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Der Wolkenpavillon

Der Wolkenpavillon

Titel: Der Wolkenpavillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Joh Rowland
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sagte Sano. »Und die passt leider nicht auf den Mann, von dem Hirata -san erzählt hat.« Er berichtete von seinem Ritt zum Zōjō-Tempel. Reiko war entsetzt, als sie erfuhr, dass das dritte Opfer eine alte Nonne gewesen war. »Mir wurde der Verdächtige als großer, kräftiger Mann Mitte dreißig beschrieben«, fuhr Sano fort, »unrasiert, mit kahl geschorenem Kopf und einer verschorften Wunde auf der Wange. Die Novizin, die diesen Mann draußen vor dem Kloster gesehen hat, erwähnte aber nichts davon, dass ihm Zähne fehlten.«
    »Den Beschreibungen nach könnten es also zwei oder drei verschiedene Täter sein«, meinte Hirata. »Was hat diese Nonne denn gesagt?«
    »Leider gar nichts.« Sano berichtete von dem kläglichen Zustand Tengu-ins, dass sie nur noch wirres Zeug redete, kaum noch aß und sich vor ihren schrecklichen Erinnerungen ins Gebet flüchtete - anders als Chiyo, die wenigstens noch ihren Verstand beisammen hatte.
    »Und du«?, wollte Sano dann von Reiko wissen. »Hast du von Chiyo irgendetwas erfahren?«
    »Ich fürchte, da gibt es nicht viel zu erzählen«, antwortete Reiko und berichtete Sano und Hirata von dem Mann am Tempel, der Chiyo durch seine vorgetäuschten Hilferufe in eine Falle gelockt hatte. »Aber sie kann sich nicht daran erinnern, wie der Mann ausgesehen hat«, erzählte Reiko. »Sie wusste nur noch, dass er hässlich war, und was für schreckliche Dinge er mit ihr gemacht hat ... wie er sie vergewaltigt und in die Brüste gebissen und sie ›liebste Mutter, geliebte Mutter‹ genannt hat. Außerdem hat er ihr und ihrem kleinen Kind gedroht.«
    Voller Abscheu schüttelte Sano den Kopf. »Chiyo hat den Mann nicht gesehen, während er ihr das alles angetan hat?«
    »Nein. Ich nehme an, er hat eine Maske getragen.« Reiko berichtete von dem »dämonischen Gesicht«, von dem Chiyo erzählt hatte, und von den dunklen Wolken, die sie beobachtet haben wollte.
    »Hört sich an, als hätte sie unter Rauschmitteln gestanden«, meinte Sano.
    »Wenn der Geist angespannt ist, kann er einem Menschen auch ohne Drogen Traumbilder vorgaukeln«, bemerkte Hirata.
    »Übrigens ist Chiyo immer noch im Haus ihres Vaters. Ihr Gemahl hat sich von ihr getrennt und will die Scheidung«, erklärte Reiko.
    Sano nickte bekümmert. Überrascht war er nicht, denn das war gang und gäbe. »Als hätte sie nicht schon genug hinter sich«, murmelte er und setzte seine Teeschale ab. »Also gut, was haben wir bis jetzt? Hinweise auf einen Ochsenkarren, der mit den Entführungen zu tun haben könnte oder auch nicht, und die ungenaue Beschreibung zweier Verdächtiger. Nicht gerade viel.«
    »Ich habe eine eigene Suche in Gang gesetzt«, sagte Hirata.
    Sano nickte. »Ich auch. Ich habe alle verfügbaren Leute ausgeschickt, damit sie Flugblätter mit der Beschreibung des Verdächtigen verteilen.«
    »Hoffentlich bringt uns das weiter«, sagte Reiko, doch sie wusste, dass Sanos Täterbeschreibung in der Millionenstadt Edo auf zahllose Männer passen würde. »Wenn ich doch nur etwas tun könnte ...«
    »Vielleicht kannst du das ja«, sagte Sano. »Rede noch einmal mit Chiyo. Vielleicht ist ihr inzwischen mehr eingefallen. Außerdem möchte ich, dass du mit Fumiko und der Nonne sprichst. Vielleicht erzählen sie dir mehr als Hirata und mir.«

17.

    Als die Sonne über den Hügeln im Osten der Stadt aufging, über der eine silbrige Decke aus Morgennebeln lag, erstrahlte das Meer der Dächer in leuchtendem Gold. Dann schoben sich Wolken vor die Sonne und warfen lange Schatten über die erwachende Stadt.
    In einem der Innenhöfe auf Sanos Anwesen knieten Sano und Masahiro einander gegenüber, ungefähr zehn Schritte voneinander entfernt. Beide trugen die weite weiße Kleidung, wie man sie bei Kampfkunstübungen trug, dazu das Langschwert eines Samurai. Vater und Sohn knieten regungslos da. Ihre Gesichter waren ernst und voller angespannter Wachsamkeit.
    Mit einer fließenden Bewegung zog Sano sein Schwert, sprang auf und griff Masahiro an. Der reagierte blitzschnell und parierte Sanos Hieb, noch während er in die Höhe schnellte. Ein Wirbel aus Hieben, Stichen und Finten, aus Angriff und Gegenangriff, ohne dass die hölzernen Übungswaffen sich auch nur ein einziges Mal berührten oder gar den Körper des Gegners trafen. Dann, wie auf ein unsichtbares Kommando, ließen beide das Schwert sinken, traten zurück und verbeugten sich voreinander.
    »Du musst an dir arbeiten«, sagte Sano. »Beim letzten Mal warst du

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