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Der Wolkenpavillon

Der Wolkenpavillon

Titel: Der Wolkenpavillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Joh Rowland
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Kammerherr, ich war es nicht«, verkündete Nanbu.
    Sano erkannte, dass er Nanbu den ganzen Tag Beschuldigungen an den Kopf werfen konnte, und der würde sie hartnäckig zurückweisen. Doch Sano hatte nicht vor, kostbare Zeit zu vergeuden. Außerdem konnte er den Gestank der Hundezwinger nicht mehr ertragen.
    »Also gut«, sagte er. »Dann dürfte es Euch nichts ausmachen, den Frauen gegenüberzutreten, oder? Sie werden wissen, ob Ihr schuldig seid oder nicht.«
    »Aber gern«, gab Nanbu mit einem selbstgefälligen Grinsen zurück. »Wann immer Ihr wünscht.«
    »Ihr scheint Euch ja sehr sicher zu sein, dass die Frauen Euch nicht als Täter identifizieren werden.«
    »Natürlich«, erwiderte Nanbu. »Weil ich es nicht war.«
    Vielleicht war es nur ein Bluff. Wenn Nanbu der Vergewaltiger war, dann wusste er, dass die Frauen unter Drogen gesetzt worden waren und den Täter nicht deutlich genug gesehen hatten, um ihn wiederzuerkennen. Aber er konnte nicht wissen, dass die Frauen nicht alles vergessen hatten. Sano beschloss, eine andere Taktik anzuwenden.
    »Zieht Eure Hose aus«, sagte er. »Den Lendenschurz ebenfalls.«
    »Was?«, stieß Nanbu ungläubig hervor.
    Er und seine Gehilfen starrten Sano an, als hätte der den Verstand verloren. Marume kicherte vor sich hin.
    »Tut, was ich sage!«, befahl Sano.
    Nanbu fasste sich, lachte auf und höhnte: »Gefalle ich Euch so sehr, ehrenwerter Kammerherr? Ich wusste noch gar nicht, dass Ihr auf Männer steht.«
    Die Bemerkung machte Sano nicht allzu viel aus. Gleichgeschlechtliche Liebe zwischen Männern trug kein Stigma. »Ihr interessiert mich nun wirklich nicht«, entgegnete er. »Ich will nur wissen, ob Ihr die Frauen vergewaltigt habt. Deshalb muss ich einen Blick auf Euer bestes Stück werfen. Zieht die Hose aus.«
    »Was? Das kommt gar nicht infrage!« Zum ersten Mal, seit das Gespräch sich um die Vergewaltigungen drehte, schien Nanbu sich unbehaglich zu fühlen. Seine Brust war ein bisschen eingefallen, und seine Arme hingen schlaff herab.
    »Warum nicht?«
    »Weil ich nicht will.«
    »Ihr solltet lieber tun, was ich sage«, mahnte Sano. »Eine bessere Gelegenheit, Eure Unschuld zu beweisen, werdet Ihr nicht mehr bekommen.«
    Nanbu verschränkte die Arme vor der Brust und starrte Sano düster an. »Ich werde das nicht tun!« Sano sah, dass sich auf Nanbus Stirn Schweißperlen gebildet hatten. »Ich bin unschuldig. Darauf gebe ich Euch mein Ehrenwort. Aber ich ziehe mich nicht vor Euch aus.«
    »Euer Ehrenwort genügt mir nicht«, erwiderte Sano. »Und ich habe Euch nicht gebeten, Euch auszuziehen, ich habe es Euch befohlen.«
    »Sollen wir ihm vielleicht aus den Kleidern heraushelfen?«, fragte Marume.
    Er und Fukida stiegen vom Pferd und gingen auf Nanbu zu. Der schürzte die dicken Lippen und stieß einen Pfiff aus. Sofort drängten sich die Dutzend Hunde hechelnd und winselnd um ihn.
    »Erst müsst Ihr an den Hunden vorbei«, sagte Nanbu. »Und das traut Ihr euch nicht.«
    So ungern Sano es auch zugab, der Mann hatte recht. Die Hunde waren eine lebende Mauer, die Nanbu schützte, eine Armee, die kampfeswütiger und treuer war als jede Samurai-Truppe. Wenn Sano und seine Leute versuchten, diese Mauer zu durchbrechen, würden sie nicht umhinkönnen, mehrere Hunde zu töten, und das wäre ein Verbrechen, das der Shōgun nicht einmal Sano vergeben würde, seinem bewährten Kammerherrn. Einen Hund zu töten würde Sano das Leben kosten, denn Tokugawa Tsunayoshi glaubte fest daran, dass er nur dann einen Thronerben zeugen könnte, wenn keinem Hund in Japan ein Haar gekrümmt wurde.
    »Vorerst seid Ihr der Sieger«, sagte Sano, der sogar das Wagnis eingegangen wäre, Nanbu anzugreifen, wären Reiko und die Kinder nicht gewesen. Denn wenn er versagte und zum Tode verurteilt würde, müssten seine Familie und seine Verwandten - einschließlich der Kumazawa - sein Schicksal teilen. »Aber Ihr solltet Euch darüber im Klaren sein, dass Ihr in Schwierigkeiten steckt, selbst wenn Ihr die Frauen nicht vergewaltigt habt.«
    »Was wollt Ihr denn tun?« Nanbu lachte höhnisch. »Wollt Ihr mir den Kopf abschneiden? Ihr kommt nicht an mich heran. Also verschwindet lieber.«
    Er bewegte sich auf Sano zu. Die Hunde wichen nicht von seiner Seite. Sie knurrten und fletschten die Zähne. Sano und seinen Leuten blieb keine andere Wahl, als wieder aufs Pferd zu steigen, während Nanbu und seine Hunde sie zum Tor zurücktrieben.
    »Was wollt Ihr denn tun?«, rief Sano, den eine solche Wut

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