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Der Wolkenpavillon

Der Wolkenpavillon

Titel: Der Wolkenpavillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Joh Rowland
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sodass Joju reichlich Zeit hatte, in der Vorgeschichte seiner Kunden herumzuschnüffeln. Andererseits hatte Sano bei einer Gelegenheit wirklich und wahrhaftig mit einem Geist gesprochen. Er wusste, dass die Toten redeten.
    »Die Kinder sagen, Ihr wärt ihr Vater«, sagte Joju nun zu dem Geldverleiher. »Sie sagen, jedes Mal wenn Ihr Emiko geschwängert habt, hättet Ihr sie zu einem Abtreiber geschickt, der sie aus Emikos Leib herausgeschnitten hat. Die Kinder sagen, sie hätten schrecklich gelitten und dass Emiko bei dem Eingriff gestorben sei.«
    Noch während die Familienangehörigen nach Luft schnappten, zuckte eine weitere grellrote Flamme über dem Podest auf, diesmal begleitet von einer gedämpften Explosion. Im Schein der Flamme erschien das Bild zweier Föten. Ihre Augen waren mit Lotosblättern bedeckt, und von ihren winzigen Körpern tropfte Blut. Die Frauen im Publikum schrien auf, während Fukida und Marume wilde Flüche ausstießen. Sano erschauerte bei dem Anblick.
    Dann erlosch das Licht, und das grässliche Bild verschwand.
    »Stimmt das?«, fragte Joju den Geldverleiher. »Habt Ihr Emiko geschwängert und ihr dann befohlen, die Kinder abtreiben zu lassen?«
    »Ja«, sagte der Geldverleiher, schluchzend vor Entsetzen und Scham. »Ich gebe es zu. Ich wollte kein schwangeres Hausmädchen um mich haben ... meine Frau wäre eifersüchtig geworden. Ich wollte die Kinder nicht. Ich wusste nicht, was ich tun sollte!«
    Seine Geschichte war alles andere als außergewöhnlich. Liebespaare gaben sich der fleischlichen Lust hin und zeugten häufig unerwünschten Nachwuchs; Eheleute zeugten Kinder, die sie sich nicht leisten konnten; Prostituierte wurden von Freiern geschwängert. Dies alles führte dazu, dass die Abtreiber in Edo sich über Mangel an Arbeit nicht beklagen konnten. Die Regierung untersagte ihnen zwar, Werbung für sich selbst zu machen - etwa, indem sie Schilder aufhängten -, stellte ihr Tun aber nicht unter Strafe, denn die Zahl der heimatlosen Waisen war ein riesiges Problem.
    Mit Schaudern dachte Sano an Chiyo und Fumiko. Was, wenn der Vergewaltiger sie geschwängert hatte? Sano konnte nur hoffen, dass sie nicht in die Situation kamen, das Kind jenes Mannes austragen zu müssen, der sie vergewaltigt hatte.
    »Die Seelen Eurer ungeborenen Kinder sind zwischen der Welt der Lebenden und der Welt der Toten gefangen«, verkündete Joju. »Sie sind in den Körper Eurer Frau eingedrungen. Mittlerweile ist sie vom Kummer und von der Einsamkeit der Geister so geschwächt, dass sie sterben könnte.«
    »Nein!«, rief der Geldverleiher verzweifelt. »Rettet sie! Ich flehe Euch an!«
    Joju hob die Hände und bewegte die Finger so, als würde er nach einem unsichtbaren Gegenstand in der Luft greifen. Ein Ausdruck der Besorgnis erschien auf seinem schön geschnittenen Gesicht. »Ich spüre die Anwesenheit eines anderen Geistes.«
    Ein Geräusch wie von gewaltigen Schwingen rauschte über die Versammelten hinweg. Onaru stieß ein markerschütterndes Heulen aus, die anderen kreischten. Sano spürte, wie irgendetwas sanft und weich über seinen Kopf hinwegstrich. Nur Joju blieb ruhig, während alle anderen sich duckten und sich furchtsam in der Halle umblickten.
    »Das ist Emiko«, sagte der Geisterbeschwörer. »Sie ist hier.«
    »Seht nur!«, rief eine der Frauen. »Ihr Geist!«
    Sie zeigte zur Decke, wo ein schwarzer, durchscheinender Schatten schwebte. Feine Wellen kräuselten die Oberfläche, wie bei einem Schleier im sanften Wind.
    »Gnädige Götter«, flüsterte Marume.
    Der Geldverleiher warf sich bäuchlings auf das Podest, legte schützend die Arme über den Kopf und stöhnte. Joju blickte zu dem Schatten hinauf und hob in einer beschwörenden Geste die Arme. »Warum bist du gekommen, Emiko -san ?«
    Ein dumpfes Donnern ließ die Halle erbeben. Die Frauen schrien, die Männer murmelten vor sich hin, während Onaru heulte und um sich schlug.
    »Emiko ist wütend auf Euch«, sagte Joju zu dem Geldverleiher. »Sie will Rache für das Leid, das sie und ihre Kinder erdulden mussten. Um Euch zu bestrafen, hat sie die Geister der Kinder in den Körper Eurer Frau gesandt.«
    In Tränen aufgelöst, schluchzte der Geldverleiher: »Haltet sie auf! Macht, dass sie verschwindet!«
    Das Donnern wurde lauter, begleitet von einem Geräusch wie das Tosen eines Sturmes, als der Geist mit seinen schwarzen Schwingen schlug. »Das kann ich nicht«, sagte Joju bedauernd. »Das könnt nur Ihr allein.«
    »Aber

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