warf Beth einen Blick durch die Sehschlitze. Er hatte die Augen vor Anstrengung weit aufgerissen.
    Dann, urplötzlich, waren die Priester verschwunden.
    Was zum – ? Wo – ?
    Ein gellendes Scheppern antwortete ihr. Auf der anderen Seite der Straße war ein Gerüstriese in die Knie gegangen, gepackt von einer nackten Bronzefigur und einem Steingelehrten. Die Hände der beiden schwirrten, zerfetzten Stahl wie Papier, und Beth keuchte auf, als die schmale Bronzefrau mit einem Ruck ihrer Hüften dem Riesen seinen metallenen Kopf von den Schultern riss.
    Die beiden Statuen verschwanden erneut und tauchten neben dem nächsten Abrichter wieder auf, um dessen Knie zu zertrümmern.
    Eine verrückte Hoffnung überkam Beth wie ein Wärmeschauer.
    Wieso sieht man nie, wie ’ne Statue sich bewegt? , dachte sie staunend. Weil sie zu langsam sind oder im Gegenteil viel, viel zu schnell?
    Das Flussufer war ein Schlachtfeld. Die Bordsteinpriester flackerten, verschwanden und rematerialisierten sich auf den Körpern ihrer Feinde, und mit ihrem schieren Gewicht zerrten sie die Stahlmonster zu Boden. Die Luft zitterte, angefüllt mit keuchenden, schreienden, betenden Stimmen.
    Die Priester erlitten Verluste. Echtes Blut sickerte aus ihren Wunden, schwarz und klebrig durch den Mangel an Wasser. Beth blickte auf das Kampfgetümmel, eine ängstliche Zuversicht brannte ihr in der Kehle. Sie wagte zu hoffen, dass die Bordsteinpriester das Blatt wenden könnten.
    Es klappt nicht. Die Priester schaffen es nicht, das Blatt zu wenden.
    Während ich kämpfe, sehe ich das Gemetzel nur ab und zu aus dem Augenwinkel; den armen Steinhäuten geht die Kraft aus, sie werden langsamer, wie Aufziehspielzeuge, deren Räderwerk ausläuft, und überall auf der Straße strecken die Wölfe sie nieder. Statuen liegen verstreut auf dem Schlachtfeld wie enge Grabkammern.
    Vielleicht ein Viertel des Rudels ist übrig, dazu ein versprengtes Häufchen von Abrichtern. Das wird reichen: Ihre geschickten Finger sind schon dabei, die Gerüststangen der Wölfe neu zusammenzusetzen.
    Wo ist Beth? Ich kann Beth nirgendwo sehen.
    Mein Speer scheint mir schwerer als sonst, und erst da merke ich, dass an meinem rechten Arm eine üble Fleischwunde klafft. Ein greller Schmerz jagt durch meine Schulter, fast so, als hätte er darauf gewartet, dass ich die Verletzung bemerke, damit er losstürmen und mich überraschen kann. Die Straßen beben unter den Schritten der Stahlriesen.
    Schon kreisen die Wölfe uns ein. Unbändige Furcht verätzt meinen Magen. Es bleibt jetzt nur noch eins zu tun.
    »Zieht euch zurück«, schreie ich, »zieht euch zurück zum Fluss!«
    Für den Bruchteil einer Sekunde starrt Glas mich an. Dann nickt er und bringt sich in die Form eines riesigen

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