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Der Wolkenpavillon

Der Wolkenpavillon

Titel: Der Wolkenpavillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Joh Rowland
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einen Tag vorher. Es könnte der Bursche gewesen sein, der das Holz ans Ufer gekarrt hat.«
    »Wer ist der Mann?«
    »Ich weiß nicht, wie er heißt.«
    »Könnt Ihr ihn beschreiben?«, fragte Hirata hoffnungsvoll.
    »Er war Mitte zwanzig«, antwortete Geki. »Und ihm fehlten zwei Zähne. Die hier.« Er deutete mit dem Zeigefinger auf die beiden Zähne rechts neben seinen großen gelben Schneidezähnen.
    »Ja, das stimmt«, warf Kanroku ein. »Ich habe ihn auch gesehen. Wenn das der Kerl
    war, der Fumiko missbraucht hat, dann bete ich, dass Ihr ihn erwischt!«
    *

    Nachdem Major Kumazawa sich verabschiedet hatte, war Sano erschöpft und unzufrieden, als hätte er einen Kampf hinter sich, bei dem es keinen Sieger gegeben hatte. Und so war es ja auch. Sano dehnte die Schultern, um die verkrampften Muskeln zu lockern. Er hatte seine Aufgaben als Kammerherr wieder einmal vor sich hergeschoben, und heute lag noch ein langer und arbeitsreicher Tag vor ihm. Nachdem er alle Besucher und Bittsteller empfangen hatte, war es später Abend geworden. Sano kniete sich an sein Schreibpult und sah die wichtigsten Briefe und Berichte durch, als sein Sekretär in der Tür erschien und verkündete: »Toda Ikkyu ist gekommen, ehrenwerter Kammerherr.«
    »Führt ihn herein!«
    Toda kam ins Zimmer, kniete nieder und verneigte sich. In seiner grauen Kleidung und in dem gedämpften Licht sah er aus wie ein Schatten, und sein unscheinbares Gesicht war ausdruckslos.
    »Was habt Ihr zu berichten, Toda -san ?«, fragte Sano.
    »Ich bin den ganzen Tag Eurem Freund Yanagisawa gefolgt.«
    »Wie habt Ihr das denn angestellt?« Sanos eigenen Leuten war es noch nie gelungen, Yanagisawa zu verfolgen. Jedes Mal hatte der sie nach kurzer Zeit abgeschüttelt.
    »Das ist ganz einfach, wenn man die Kunst der Verstohlenheit beherrscht«, erwiderte Toda. Die meisten Samurai betrachteten Heimlichtuerei als feige und eines wahren Kriegers unwürdig, aber das hatte Toda nie gestört - ebenso wenig wie Yanagisawa. »Wenn Yanagisawa ein Gebäude betritt, dann wartet niemals an der Vordertür auf ihn, weil er jedes Mal die Hintertür benutzt, wenn er verschwindet. Außerdem kommt er anders aus dem Gebäude heraus, als er es betreten hat, weil er sich fast jedes Mal verkleidet. Auch Ihr selbst müsst ab und zu Euer Äußeres verändern, sonst wird er Euch irgendwann entdecken. Es muss keine großartige Verkleidung sein - ein anderer Hut genügt schon.«
    »Danke für die Hinweise«, sagte Sano. »Ich werde sie an meine Leute weitergeben. Wo ist Yanagisawa denn gewesen?«
    »Er war in einem Teehaus in Hatchobori. Offenbar fand dort ein geheimes Treffen statt.«
    »Mit wem?«, fragte Sano gespannt.
    »Mit zwei alten Damen.«
    Sano hatte eigentlich erwartet, dass Yanagisawa sich mit einigen mächtigen daimyo traf, um sich deren Unterstützung beim bevorstehenden Machkampf zu sichern. »Wer waren diese Damen?«
    »Das weiß ich nicht«, gestand Toda. »Sie waren bereits in dem Teehaus, als Yanagisawa und ich dorthin kamen. Und als sie gegangen sind, konnte ich nur einen flüchtigen Blick auf sie werfen. Yanagisawa redete sie mit ›Setsu‹ und ›Chocho‹ an, aber das sind nicht ihre richtigen Namen. Ich habe sie belauscht, als sie darüber sprachen, diese falschen Namen zu benutzen.«
    »Wie habt Ihr das geschafft?«
    Belustigung funkelte in Todas Augen. »Das wollt Ihr nicht wirklich wissen.«
    »Worüber haben sie sonst noch gesprochen?«
    »Über die mögliche Heirat zwischen jemandem, der mit den Frauen zu tun hatte, und einer anderen Person, die mit Yanagisawa zu tun hat.«
    »Das hört sich nicht besonders außergewöhnlich an«, sagte Sano ein wenig enttäuscht. »Yanagisawa hat vier ledige Söhne, darunter Yoritomo, die alle im heiratsfähigen Alter sind.«
    »Vergesst seine Tochter Kikuko nicht.«
    Sano nickte. Er würde Yanagisawas wunderschöne, aber geistig zurückgebliebene Tochter niemals vergessen. Vor ein paar Jahren hätte sie beinahe seinen Sohn Masahiro ertränkt. Und die nicht minder gestörte Mutter des Mädchens - Yanagisawas Ehefrau - hatte versucht, Reiko zu töten. Als Yanagisawa auf die Insel Hachiyo verbannt worden war, hatten Frau und Tochter ihn begleitet. Sie waren auf der Insel geblieben, nachdem Yanagisawa die Flucht von dort gelungen war, aber vor Kurzem waren beide ebenfalls auf die japanische Hauptinsel zurückgekehrt. Yanagisawa hatte sie in einer Villa in Kamakura untergebracht. Sano ließ Kikuko und ihre Mutter von Spitzeln

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