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Der Wolkenpavillon

Der Wolkenpavillon

Titel: Der Wolkenpavillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Joh Rowland
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tausendmal der sōsakan-sama des Shōgun seid!«
    Die Ermittler halfen Hirata hoch und zogen ihn von der Leiche des Jungen weg. »Kommt, Hirata -san«, sagte Inoue. »Lasst uns gehen.«
    Als die Ermittler ihn vom Hof führten, erkannte Hirata, dass seine Probleme viel größer waren als zuvor. Und genau das hatte sein Feind beabsichtigt.

30.

    Unweit der Ryōgoku-Brücke, am Ufer des Flusses Sumida, befand sich das größte Vergnügungsviertel der Stadt. Hier wurde den Besuchern vielerlei Zerstreuung geboten: Es gab Theater- und Musikaufführungen, Monstrositätenkabinette und Tierschauen. An Verkaufsständen wurden Nudeln, Reisklöße und Süßigkeiten angeboten. Die Erwachsenen stellten sich unter und warteten, dass der Regen aufhörte, während die Kinder, ungeachtet des Wetters, fröhlich herumtollten. Jugendliche, die in dem Viertel arbeiteten, eilten durch die Straßen, um Botengänge zu erledigen. Die Söhne und Töchter von Kaufleuten, Bettlern und Samurai drängten sich, allen Standesunterschieden zum Trotz, um einen Artisten, der mit Regenschirmen jonglierte.
    Masahiro, der die Kleidung des Gärtnergehilfen trug, verschmolz mit der Menge der Kinder.
    Er war aufgeregt. Noch nie war er allein hier gewesen. Gern hätte er an einer der Pfeil-Schießbuden sein Glück versucht, aber er musste Yanagisawa und Yoritomo im Auge behalten.
    Die beiden standen neben dem Theater eines Geschichtenerzählers, an dessen Wänden Schilder hingen, auf denen zu lesen stand, welche Geschichten heute vorgetragen wurden. An der Wand neben dem Eingang waren Haken befestigt, an denen die Besucher ihre Schuhe aufhängen konnten. Am Kassenhäuschen vor dem Eingang hatte sich eine Warteschlange gebildet.
    Masahiro war froh, dass Yanagisawa und Yoritomo sich vom Palast aus zu Fuß hierher begeben hatten, sonst hätte er mit den beiden nicht Schritt halten können. Beide waren zur Tarnung gekleidet wie Soldaten ihrer eigenen Truppen; trotzdem hatte Masahiro sie erkannt und sich auf ihre Fährte gesetzt. Das war nicht das Problem.
    Das Problem war Toda Ikkyu, der sich irgendwo in der Nähe aufhielt, und Masahiro legte keinen Wert darauf, schon wieder von ihm erwischt zu werden. Deshalb war er Yanagisawa und Yoritomo in weitem Abstand gefolgt und hatte dabei ständig nach dem Spion Ausschau gehalten, um ihm notfalls aus dem Weg gehen zu können. Doch bis jetzt hatte Masahiro noch keine Spur von Toda entdeckt. Und er hatte das seltsame Gefühl, er würde den Meisterspion selbst dann nicht erkennen, wenn er ihm Auge in Auge gegenüberstand. Masahiro konnte sich jetzt schon nicht mehr erinnern, wie Toda eigentlich aussah.
    Eine Sänfte tauchte auf. Es waren dieselben Träger, erkannte Masahiro, die damals die drei Damen zu dem Treffen am Flussufer gebracht hatten. Masahiro schlich sich näher an Yanagisawa und Yoritomo heran und wartete gespannt, was geschehen würde.
    *

    Yanagisawa und Yoritomo beobachteten, wie die Träger die Sänfte vor dem Theater des Geschichtenerzählers absetzten. Yanagisawa sah die angespannte Miene seines Sohnes. »Mach nicht so ein trauriges Gesicht«, sagte er aufmunternd. »Gleich bist du verlobt.«
    »Das ist es ja gerade«, gab Yoritomo zurück.
    Setsu stieg aus der Sänfte. Sie war allein. In diesem Augenblick wusste Yanagisawa, dass etwas nicht stimmte. Setsu tat so, als würde sie ihn gar nicht sehen, als sie und einer der Träger zum Kassenhäuschen gingen. Der Träger bezahlte das Eintrittsgeld, und Setsu verschwand im Theater des Geschichtenerzählers.
    »Warte hier«, sagte Yanagisawa zu seinem Sohn, dann eilte er hinter Setsu her.
    *

    Masahiro wusste nicht, was er tun sollte. Er musste unbedingt wissen, was Yanagisawa und die Frau einander zu sagen hatten. Aber wenn er den beiden nachschlich, lief er möglicherweise Toda in die Arme. Und dann?
    Eine Bauersfamilie mit fünf Kindern kam an das Kassenhäuschen. Rasch schloss Masahiro sich den Leuten an, in der Hoffnung, dass es so aussah, als gehörte er zu ihnen. Aus dem Geldbeutel, den Masahiro an einer Kordel um die Taille trug, fischte er eine Münze. Samurai hatten normalerweise nie Geld dabei - sie betrachteten es als unter ihrer Würde -, doch nachdem Masahiro vor zwei Jahren entführt worden war, trug er stets einen Notgroschen bei sich.
    Ein Mann drängte sich vor den Bauern und dessen Familie. In Masahiro stieg Wut auf, doch er sagte nichts; er durfte keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Der Mann trug einen modischen Hut und bunte,

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