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Der Wolkenpavillon

Der Wolkenpavillon

Titel: Der Wolkenpavillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Joh Rowland
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Hirata lauschte angespannt. Seine Nasenflügel blähten sich, als er die Witterung des Unbekannten aufzunehmen versuchte. Er schwor sich, seinen Gegner diesmal aufzuspüren und ihn zu zwingen, sich zum Kampf zu stellen.
    Hirata bemerkte, dass das Pulsieren aus dem Hinterzimmer des Teehauses kam. Er zog sein Schwert und näherte sich dem von einem Vorhang verdeckten Eingang.
    »Was tut Ihr da?«, fragte Ogita verwirrt.
    »Hirata -san ?«, fragte Ermittler Arai, nicht weniger verdutzt.
    Hirata beachtete die beiden nicht. Er riss den Vorhang zur Seite. Dahinter befand sich ein großer Raum für Festlichkeiten. Zwei Hausmädchen rollten tatami -Matten auf dem Fußboden aus. Das Pulsieren hielt an, zog Hirata zu einer weiteren Tür. Ogita und die beiden Ermittler folgten ihm.
    »Stimmt etwas nicht, Hirata -san ?«, fragte Ermittler Inoue.
    Hirata gebot ihm mit einer raschen Geste, zu schweigen. Dann spähte er durch den zweiten Vorhang in das angrenzende Zimmer, einen großen, matt beleuchteten Lagerraum, in dem mehrere Reihen aufeinandergestapelte Sakefässer standen. Drei Diener luden weitere Fässer von einem Handkarren. Vorsichtig betrat Hirata den Lagerraum, langsam einen Fuß vor den anderen setzend. Aus einer fernen, fremden Dimension drang Heulen und Kreischen an seine Ohren.
    Unvermittelt schoss hinter einer Reihe aufgestapelter Fässer eine grelle Flamme reiner Energie empor. Mit einem gewaltigen Satz sprang Hirata über die Fässer hinweg, während die drei Diener entsetzt aufschrien und in Deckung gingen.
    »Habt Ihr den Verstand verloren?«, rief Ogita.
    Hirata hieb mit dem Schwert nach der Stelle, an der sich der unsichtbare Feind befinden musste, aber da war niemand. Die Schwertklinge traf eines der Fässer, sodass der Sake umherspritzte. Hirata fuhr herum, als er spürte, dass jemand hinter ihm stand. Wieder schlug er mit dem Schwert zu. Weitere Fässer zersprangen, doch es war niemand zu sehen.
    »Steht doch nicht einfach so da!«, rief Ogita den beiden Ermittlern zu. »Haltet ihn auf, bevor er mein Teehaus zertrümmert!«
    Inoue und Arai packten Hirata, doch der stieß die beiden weg. Dann griff er wieder seinen unsichtbaren Feind an, hieb und stach in die Luft. Mit einem Mal verschwand die fremdartige Macht aus dem Lagerraum und bewegte sich zum Hinterausgang des Teehauses, der in einen Hof führte, auf dem mehrere feuersichere Lagerschuppen mit Dächern aus Eisen standen. Das helle Tageslicht, das die weiß verputzten Wände zurückwarfen, blendete Hirata. Für einen Augenblick orientierungslos, taumelte er der pulsierenden Kraft hinterher, einen Pfad entlang, zwischen den Schuppen hindurch.
    Am Ende dieses Weges stand eine dunkle Gestalt mit erhobenem Schwert. Der Fluchtweg war ihr durch einen Bambuszaun abgeschnitten.
    Heiße Wut und Blutdurst erfassten Hirata. Er stürmte vor, schwang sein Schwert mit aller Kraft.
    Die Klinge schnitt durch Fleisch, Sehnen und Knochen. Ein grauenhafter Schmerzensschrei gellte, und das Pulsieren endete jäh. Der rasende Zorn fiel von Hirata ab. Schwer atmend ließ er das Schwert sinken und blickte triumphierend auf den Mann hinunter, den er getötet hatte.
    Vor ihm lag der zusammengekrümmte Körper eines vielleicht dreizehnjährigen Jungen aus Ogitas Dienerschaft. Sein Rumpf war von oben bis unten aufgeschlitzt, sodass die Eingeweide hervorquollen. Er lag in einer Pfütze aus seinem eigenen Blut. Neben ihm lag der Besen, den er hatte fallen lassen. Auf dem kindlichen, erstarrten Gesicht des Jungen lag ein Ausdruck nackten Entsetzens.
    Ogita und die Ermittler eilten zu Hirata und starrten fassungslos auf das blutige Gemetzel. »Ihr habt meinen Diener getötet!«, rief Ogita.
    Zu spät hatte Hirata erkannt, dass es nicht der unsichtbare Feind gewesen war, den er in die Enge getrieben hatte. Er hatte einen Unschuldigen getötet. Das erhobene Schwert, das Hirata zu sehen geglaubt hatte, war nur der Besen des Jungen gewesen.
    »Nein!«, rief Hirata verzweifelt, fiel neben dem Jungen auf die Knie, tätschelte ihm die Wangen und rieb ihm die blutverschmierten, kalten Hände in dem sinnlosen Versuch, ihn ins Leben zurückzuholen. Aber das vermochte nicht einmal der größte Könner auf dem Gebiet der mystischen Kampfkunst.
    Unvermittelt spürte Hirata wieder die Energie seines unsichtbaren Feindes. Sie wurde schwächer, und das Pulsieren verschwand in der Ferne, als wollte es ihn verspotten.
    »Dafür werdet Ihr bezahlen!«, stieß Ogita wütend hervor. »Und wenn Ihr

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