Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Wolkenpavillon

Der Wolkenpavillon

Titel: Der Wolkenpavillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Joh Rowland
Vom Netzwerk:
gehört, wie seine Eltern über Yanagisawa gesprochen hatten, und beide hatten nach Erklärungen gesucht, warum er auf einmal so freundlich war. Vorhin hatten Vater und der Mann namens Toda über ein geheimes Treffen zwischen Yanagisawa und zwei alten Damen gesprochen, bei dem es um die Hochzeiten von Yanagisawas Kindern gegangen war.
    Aber warum war es so wichtig, wen die Kinder heirateten? Und was war ein »politischer Vorteil«?
    Masahiro hatte diesen Begriff auf dem elterlichen Anwesen schon öfter gehört, aber die Erwachsenen erklärten einem nie, was es bedeutete. Nun ja, wenigstens hatte er begriffen, dass Yanagisawa irgendetwas vorhatte - etwas, das seinem Vater Sorgen bereitete. Masahiro wünschte, er könnte ihm helfen. Mitleid mit sich selbst überkam ihn, als er seine Spielzeugsoldaten hin und her schob. Wenn er doch nur schneller erwachsen würde!
    Plötzlich kam ihm eine Idee - so schnell und leuchtend wie die Feuerwerksraketen, die im Sommer in den Himmel über dem Fluss geschossen wurden. Masahiro lächelte. Endlich wusste er, was er tun konnte!
    Vater hatte ihm gesagt, er solle sich aus den Ermittlungen in den Entführungsfällen heraushalten - aber was Masahiro gerade eben eingefallen war, dürfte nichts damit zu tun haben. Außerdem hielt er es nicht für gefährlich. Seine Eltern brauchten sich also keine Sorgen zu machen.
    Die Schiebetür zur Schreibstube glitt zur Seite. Bevor sein Vater auf dem Gang erschien, raffte Masahiro seine Spielzeugsoldaten zusammen, huschte um eine Ecke des Flures und versteckte sich. Erst jetzt überkamen ihn Schuldgefühle. Es hätte Vater bestimmt nicht gefallen, dass der eigene Sohn ihn belauschte ...
    Masahiro beschloss, seinen Eltern nicht zu sagen, was er vorhatte. Allein schon deshalb nicht, weil sie es ihm vielleicht verbieten würden. Nein, es sollte eine Überraschung sein. Und sie würden sich riesig darüber freuen, davon war Masahiro überzeugt.

16.

    Fröhliches Kinderlachen erfüllte die Privatgemächer in Sanos Villa. Im Salon unterhielt Reiko sich mit ihrer Freundin Midori, Hiratas Gemahlin, während Akiko mit Midoris kleinen Kindern Purzelbäume auf den tatami -Matten schlug. Diener räumten das Geschirr vom Abendessen ab.
    »He, nicht so wild«, ermahnte Midori die Kinder. »Sonst wird euch schwindelig, und ihr müsst euch übergeben.«
    Masahiro lag auf dem Bauch vor einer Lampe und schrieb einen Aufsatz, den sein Lehrer ihm als Hausaufgabe aufgegeben hatte. Reiko blickte ihm über die Schulter und sah erfreut, wie schön seine Schrift war und wie gut er in seinem Alter schon seine Gedanken ausdrücken konnte.
    Der Regen hatte aufgehört. Die geöffneten Fenster ließen kühle, würzige, feuchte Luft ins Zimmer, die vom Garten herüberwehte, der von silbrigem Mondlicht übergossen wurde. Regen tropfte von den Dächern, Grillen zirpten, und im Teich quakten die Frösche.
    »Papa!«, rief Akiko begeistert, als Sano ins Zimmer kam. Sie rannte zu ihm, und er hob sie hoch und wirbelte sie herum. Masahiro sprang auf. »Sieh mal, was ich geschrieben habe!«
    Während Sano Masahiros Aufsatz überflog und den Jungen lobte, genoss Reiko die Harmonie des Abends. Sie freute sich, dass Sano endlich gekommen war, denn sie brannte darauf, ihm zu erzählen, was sie erfahren hatte, und war neugierig auf seine neuesten Ermittlungsergebnisse. Vor allem aber war sie froh, dass er wohlbehalten nach Hause gekommen war. Die Zeiten, als sie ständig um sein Leben bangen musste, hatten eine tief sitzende Angst bei ihr hinterlassen, die ihr noch immer zu schaffen machte.
    Dann kam auch Hirata ins Zimmer. Seine Kinder stürzten sich auf ihn und klammerten sich kreischend vor Freude an seinen Beinen fest. Midori begrüßte ihn mit einem zurückhaltenden Lächeln. Reiko wusste, dass die beiden in letzter Zeit Eheprobleme gehabt hatten; schließlich hatte Hirata den größten Teil der vergangenen fünf Jahre in den Bergen verbracht, um die mystischen Kampfkünste zu erlernen. Midori hatte unter der Einsamkeit gelitten und sich von Hirata entfremdet, doch in letzter Zeit waren die beiden einander wieder nähergekommen.
    »Habt ihr schon gegessen?«, fragte Reiko die Männer. »Habt ihr Hunger?«
    »Ich habe überhaupt nicht ans Essen gedacht«, gestand Sano. »Ich hatte zu viel Arbeit.«
    »Bei mir war es genauso«, sagte Hirata.
    »Oh, diese Männer!« Midori kicherte. »Wenn wir Frauen nicht wären, würdet ihr verhungern.«
    Reiko wies die Diener an, etwas zu essen zu

Weitere Kostenlose Bücher